1700 Jahre Arbeitsfreier Sonntag
Sonntag, 28.02.2021
Am 3. März 321 verordnete Kaiser Konstantin den „arbeitsfreien Sonntag“ - für Christen und Christinnen der „Ur-Feiertag“, im Grundgesetz verankert. Und doch nicht mehr selbstverständlich. Mehr mit der KAB und der "Allianz für den arbeitsfreien Sonntag"...
INFO: Am 3. März 321 n. Chr. machte der römische Kaiser Konstantin den Sonntag per Edikt zum wöchentlichen Ruhetag. „Alle Richter, die Stadtbevölkerung und die Betriebe aller Gewerbe sollen am verehrungswürdigen Sonn-Tag (venerabilis die solis) ruhen. Die ländliche Bevölkerung soll dennoch der Landwirtschaft frei und ungehindert nachgehen, da es oft vorkommt, dass es keinen besseren Tag gibt, um Getreide zu säen oder Weinstöcke zu pflanzen; denn ein Vorteil, den die himmlische Vorsehung gewährt hat, soll nicht durch die Wahl des Zeitpunkts verschenkt werden.“ Für Christen und Christinnen ist der Sonntag schon zuvor der „Ur-Feiertag“, weil er den Tag der Auferstehung markiert. Darum gilt er auch als erster Tag der Woche.
Katholische Arbeitnehmer fordern konsequenten Sonntagsschutz: Der Bundespräses der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), Stefan Eirich, hat die Politik zum Einsatz für den arbeitsfreien Sonntag aufgefordert: „Sie muss restriktiv gegen Versuche vorgehen, noch mehr Menschen am Sonntag regulär arbeiten zu lassen“, so der Theologe und nannte beispielhaft die Auseinandersetzungen mit großen Internet-Versandhändlern wie Amazon, „die meinen, immer lauter darauf pochen zu können, wie sie sich den Sonntag vorstellen“. Der Sonntag sei durch das Grundgesetz geschützt: „Dieser besondere Schutz darf nicht durch eine fortlaufende Ausnahmegesetzgebung ausgehöhlt werden.“ Es sei ein hohes Gut, wenn viele wüssten, dass sie am Sonntag durchatmen könnten. Ein beliebiger anderer freier Tag habe nicht die Qualität, die ein Sonntag habe. Auch die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) im Bistum Münster sieht im Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen „keine Spaßbremse“. Vielmehr sei der freie Tag die Voraussetzung für ein intaktes Familienleben und für die Teilhabe am kulturellen, politischen, kirchlichen und sozialen Leben, sagte der KAB-Diözesanpräses Michael Prinz. „Erst der arbeitsfreie Sonntag schafft den sozialen Kitt in unserer Gesellschaft.“ Die kirchlich-gewerkschaftliche Allianz für den freien Sonntag, zu der auch die KAB gehört, feiert den Sonntag mit einem am 3. März beginnenden Jubiläumsjahr.
Unser Gesprächspartner: Pfarrer Stefan Eirich, Bundespräses der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands (KAB), stefan.eirich@kab.de, Tel. 0221 / 7722 120, Link: https://www.kab.de.
