500 Jahre Lutherbibel: Ausstellung in Münster
Sonntag, 26.06.2022
Nachdem sich Martin Luther 1521 vor dem Reichstag zu Worms weigerte, seine 95 Thesen zu widerrufen, wurde er geächtet und musste fliehen. Getarnt als „Junker Jörg“ fand er auf der Wartburg Zuflucht und begann dort, die Bibel ins Deutsche zu übersetzen.
Das hatten vor ihm auch schon andere versucht: Vor Luther gab es bereits 18 gedruckte Bibeln in deutscher Sprache. Aber diese Übersetzungen basierten alle auf dem Text der Vulgata, der spätantiken lateinischen Bibel-Fassung und fanden keine weite Verbreitung. Das änderte sich erst mit Martin Luther. Getreu dem humanistischen Motto „zurück zu den Quellen“ übersetzte Luther zwischen Weihnachten 1521 und Frühjahr 1522 zunächst das Neue Testament aus dem griechischen und hebräischen Urtext ins Deutsche.
Und es gibt laut der Website dokumentarfilm.com noch einen weiteren wichtigen Unterschied zu früheren Übersetzungen: „Luther übersetzt anders als seine Vorgänger nicht mehr Wort für Wort, nicht nach den Buchstaben, sondern frei, nach dem Geist. Das zeugt von seinem unglaublichen Selbstbewusstsein, sieht er sich doch in der Lage, den wahren Geist der Bibel zu erkennen und ihn sprachlich verbindlich umzusetzen. Seine theologischen Überzeugungen fließen naturgemäß mit ein in die Übersetzung. Er erlaubt sich große kreative Freiheit. Und die ermöglicht es ihm, dem Text eine ganz neue sprachliche Schubkraft zu verleihen. (…) Und damit ihn alle Menschen auch wirklich verstehen, geht Luther bei seiner Wortwahl und Ausdrucksweise pragmatisch vor, nach dem Motto: »dem Volk aufs Maul schauen«. Er orientiert sich also an der Alltagssprache. Das allein reicht ihm aber nicht. Wo er passende Wörter vermisst, schafft er neue, wie zum Beispiel »Nächstenliebe« oder »Friedfertigkeit«".
Mit seiner Übersetzung des Neuen Testaments schuf Luther nicht nur die Grundlage seiner späteren Bibelübersetzung, sondern zugleich auch das Fundament für die moderne deutsche Sprache. Unzählige seiner Sprachbilder haben sich bis heute gehalten und sind zu Redensarten geworden: „Perlen vor die Säue werfen“, „seine Hände in Unschuld waschen“, „sein Licht nicht unter den Scheffel stellen“ und viele andere mehr. Auch Worte wie „Denkzettel“, „Feuereifer“ oder „Herzenslust“ sind der schöpferischen Übersetzungsarbeit Luthers zu verdanken.
Die erste gedruckte Auflage von Luthers Neuem Testament erschien im September 1522 in Wittenberg mit einer Auflage von 3.000 Stück, verlegt von Hans Lufft. Ein Exemplar kostete damals anderthalb Gulden – soviel wie ein ganzes Kalb. Trotzdem war die erste Auflage binnen weniger Wochen ausverkauft. Im Jahr 1534 konnte Luther dann die erste Gesamtausgabe der Bibel – also Altes und Neues Testament – in deutscher Sprache vorlegen. Bis zu seinem Tod am 18. Februar 1546 wurden davon 100.000 Exemplare verkauft. Durch ihre enorm weite Verbreitung hat die Lutherbibel entscheidend zu einer Vereinheitlichung der deutschen Schriftsprache beigetragen.
Sie war allerdings nicht die erste gedruckte Bibel. Die gab es bereits 80 Jahre früher: die „Biblia latina“, die sogenannte Gutenberg-Bibel, wurde 1454 fertiggestellt und war das erste mit beweglichen Lettern gedruckte Buch weltweit. Insgesamt wurden davon etwa 180 Exemplare hergestellt. Wegen ihrer historischen Bedeutung und ästhetischen Qualität gilt die Gutenberg-Bibel als das wichtigste und wertvollste Buch der Druckgeschichte.
Im Bibelmuseum der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ist noch bis zum 13. November die Sonderausstellung „dass man Deutsch mit ihnen redet - 500 Jahre Lutherbibel“ zu sehen. Sie beschäftigt sich nach Angaben des Museums in sechs Themenbereichen mit der Bibelübersetzung Martin Luthers. Zu sehen sind unter anderem deutsche Handschriften aus dem 15. Jahrhundert, eine Bibel von 1475 und eine Grafik, die Luther in der Verkleidung als „Junker Jörg“ zeigt. Auch Objekte aus Luthers Haushalt und sein „Reiselöffel“ werden in der Ausstellung präsentiert.