"Kumm loss mer fiere": Karneval auf evangelisch
Sonntag, 04.02.2018
Wer immer noch denkt, der Karneval wäre eine rein katholische Angelegenheit, der irrt sich. Zumindest in den rheinischen Hochburgen Köln und Düsseldorf feiern die Protestanten kräftig mit. Getreu dem Luther-Wort "Wo Glaube ist, da ist auch Lachen."
So ist zum Beispiel die evangelische "PROT´s - Sitzung" seit rund 20 Jahren fester Bestandteil des Kölner Karnevals. Zum Evangelischen Kirchentag in Köln 2007 fuhr ein eigener Wagen im Rosenmontagszug der Domstadt mit, 2009 war ein Wagen der Evangelischen Stiftung Hephata beim Mönchengladbacher Veilchendienstagszug dabei, und im vergangenen Jahr war beim Düsseldorfer Rosenmontagszug ein Motivwagen der Evangelischen Kirche im Rheinland zu bewundern. Ein überdimensionaler Martin Luther erinnerte unter dem Motto "vergnügt – erlöst – befreit" an den 500. Jahrestag der Reformation.
Außerdem berichteten wir in "Himmel und Erde" auch schon über einen evangelischen Karnevalsprinzen aus Hersel. Das liegt mitten im Rheinland zwischen Köln und Bonn und wurde 2012 regiert von seiner Majestät Prinz Rolf I (mit bürgerlichem Namen Rolf Stengert, seinerzeit Presbyter und Finanzkirchmeisters der ev. Kirchengemeinde Hersel). Karnevalsfeiern gibt es außerdem auch in vielen evangelischen Kindergärten und Kindergottesdiensten.
Unter dem Motto "Kumm loss mer fiere, nit lammentiere“ feiert die Evangelische Kirchengemeinde Ohligs, der Festausschuss Solinger Karneval und der Evangelische Kirchenkreis Solingen am 11. Februar 2018 die bereits "4. Evangelische KarnevalsKirche". In dem Gottesdienst am Sonntag vor dem Rosenmontag werden neben vielen Menschen aus Kirche und Karneval auch das närrische Prinzenpaar Prinz Michael und Prinzessin Daniela mitwirken. Die KarnevalsKirche beginnt um 10 Uhr in der Evangelischen Stadtkirche Ohligs (Wittenbergstraße 6).
Heinz Frantzmann ist evangelischer Pfarrer bei der Diakonie in Düsseldorf. Auch er liebt den Karneval und steigt gelegentlich auch selber in die Bütt: "Mit Karneval verbinde ich Lebenslust, mit Karneval verbinde ich politisches Kabarett – also auch prophetische Rede. Und mit Karneval verbinde ich, dass ich auch mal ein anderer sein darf, mal in eine andere Rolle hineinschlüpf0e. Und dass die, die immer unten sind, auch mal oben sein dürfen und so ein biblisches Bild entsteht von dem großen und kommenden Reich Gottes, in dem alle Menschen in gleicher Weise geachtet, bewertet werden und miteinander Gemeinschaft haben.“
Das Wort Karneval kommt wohl vom lateinischen "Carne vale!" Das heißt: Fleisch – lebe wohl! Oder auch carnem levare – das Fleisch weglegen. Am Aschermittwoch beginnt die 40tägige Fastenzeit vor Ostern, auf die auch schon Begriffe wie "Fastnacht", "Fasching" oder "Fasenet" hinweisen. So entstand der Karneval offensichtlich auch aus dem Bedürfnis heraus, vor der Fastenzeit noch einmal ausgelassen zu feiern und das Leben zu genießen. Über die Herkunft des Namens Rosenmontag streiten sich Gelehrte wie Karnevalisten. Eine Theorie besagt, dass der Rosenmontag gar nichts mit der gleichnamigen Blume zu tun habe. Der Name leite sich vielmehr von dem Verb "rasen" ab, was so viel wie lustig sein, toben, sich toll gebärden bedeutet.