„1.700 Jahre freier Sonntag“: Das historische Datum wird die Allianz für den freien Sonntag am 3. März 2021 feiern und zugleich einen konsequenteren Sonntagsschutz in der Gegenwart fordern. Das Jubiläum wird am Mittwoch, 3. März, von 11:00 bis 13:00 Uhr online begangen. Es kann im Livestream öffentlich und kostenlos auf http://www.allianz-fuer-den-freien-sonntag.de/jubilaeum verfolgt werden. Festredner sind Heribert Prantl, Kolumnist der Süddeutsche Zeitung, und Rechtsanwalt Friedrich Kühn, der Grundsatzurteile zum Schutz des freien Sonntags erstritten hat. Prominente Videobotschaften aus Politik, Gewerkschaften, Kirchen und Kultur werden erwartet, unter anderen von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Heinrich Bedford-Strohm und dem Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. Die Veranstaltung wird von der Schauspielerin und Regisseurin Anja Panse moderiert. Die Feier ist der Auftakt zu einem Jubiläumsjahr, in dem bundesweit vielfältige lokale Aktionen und Gottesdienste rund um das Thema arbeitsfreier Sonntag stattfinden sollen. „Der Sonntag gehört nicht der Wirtschaft, sondern der Familie, dem Glauben, der Kultur, dem Sport, der Geselligkeit und der Erholung. 1.700 Jahre freier Sonntag sind eine Verpflichtung, künftigen Angriffen auf die Arbeitsruhe energisch entgegenzutreten“, so die Allianz. Internet: https://allianz-fuer-den-freien-sonntag.de/jubilaeum/
Ökumenischer Liedwettbewerb 2021: Das Jubiläum ist für das Deutsche Liturgische Institut, Trier (www.liturgie.de) und das Gottesdienst-Institut der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Nürnberg (www.gottesdienstinstitut.org) Anlass, einen Kompositionswettbewerb (Musik und Text) auszuschreiben für den sonntäglichen Gottesdienst in katholischen wie evangelischen Gemeinden. Vor dem Hintergrund des Sonntagsjubiläums soll ein Lied geschaffen werden, dessen Inhalt im weiteren Sinne um die Theologie des Sonntags – als Tag der Auferstehung Christi – kreist. Zudem soll die Relevanz des Sonntags für den Menschen von heute aufscheinen. Erwartet werden zeitgemäße Kompositionen für den Gemeindegesang – gegebenenfalls mit Chor bzw. Kantor/in. Zu achten ist auf eine hohe Qualität von Text und Musik bei gleichzeitiger Eignung für den sonntäglichen Gemeindegottesdienst (Erwachsene, Familien mit Kindern).
Abgabeschluss: 30. April 2021. Mehr: https://www.fachstelle-gottesdienst.de/meldungen/oekumenischer-liedwettbewerb-2021-1700-jahre-sonntag/
Sonntagsschutz in drei Minuten: In kurzer und unterhaltsamer Form informiert der Film über die Notwendigkeit des Sonntagsschutzes und die Arbeit der Sonntagsallianz:
Der Sonntag – ein Tag der Freiheit!
Gemeinsames Wort der christlichen Kirchen in Deutschland
Anlässlich des Jubiläums „1.700 Jahre freier Sonntag“ erinnern die christlichen Kirchen mit einem Gemeinsamen Wort am 28. Februar 2021 an den bleibenden Wert eines arbeitsfreien Sonntags und die Wichtigkeit seines Schutzes. Am 3. März 321 hatte der römische Kaiser Konstantin den Sonntag zum reichsweiten Feiertag erhoben. Gemeinsam erklären der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, und der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), Erzpriester Radu Constantin Miron:
Der Sonntag unterbricht den Alltag, gibt dem Leben Rhythmus, schafft individuelle Freiräume, verbindet Menschen und fördert das Gemeinwohl. Im Bewusstsein vieler Menschen ist der Sonntag daher als wichtiges und schützenswertes „Kulturgut“ tief verankert.
Wie sehr Menschen eine „Struktur der Zeit“ brauchen, haben uns die Erfahrungen der Corona-Pandemie einmal mehr ins Bewusstsein gerufen: Die sonntäglichen Besuche bei der Verwandtschaft oder Angehörigen im Pflegeheim konnten nicht stattfinden, die Fußballmannschaft der Tochter durfte nicht mehr spielen, Gottesdienstbesuche waren gar nicht oder nur unter strengen Auflagen möglich. Der Sonntag gibt eigentlich Gelegenheit zur gemeinsam frei gestalteten Zeit. So gut wie jeder von uns muss sich aber in der Pandemie von Gewohntem und Geschätztem, mitunter sogar Notwendigem, verabschieden. Zugleich verschwimmt mehr und mehr der für uns Menschen wichtige Rhythmus zwischen Arbeits- und Freizeiten durch Homeoffice, mobiles Arbeiten oder asynchrone Arbeitszeiten. Digitale Transformation wird nicht nur das Arbeiten verändern, sie wird auch den Sonntag verändern, das Miteinander, die Begegnungen, das gemeinsame Feiern, Leben – und womöglich uns selbst. Denn: Die Seele braucht die Unterbrechung des Alltags. Und der Sonntag ist so ein Tag zum Abschalten, im wörtlichen wie übertragenen Sinne.
