Klimaschutz gehört auf der Agenda ganz nach oben
Sonntag, 18.10.2020
"Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung" – dieser aus der Bibel abgeleitete Dreiklang bestimmt schon seit Jahrzehnten das kirchliche Handeln. Gerade im Blick auf Umwelt- und Klimaschutz waren Christen oft in der Vorreiterrolle.
Einer dieser Pioniere war der evangelische Pfarrer Hermann Wennmann aus Duisburg. Bereits 1980 schwor er seine damals rund 500 Gemeindeglieder auf einen umweltfreundlichen Kurs ein. Innerhalb von knapp 20 Jahren setzte er mit ihnen zusammen über 30 ökologische Pilotprojekte in die Tat um - von der Wildblumenwiese im Pfarrgarten bis hin zur bundesweit ersten Solaranlage auf einem Kirchendach.
Vorbildhaft ist auch das 200 Quadratmeter große „Ökologische Zentrum Essenberg“, das innerhalb von drei Jahren mit mehr als 11.000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit gebaut wurde. Bei seiner Eröffnung 1997 war es ein Vorzeigeobjekt und seiner Zeit weit voraus: Umweltfreundliche Baustoffe sorgten für ein gesundes Raumklima und durch den Einsatz von Wärmeschutzglas, einer extremen Dämmung in den Außenwänden, einem Gasbrennwertkessel sowie Dachbegrünung und Photovoltaikanlage lag der Energieverbrauch des „Ökologischen Zentrums“ nur halb so hoch wie bei einem normalen Haus.
Wichtige Pionierarbeit leisteten auch Christen aus Aachen mit dem Ingenieur Wolf von Fabeck an ihrer Spitze. Zusammen mit einem evangelischen Pfarrer gründete er unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl einen Förderverein, um zu zeigen: Strom aus Sonnenlicht zu produzieren funktioniert tatsächlich. Mit ihrem Solarenergie-Förderverein Deutschland, den es noch heute gibt, setzten sie sich auch politisch dafür ein, die erneuerbaren Energien voran zu bringen.
Es dauerte mehrere Jahre, ehe im Aachener Stadtrat und bei den zuständigen Energieversorgern die letzten Widerstände gegen eine kostendeckende Vergütung für die Einspeisung von Solarenergie überwunden werden konnten. Doch dann wurde die gefundene Lösung – das "Aachener Modell" – binnen kurzer Zeit bundesweit von weiteren 40 Kommunen bzw. Stadtwerken übernommen. Für Wolf von Fabeck und seinen Verein war das der Durchbruch: "Ein 40-faches Experiment zeigte, dass der Zuwachs an Photovoltaik-Anlagen unter der kostendeckenden Vergütung ein nie dagewesenes Tempo erreichte. Gestützt auf diese positiven Ergebnisse forderte der Solarenergie-Förderverein ein Bundesgesetz, welches die Einführung der kostendeckenden Vergütung im Bundesrahmen möglich machen sollte." Das gelang schließlich im April 2000, als das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) in seiner ersten Fassung in Kraft trat.
Bis heute lässt sich an vielen Stellen zeigen, dass die Kirchen das Thema Umwelt- und Klimaschutz „auf dem Schirm“ haben. So hat zum Beispiel der Deutsche Evangelische Kirchentag seit der Jahrtausendwende ein etabliertes Umweltmanagementsystem. Seitdem gehören ökofaire Verpflegung, ein integriertes ÖPNV-Ticket in der Eintrittskarte zum Kirchentag und die Mülltrennung bzw. Müllvermeidung zum Standard dieses kirchlichen Großereignisses.
Unter dem Titel „Der grüne Hahn“ gibt es solch ein Umweltmanagementsystem auch für Kirchengemeinden. Etwa 120 evangelische und katholische Gemeinden und kirchliche Einrichtungen arbeiten allein in Nordrhein-Westfalen heute mit diesem Umwelt-Managementsystem, das von der von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg nach Kriterien der Europäischen Union entwickelt wurde. Inzwischen kommt das System auch in vielen anderen evangelischen Landeskirchen zum Einsatz. Im Februar 2007 wurde der „Grüne Hahn“ sogar von der UNESCO ausgezeichnet.
In Zeiten knapper Kassen ist der Verbrauch von Heizöl und Gas, von elektrischem Strom und Wasser nicht nur ein ökologischer Faktor, sondern auch eine zunehmende Belastung im Finanzhaushalt von Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen. Durch bauliche Veränderungen, die Nutzung von Solaranlagen, durch Regenwasser-Auffanganlagen u.v.m. haben die beteiligten Gemeinden erstaunliche Einsparungen und Umwelterfolge vorzuweisen. So konnte z.B. die Ev. Kirchengemeinde Köln-Dünnwald ihren Stromverbrauch innerhalb von drei Jahren um 40% senken, ihren Wasserverbrauch sogar um fast 52%. Mehr Infos unter www.kirchliches-umweltmanagement.de