"Woche für das Leben": Thema Suizidprävention
Sonntag, 05.05.2019
Pro Jahr nehmen sich bundesweit etwa 10.000 Menschen das Leben. "Leben schützen. Menschen begleiten. Suizide verhindern" lautet deshalb das Motto der ökumenischen "Woche für das Leben", die sich vom 4. bis 11. Mai dem Thema Suizidprävention widmet.
Die seit 25 Jahren von den beiden großen Kirchen veranstaltete "Woche für das Leben" will einerseits den Gründen von Depression und Todeswünschen nachgehen, andererseits aber auch die vielfältigen Beratungsangebote der Kirchen für suizidgefährdete Menschen und ihre Angehörigen bekannter machen. Zu den wichtigsten Säulen dieser Arbeit gehört die Telefonseelsorge, die mit rund 8.000 Ehrenamtlichen an über 100 Standorten in ganz Deutschland rund um die Uhr erreichbar ist und jedes Jahr etwa 1,8 Mio. Gespräche führt.
Laut einer Studie der Katholischen Hochschule NRW, die 2015 in Münster vorgestellt wurde, verzeichnete die Telefonseelsorge 2014 über 57.000 Gespräche, in denen es um das Thema Selbstmord ging. Allein in Deutschland gibt es jedes Jahr über 10.000 Fälle von Suizid. Die Zahl der Selbstmordversuche ist Schätzungen zufolge zehn Mal so hoch. Auffallend, aber nach Angaben von sciencefiles.org wissenschaftlich noch nicht geklärt, ist die Tatsache, dass 75% aller Selbsttötungen von Männern begangen werden.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat errechnet, "dass von jedem Selbstmord oder Selbstmordversuch noch insgesamt sechs weitere Menschen wie Angehörige oder Freunde betroffen sind." Weiter heißt es: "Die Ursachen, warum Menschen den Freitod wählen, sind vielfältig und komplex. Gefühle der Hilflosigkeit, Ausweglosigkeit und Perspektivlosigkeit, Traumatisierungen, Konflikte in Beziehungen, psychische oder physische Erkrankungen, Depressionen, gesellschaftlicher Druck oder Kurzschlussreaktionen - das sind Gründe, die zu einem Selbstmord führen können."
Viele der genannten Empfindungen geben zugleich die Motive wieder, warum sich Menschen Rat und Hilfe suchend an die Telefonseelsorge wenden, ohne dabei gleich Selbsttötungsabsichten zu haben. Dennoch sind Selbstmord-Anrufe nicht so selten, wie es die Statistik vermuten lassen könnte, heißt es dazu in einem Handbuch der Telefonseelsorge zur Suizidprävention von 2009: "Selten sind Menschen klar und präzise in der Angabe von Suizidabsichten. Wenn sie es sind, dann ist der Gedanke meist kein Gedanke mehr, sondern ein handfester, wohlüberlegter Plan, zu dessen Umsetzung die Mittel schon bereitliegen. In der «Reifungsphase» dieses Plans sind Worte umschreibend, metaphernhaft, leicht zu überhören oder falsch zu deuten. Und eben in dieser Kunst sind die Mitarbeitenden der TelefonSeelsorge zu schulen: Das Ungesagte oder die Metapher zu hören und offen zu bleiben für die Berührung mit Verzweiflung und Todeswünschen."
Ihren Ursprung hat die Telefonseelsorge in Großbritannien. 1953 veröffentlichte der Anglikanerpater Chad Varah in London eine Telefonnummer, unter der man ihn bei Selbstmordabsichten anrufen sollte. Er hatte als erster die Gelegenheit, die Arbeit kontinuierlich fortzuführen, gründete später die nationale Organisation "The Samaritans" und schließlich auch einen ersten internationalen Verband. 1956 entstand die erste Telefonseelsorge in Deutschland.
Der Berliner Arzt und Pfarrer Klaus Thomas veröffentlichte am 5. Oktober 1956 eine private Telefonnummer für die "Ärztliche Lebensmüdenbetreuung"; das Wort Telefonseelsorge war noch nicht geboren. Heute ist die Telefonseelsorge bundesweit in 105 Städten vertreten. Die rund 200 hauptamtlich und 8.000 ehrenamtlich Mitarbeitenden sind ansprechbar für Krisensituationen jeglicher Art - sei es Trauer, Einsamkeit, Gewalterfahrung, Sucht oder Partnerschaftskonflikte. Mehr Infos und die Möglichkeit von Seelsorge per Internet und e-mail bietet https://www.telefonseelsorge.de/ Hier finden Sie auch eine Adressenliste aller Stellen, falls Sie sich für eine Mitarbeit bei der Telefonseelsorge interessieren.
Die Telefonseelsorge – getragen von evangelischer und katholischer Kirche – ist rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr kostenlos erreichbar unter den Nummern 0800-1110111 oder 0800-1110222. Anrufen kann jeder, der ein Problem hat – Religionszugehörigkeit spielt keine Rolle. Auf Wunsch kann das Gespräch völlig anonym laufen, es ist und bleibt in jedem Fall vertraulich und gebührenfrei. Auch auf der Telefonrechnung taucht ein Anruf bei der Telefonseelsorge nicht auf.