1.700 Jahre Schutz des Sonntags. Inmitten der Pandemieerfahrungen unterbricht uns nun dieses Jubiläum, lässt uns innehalten, um den Wert des arbeitsfreien Sonntags zu würdigen:
Der Sonntag ist in Artikel 140 unseres Grundgesetzes als Tag „der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ gesetzlich geschützt. Der zweite Aspekt ist auch ein Hinweis auf die religiösen Wurzeln des Sonntags: Für Christinnen und Christen hat der Sonntag seine herausragende Bedeutung als Tag der Auferstehung Jesu Christi. Der sonntägliche Gottesdienst steht daher im Mittelpunkt des Lebens der Kirche. Die ersten staatlichen Maßnahmen zum Schutz dieses religiös motivierten Feiertags reichen weit zurück: Vor 1.700 Jahren verfügte der römische Kaiser Konstantin I. den dies solis (= Tag der Sonne) zum reichsweiten Feiertag und stellte ihn unter besonderen Schutz. Dieser 3. März 321 gilt als der erste Moment staatlicher Sonntagsschutzgesetzgebung.
Auch andere Religionen, wie zum Beispiel der Islam und das Judentum, kennen und feiern wöchentlich wiederkehrende Tage der Ruhe, Besinnung und Feier. Die christliche Tradition eines gemeinsamen, regelmäßig wiederkehrenden Ruhetags entstammt dem Schabbat des Judentums, mit dem wir als Christen so zentrale Texte wie die Schöpfungsgeschichte und die Zehn Gebote gemeinsam haben. In einem Jahr, in dem wir ebenfalls 1.700 Jahre Judentum in Deutschland feiern dürfen, wollen wir daran erinnern, dass neben vielen anderen Werten und Traditionen auch der Tag ohne Arbeit ein Geschenk der jüdisch-christlichen Tradition an alle Menschen ist. Unter den christlichen Denominationen feiert beispielsweise die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten den Schabbat.
Den Tag ohne Arbeit können allerdings nicht alle in Anspruch nehmen. Zahlreiche Menschen arbeiten, um die Grundversorgung für alle Menschen aufrechtzuerhalten und unaufschiebbaren Bedürfnissen zu begegnen. So sind in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, im Nahverkehr, an Tankstellen, in der Strom- oder Wasserversorgung, im Nachrichtenwesen und vielen anderen Bereichen zahlreiche Menschen trotz des Sonntags beschäftigt. Auch in Gastronomie, Kultur- und Freizeiteinrichtungen arbeiten Menschen für den Sonntagsgenuss anderer. Diese Tätigkeiten sind keine Selbstverständlichkeiten und sollten auch nicht als solche betrachtet werden. Menschen, die sich trotz des Sonntags oder für den Sonntag betätigen, verdienen unsere Wertschätzung und eine besondere Form der Vergütung oder des Dankes, wenn sie ihre Sonntagsruhe aufgeben, um sie anderen zu ermöglichen. Sonntagsarbeit ist allerdings keine reguläre Arbeit. Daher sollten Berufsgruppen, die sonntags arbeiten, eng umgrenzt werden, Ausnahmen nur zurückhaltend und auf das absolut Notwendigste beschränkt gewährt werden. Der Sonntag ist kein gewöhnlicher Tag und darf es auch nicht werden. Ohne Arbeit kann der Mensch nicht leben, sie ist notwendig. Doch ist der Mensch nicht für die Arbeit da, sondern umgekehrt. Das betont auch Papst Franziskus:
„Der arbeitsfreie Sonntag – mit Ausnahme der notwendigen Dienstleistungen – besagt, dass die Priorität nicht im wirtschaftlichen, sondern im menschlichen Bereich liegt, in der Unentgeltlichkeit, nicht in kommerziellen, sondern in familiären, freundschaftlichen Beziehungen, für die Gläubigen in der Beziehung zu Gott und zur Gemeinschaft. Vielleicht ist der Augenblick gekommen, uns zu fragen, ob die Sonntagsarbeit eine wahre Freiheit ist.“
Jeder und jedem von uns kommt die Aufgabe eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Zeit zu. Durch unser eigenes Tun und Lassen entscheiden wir Menschen darüber, welchen Wert und welche Qualität der Sonntag für uns hat. Wie der Staat aufgerufen ist, den arbeitsfreien Sonntag zu schützen und dessen Erosion zu verhindern, so sind wir alle aufgerufen, dafür zu sorgen, dass wir aufgrund des Strebens nach vermeintlicher Freiheit nicht unsere tatsächliche Freiheit aufgeben, die wir in der segensreichen Errungenschaft eines gemeinsamen arbeitsfreien Sonntags besitzen. Denn der Sonntag ist für den Menschen da. Und – wie es Albert Schweitzer formulierte – „wenn Deine Seele keinen Sonntag hat, dann verdorrt sie“.