"Journalisten können von Martin Luther viel lernen"

von Manfred Rütten

Sonntag, 28.05.2017

Foto der TV-Journalistin Gundula Gause
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Seit 1993 ist die Journalistin Gundula Gause Co-Moderatorin im ZDF-"heute-journal". Foto: Michael Lucan (https://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Mlucan) Lizenz: CC-BY-SA 3.0 de

Für ihr vielfältiges soziales Engagement wurde die TV-Journalistin Gundula Gause 2013 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Derzeit wirbt sie als Botschafterin für das 500jährige Reformationsjubiläum der evangelischen Kirche.

Die 52jährige Berlinerin bezeichnet sich selbst gerne als "Grenzgängerin der Ökumene": "Ich bin ja evangelisch von Haus aus, aber katholisch verheiratet und insofern für beide Kirchen aktiv." Ehrenamtlich unterstützt sie u.a. das katholische Hilfswerk "missio" in Aachen, und zusammen mit ihrer Familie besucht sie vorzugsweise katholische Gottesdienste. Gleichzeitig steht sie aber zu ihrem protestantischen Glauben: "Ich bin evangelisch, weil es zu meinem Leben gehört und ich es als selbstverständliche Koordinate meiner Persönlichkeit empfinde."

Entsprechend gerne hat Gundula Gause im Jubiläumsjahr "500 Jahre Reformation" auf Bitten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) das Amt einer Botschafterin übernommen. Die Reformation markiere für sie einen Wendepunkt in der Geschichte: "Es war der Auftakt zur Neuzeit, das Ende des düsteren Mittelalters. Martin Luther hat da einen Weg eingeschlagen, der bis heute führt und der die Geschichte ganz entscheidend beeinflusst hat. Mit Folgen für die ganze Welt."

Luther habe den Mut gehabt, gegen bestehende Verhältnisse und Machtstrukturen aufzubegehren. Er habe "die Menschen dazu aufgerufen, ihrem eigenen Gewissen zu folgen und sich zu befreien (…) wirklich Freiheit von einem System, das im Grunde sich in seinen Machtstrukturen verstiegen hat." Dies sei ein dringend notwendiger Impuls zur Selbstreinigung gewesen, von dem letztlich auch die katholische Kirche profitiert habe: "Es war ganz wichtig, dass die katholische Kirche eine Form von Selbsterkenntnis, Reflexion beginnt und sich gewandelt hat. Sonst bestünde sie heute vielleicht nicht mehr in dieser Stärke, wie wir sie heute kennen."

Zwischen dem Geschehen im 16. Jahrhundert und der heutigen Weltlage sieht Gause viele Parallelen: "Was heute die Globalisierung ist, war vor 500 Jahren die Entdeckung Amerikas 1492. Was heute die Digitalisierung ist, war im 15. Jahrhundert die Erfindung des Buchdrucks." Damals wie heute müsse man sich den Herausforderungen stellen und versuchen, die Veränderungen zu gestalten: "Reformation (…) heißt ja Umgestaltung, Wiederherstellung – und diese Aufgabe haben wir heute in dieser Welt, die sich wahnsinnig verändert, eben auch."

Ihren Berufskollegen empfiehlt die TV-Journalistin, sich ein Beispiel an Martin Luther zu nehmen: "Er kann einen inspirieren als ein großer Intellektueller, der die Dinge hinterfragt und der den Leuten auf´s Maul schaut, wie er es ja auch gesagt hat. Das heißt, tatsächlich kann Martin Luther auch Journalisten von heute inspirieren nachzuschauen: was ist wirklich gesagt worden, was wurde intendiert, was hat jemand eigentlich sagen wollen auch wenn er sich in Worthülsen verliert?"

 

Sonntag, 28.05.2017