Abschiebung: letzte Hoffnung Kirchenasyl
Sonntag, 28.12.2014
Im laufenden Jahr haben zwischen 200.000 und 230.000 Menschen vor Krieg und Verfolgung Schutz in Deutschland gesucht. Doch ihre Asylanträge werden nicht alle genehmigt. Wenn die Abschiebung droht, bleibt als letzter Ausweg oft nur ein Kirchenasyl.
Nach Angaben von www.kirchenasyl.de hat sich die Zahl der Fälle von Kirchenasyl von bundesweit 32 aus dem Jahr 2011 fast versechsfacht - auf aktuell 190 (Stand 27. November 2014). Konkret geht es dabei um 357 Personen, unter ihnen etwa 119 Kinder. 157 der aktuellen Kirchenasyle sind sogenannte Dublin-Fälle. Das heißt, betroffen sind Flüchtlinge, die aus einem angeblich sicheren Ersteinreiseland der EU nach Deutschland gekommen sind. Dort hin sollen sie zurück – auch wenn es für sie dort gefährlich ist.
Im vergangenen Jahr wurden 45 Fälle von Kirchenasyl abgeschlossen. Das Ergebnis: 93 Menschen konnten bleiben, nur 2 wurden tatsächlich abgeschoben. Die Zahl zeigt beispielhaft, dass es den Asyl gewährenden Kirchengemeinden in dem meisten Fällen gelingt, die Behörden von einer nochmaligen und genaueren Prüfung zu überzeugen, so dass im Ergebnis für die Flüchtlinge zumindest eine weitere Duldung oder sogar eine Aufenthaltserlaubnis erzielt werden konnte.
Trotz dieser guten Erfolgsaussichten sollten Gemeinden sehr gut überlegen, ob sie den mit einem Kirchenasyl verbundenen Belastungen gewachsen sind. Die evangelischen Landeskirchen von Westfalen, Rheinland und Lippe haben dazu bereits im Januar 2014 eine gemeinsame Broschüre herausgegeben. Das Heft mit dem biblisch inspirierten Titel "Wenn ein Fremdling bei euch wohnt …" bietet Gemeinden praxisnahe Hilfestellungen, um über die Gewährung von Kirchenasylen zu entscheiden und diese mit Erfolg durchzuführen. Die knapp 30seitige Arbeitshilfe der Kirchen kann als pdf-Datei kostenlos heruntergeladen werden unter http://ekvw.de/kirchenasyl
Eine Pressemitteilung der Evangelischen Kirche von Westfalen zitiert die Herausgeber der Broschüre mit den Worten: "Wenn trotz Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten die Abschiebung eines Flüchtlings bevorsteht, die diesen möglicherweise der Gefahr für Leib und Leben aussetzt, fordert unser Glaube von uns, diesem Menschen beizustehen." In einem solchen Fall sei das von einer Gemeinde gewährte Kirchenasyl ein legitimes Mittel – auch im Sinne der internationalen Menschenrechte und des Grundgesetzes.
Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen "legitim" und "legal". Darauf weist auch Pfarrer Helge Hohmann hin, Beauftragter für Zuwanderungsarbeit der Ev. Kirche von Westfalen: "Das Kirchenasyl ist kein Rechtsinstitut. (…) Das ist nichts wofür es richtige Regeln oder Gesetze gibt." Darauf weist auch die gemeinsame Broschüre der evangelischen Landeskirchen in NRW hin: "Das Gewissen von Christen kann also in Widerspruch zu staatlichen Regelungen und Maßnahmen geraten und zu Verstößen gegen gesetzliche Bestimmungen führen." Die handelnden Personen müssten deshalb bereit sein, die volle, notfalls auch strafrechtliche Verantwortung zu tragen. Entscheidend sei, dass sie den Flüchtling nicht heimlich verstecken, sondern in jedem Fall die zuständige Ausländerbehörde informieren. Hier gibt es eine "Checkliste Kirchenasyl" und weitere Infos zum Thema