„KANA“: Ein warmes Essen für die Ärmsten
Sonntag, 23.06.2024
Die Armut in Deutschland hat viele Gesichter. Wer sie sehen will, sollte einmal um die Mittagszeit ins „Kana“ an der Dortmunder Mallinckrodtstraße gehen. Vier Mal in der Woche erhalten hier täglich bis zu 300 Menschen eine kostenlose warme Mahlzeit.
Die Besucherschar ist bunt gemischt: Sozialhilfe- und Bürgergeldempfänger, Rentner, Geflüchtete und Obdachlose nutzen das Angebot, weil sie entweder kein Geld haben, oder um ihr ohnehin geringes Haushaltsbudget zu schonen, sagt Anna Lena Erpenbach vom Vorstand des Trägervereins. Vor allem zum Monatsende, wenn bei vielen die Reserven verbraucht sind oder das Geld für andere lebensnotwendige Ausgaben verplant ist, steigen die Besucherzahlen im „Kana“.
Anders als bei den Essensausgaben der Tafeln muss niemand, der im „Kana“ ein warmes Mittagsessen bestellt, seine Bedürftigkeit nachweisen. Hier ist jeder willkommen und jeder wird angenommen, so wie er ist, erklärt Gründungsmitglied Bernd Büscher: „Wir haben immer gesagt: Auch der Oberbürgermeister kann bei uns essen, wenn er denn möchte. Und wir erinnern unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter auch immer wieder daran, dass unsere Gäste Menschen wir Du und ich sind, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen. Es gibt natürlich diesen Gegensatz von Gebenden und Nehmenden, aber daher kommt auch unser Name »Kana«: Dieses biblische Bild der Hochzeit von Kana, wo alle an einem Tisch sitzen, ist eigentlich das Gegenbild zu einer Suppenküche.“
Das „Kana“ wurde Anfang der 1990er Jahre ins Leben gerufen, als sich nach dem Zusammenbruch der DDR und in Folge der hohen Arbeitslosenzahlen die zuvor verdeckte Armut und Obdachlosigkeit immer stärker im öffentlichen Straßenbild zeigte. Das gefiel vielen nicht, erinnert sich Bernd Büscher. Damals habe z.B. die evangelische Kirchengemeinde Westerfilde die Reste ihres Osterfrühstücks immer an die Dortmunder Bahnhofsmission verschenkt. Bis die Deutsche Bahn als Hausherrin es der Bahnhofsmission untersagte, Essen an Wohnungslose auszugeben, weil das Image des Bahnhofs darunter leiden würde.
Dieser Moment im Sommer 1991 war zugleich die Initialzündung, die zur Gründung der „Kana“-Suppenküche führen sollte, erzählt Bernd Büscher: „Wir haben zwei Jahre Essen auf der Straße verteilt oder mit dem Menschen zusammen gegessen auf der Straße. Irgendwann haben wir uns getraut, nach einem Domizil zu gucken, wobei das auch alles finanziert werden musste.“ 1993 wurden die Räume an der Mallinckrodtstraße 114 angemietet und der Verein „Kana“-Suppenküche e.V. gegründet.
Bis heute trägt sich das „Kana“ ausschließlich durch Spenden. Vier Mal in der Woche - montags, dienstags, freitags und samstags – ist die Suppenküche von 12 bis 14 Uhr geöffnet. Für jeden Öffnungstag ist jeweils ein Team aus zehn bis 20 Ehrenamtlichen eingeteilt, die schon morgens um 8 Uhr mit den Vorbereitungen für das Mittagessen beginnen. Anna Lena Erpenbach vom Vorstand des Trägervereins schätzt die Zahl der Mitarbeitenden auf etwa 100 Personen. Das Team der Suppenküche freut sich immer über neue Unterstützer. Wer mitmachen und helfen möchte, schreibt einfach eine Mail an mitarbeit@kana-suppenkueche.de
Darüber hinaus engagieren sich die Betreiber des „Kana“ auch politisch, erklärt Gründungsmitglied Bernd Büscher: „Zu unserem 25. Jubiläum haben wir gesagt: Das ist kein Grund zum Feiern, weil wir als Suppenküche uns eigentlich überflüssig machen wollen. Diese Armut ist ein Skandal in einer Gesellschaft, die objektiv so reich ist. Und das ist auch ein Grund, weshalb wir bei »Kana« immer wieder auf die Straße gehen, protestieren und immer wieder auch nach den gesellschaftlichen Ursachen von Armut fragen.“