„Die Belastung steigt auf allen Ebenen“
Freitag, 01.11.2024
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat der Westen seine Verteidigungsanstrengungen deutlich erhöht. Das betrifft auch die Bundeswehr. Sie ist in der Slowakei, in Polen und in Litauen im Einsatz, um dort die Ostflanke der NATO zu sichern.
Der Krieg hat für die deutschen Soldatinnen und Soldaten vieles verändert, sagt der evangelische Militärseelsorger Uwe Rieske: „Es gab auch vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine bereits Auslandseinsätze, die Soldaten stark gefordert haben. Aber seit dem Ukrainekrieg ist der Belastungsgrad erheblich gestiegen. Es gibt eine ständige Dienstbereitschaft und die Zeit, bis wir bereit zum Ausrücken sind, ist verkürzt worden, und der Druck steigt auf allen Ebenen, und das spürt man bei den Soldaten auch.“
Laut eigenen Angaben ist die Bundeswehr derzeit (Stand: 29. August 2024) auf drei Kontinenten mit etwa 2.000 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Eine genaue Übersicht gibt es hier. Dabei unterscheidet die Truppe zwischen „anerkannten Missionen“, mit denen die Bundeswehr „ihre Verteidigungsbereitschaft im gesamten NATO-Bündnis“ demonstriert und den sogenannten „Auslandseinsätzen“, die in der Regel von den UN oder der EU geleitet werden. Zu den „anerkannten Missionen“ zählen etwa die Bundeswehrkräfte in Litauen, Rumänien und im Baltikum. Als Auslandseinsätze gelten dagegen die Friedensmissionen u.a. im Kosovo, im Süd-Sudan sowie in Bosnien und Herzegowina. Nur solchen (bewaffneten) Auslandseinsätzen muss der Bundestag vorher zustimmen. Bei „Missionen“ ist das nicht der Fall.
Egal ob bei Auslandseinsätzen, „anerkannten Missionen“ oder in der Kaserne am heimischen Stützpunkt: Überall stehen den Soldatinnen und Soldaten auf Wunsch Seelsorger beider Konfessionen zur Seite. Die Bundeswehr schreibt über die Zusammenarbeit mit den Kirchen: „Gemäß Soldatengesetz hat der Soldat einen Anspruch auf Seelsorge und ungestörte Religionsausübung. Die Evangelische und die Katholische Kirche leisten durch die vertraglich vereinbarte Militärseelsorge einen unverzichtbaren Beitrag zur seelsorglichen Betreuung von Soldatinnen und Soldaten und deren Angehörigen. (…) Die Militärseelsorge bietet ihre Dienste an, im täglichen Dienst, aber auch in Übung und Einsatz, egal ob an Land oder auf See, in Deutschland oder an ausländischen Standorten. Sie ist dabei Ort der Begegnung, des Gesprächs, der Hilfe und inneren Einkehr. Die Evangelische und die Katholische Militärseelsorge stellen hierzu ein umfangreiches Angebot bereit. Die Militärseelsorge arbeitet dabei interdisziplinär mit den Familienbetreuungszentren, dem Sozialdienst, dem Sanitätsdienst und dem psychologischen Dienst der Bundeswehr zusammen.“
Die evangelischen bzw. katholischen Militärseelsorger und Standortpfarrer sind Ansprechpartner für Soldaten aller Dienstgrade der Bundeswehr. Sie laden ein zu Gottesdiensten, erteilen im Rahmen der Soldatenausbildung den sog. "Lebenskundlichen Unterricht", veranstalten Rüstzeiten (ähnlich der ev. Erwachsenenbildung) und stehen ansonsten als Seelsorger für alle Fragen des Lebens zur Verfügung – von ethischen Themen wie "Krieg und Frieden", "Verteidigung", "Nächstenliebe" oder auch "Töten" bis hin zu privaten Glaubensfragen oder persönlichen Problemen in Familie, Ehe oder Partnerschaft.
Evangelische und katholische Militärseelsorger gibt es in der Bundeswehr bereits seit 1957. Derzeit sind rund 100 evangelische und noch einmal knapp 90 katholische Geistliche bei der Truppe im Einsatz.