„Lesen ist Freiheit“: Neues über Sophie Scholl
Sonntag, 30.05.2021
Am 9. Mai 2021 wäre die Widerstandskämpferin Sophie Scholl 100 Jahre alt geworden. Aber ihr Leben endete schon mit 21 unter dem Fallbeil der Nazis. Am 22.2.1943 wurde sie zusammen mit ihrem Bruder Hans und dem Weggefährten Christoph Probst hingerichtet.
Sophia Magdalena Scholl wird 1921 gut 80 Kilometer östlich von Speyer in Forchtenberg am Kocher geboren. Sie hat noch fünf weitere Geschwister. Sophie besucht die Volksschule, anschließend dann die Mädchenoberschule in Ulm, wo sie im März 1940 ihr Abitur ablegt. Nur ein Jahr später hat sie das Staatsexamen als Kindergärtnerin in der Tasche. Es folgen Einsätze beim Arbeitsdienst und in einem Kinderhort, ehe sie schließlich im Sommersemester 1942 ein Studium an der Münchener Universität aufnimmt.
Die Historikerin Barbara Ellermeier hat in ihrem Buch „Lesen ist Freiheit“ zahlreiche unbekannte Zeichnungen, Briefe und Tagebucheintragungen von Sophie Scholl aus dieser Zeit zusammengetragen. Die Kraft für ihren späteren Kampf gegen Hitler habe sie „auf jeden Fall aus Büchern gezogen“, so Ellermeier. Daneben sei Sophie Scholl gerne in der Natur gewesen, sei alleine oder mit Freunden gewandert und habe gern gezeichnet.
Auch der christliche Glaube half Sophie Scholl, Kraft zu tanken und später Haltung im Widerstand zu bewahren. Dabei war sie nicht von Anfang an gegen das freiheitsberaubende Regime der Nationalsozialisten, erklärt die Historikerin: „Als Mädchen war sie aktiv in der Hitlerjugend, und erst nach und nach merkt sie, dass sie sich eben vom Nationalsozialismus abwendet. Und dann hat sie lange Jahre versucht stillzuhalten, bis schließlich der aktive Entschluss fiel: »Ich muss was machen gegen Hitler, und ich möchte gegen Hitler aktiv Flugblätter verbreiten als Teil dieser Gruppe „Weiße Rose“«.
Über den Freundeskreis ihres Bruders Hans – ebenfalls Student an der Münchner Uni – kommt Sophie Scholl in Kontakt zur „Weißen Rose“, die seit dem Sommersemester 1942 aktiv ist. Bis zum Jahresende verteilt und verschickt die Gruppe insgesamt vier Schriften, die mit „Flugblätter der Weissen Rose“ überschrieben sind. Darin werden die Deutschen unter anderem dazu aufgefordert, das „Weiterlaufen dieser atheistischen Kriegsmaschine“ zu stoppen indem sie – wo irgend möglich – Widerstand gegen den NS-Staat leisten.
In einem der Flugblätter wird der Massenmord an den Juden in Polen öffentlich gemacht. Die Mitglieder der „Weißen Rose“ sehen darin das „fürchterlichste Verbrechen an der Würde des Menschen“. Es ist nach Angaben der Weiße-Rose-Stiftung e.V. „eines der wenigen bekannten Dokumente des deutschen Widerstands, das die Ermordung der jüdischen Bevölkerung öffentlich anprangert.“
Am 18. Februar 1943 werden Hans und Sophie Scholl vom Hausmeister der Universität dabei beobachtet, wie sie das inzwischen sechste Flugblatt verteilen. Er verrät die beiden an die Geheime Staatspolizei der Nazis (Gestapo). Die Geschwister Scholl werden zusammen mit ihrem gemeinsamen Freund Christoph Probst verhaftet, vier Tage später wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt und noch am gleichen Tag durch das Fallbeil hingerichtet. Das gleiche Schicksal ereilt nur wenige Wochen später auch die übrigen Mitglieder der „Weißen Rose“: Alexander Schmorell, Kurt Huber und Willi Graf werden am 19. April 1943 zum Tode verurteilt. Huber und Schmorell sterben am 13. Juli 1943 durch das Fallbeil, Graf folgt ihnen am 12. Oktober 1943, nachdem die Gestapo vergeblich versucht hatte, ihm die Namen weiterer Widerstandskämpfer zu entlocken.