Abendmahl mit Fanta und Kokosnuss
Sonntag, 15.04.2018
Egal ob evangelisches Abendmahl oder katholische Eucharistiefeier: Am Tisch des Herrn gibt es nur Brot und Wein. Erlaubt ist auch noch Traubensaft – aber mehr nicht. Anderswo in der Welt stehen ganz andere Lebensmittel für Leib und Blut des Herrn.
In seinem Mitte Februar 2018 erschienenen Buch "Gott essen" erzählt Anselm Schubert von der kulinarischen Geschichte und Vielfalt des Abendmahls. Der Professor für neuere Kirchengeschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg weiß zum Beispiel zu berichten, dass die frühen Christen bei ihren Abendmahlsfeiern noch viele verschiedene Speisen und Getränke zu sich genommen haben: "Wir wissen von Früchten, Käse und Milche", wird Schubert in einem Bericht des Evangelischen Pressedienstes (epd) zitiert. "Doch damit war es schon seit der Spätantike vorbei."
Aus dem Gemeinschaftsmahl wurde ein Kultmahl, und für das wurden immer mehr und immer genauere Regeln festgelegt. So wurden schließlich Brot und Wein zu den einzigen Substanzen, die die Kirche für das Abendmahl erlaubte. Im 9. Jahrhundert wurde das Brot durch die Hostie ersetzt – eine dünne Oblate aus Weizenmehl und Wasser. Warum es dazu kam, lässt sich heute nicht mehr genau beantworten, sagt Schubert: "Vermutlich geht es darum, dass die Substanz, die für´s Abendmahl benutzt wird, möglich rein, möglichst klar und möglichst nicht wie ein Brot aussehen soll. Und so hat man (...) diese abstrakte geometrische Form genommen und die ist dann (…) über die katholische Kirche dann auch an die evangelischen Kirchen der Reformation weitergegeben worden."
Die Oblate hat einen Vorteil: Sie wird in einem Stück verteilt, muss also nicht gebrochen werden. So entstehen keine Brotkrümel, und das heißt aus theologischer Sicht: vom Leib Christi geht kein Stück verloren. Doch je weiter sich das Christentum ausbreitete, desto stärker wurde die Frage von Brot und Wein zum Problem: Wie, oder besser womit kann das Abendmahl in Ländern gefeiert werden, in denen weder Weizen für´s Brot noch Trauben für den Wein wachsen?
Während die katholische Kirche in dieser Frage bis heute kompromisslos ist, gibt es bei einigen evangelischen und anglikanischen Kirchen inzwischen anerkannte Alternativen zu Brot und Wein. Auf der Pazifikinsel Tonga zum Beispiel feiert die evangelisch-methodistische Kirche das Abendmahl mit Kokosnüssen – Speise und Trank aus einer einzigen Frucht. In Uganda wird Bananensaft statt Wein ausgeteilt, in Burundi ist es Johannisbeerschorle und im Sudan steht die Maniokwurzel für den Leib des Herrn.
Wie ein typisch deutsches Abendmahl aussehen könnte, ist in einem Fenster der Wiesenkirche in Soest zu bewundern. Der unbekannte Künstler, der das bunte Kirchenfenster um 1500 erschuf, zeigt Jesus und seine Jünger an einem übervollen Tisch sitzend. Sie genießen ein "westfälisches Abendmahl" mit Bier und Pumpernickel.
Buchtipp: Anselm Schubert: "Gott essen"
Eine kulinarische Geschichte des Abendmahls
Verlag C.H.Beck, Februar 2018