"Als Freiwilliger sollte man Schlaf am besten hassen"
Sonntag, 16.09.2018
Man könne nur "überdurchschnittlich selbständige, initiative und robuste Personen" als Helfer gebrauchen, heißt es auf der Internetseite von schwizerchrüz.ch. Die private Organisation leistet Flüchtlingshilfe auf der griechischen Insel Lesbos.
Die Touristeninsel liegt nur acht Kilometer vom türkischen Festland entfernt. Trotz des EU-Flüchtlingsabkommens mit der Türkei machen sich fast täglich Menschen von dort aus auf den gefährlichen Weg über das Meer nach Lesbos, erzählt Ute Wolfangel. Die 53jährige arbeitet seit zwei Jahren ehrenamtlich für schwizerchrüz.ch. Für ihren Einsatz auf Lesbos opfert sie jedes Jahr die Hälfte ihres Urlaubs.
"Als Freiwilliger sollte man Schlaf am besten hassen" – diesen Satz von Schwizerchrüz-Mitbegründer Samuel Räber kann Ute Wolfangel bestätigen. Was sie Nacht für Nacht erlebt, wenn die Flüchtlingsboote übers Mittelmeer kommen, kann sie kaum in Worte fassen: "Es ist sehr laut, weil die Kinder alle weinen. Die Leute sind panisch, in Todesangst zum Teil, die kommen ja häufig in der Nacht an. Man hilft den Leuten aus dem Boot, steigt auch zum Teil selbst ins Wasser, wärmt die Flüchtlinge, versorgt und beruhigt sie und wartet dann, bis der Bus kommt, um sie dann ins Camp zu bringen."
Das Camp Moria auf Lesbos ist das größte Registrierungslager Griechenlands. Es besteht aus Containern mit Schlafplätzen für 3000 Menschen. Offiziellen Angaben zufolge sind hier allerdings etwa 3600 Flüchtlinge untergebracht. Unmittelbar neben dem Lager schlafen außerdem 500 Menschen in Zelten, weitere 300 campieren in der Nähe in einem Waldstück. Insgesamt warten auf Lesbos über 8.000 Geflüchtete auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag – manche davon schon seit mehr als zwei Jahren. Ein Video-Bericht vom November 2017 zeigt ihre Lebensumstände auf der griechischen Insel.
Ute Wolfangel wird voraussichtlich im Oktober 2018 wieder als Flüchtlingshelferin auf Lesbos im Einsatz sein. Ihr Arbeitgeber unterstützt sie dabei, ermöglicht eine entsprechende Urlaubsplanung und engagiert sich bei der Sammlung von Hilfsgütern, die dann in den Flüchtlingscamps auf Lesbos verteilt werden.