Außergewöhnlich: Der Papst in Schweden

von Stefan Klinkhammer

Dienstag, 01.11.2016

Platzhalterbild
Beitrag anhören

Gestern reiste Papst Franziskus zum ökumenischen Gedenken an die Reformation vor 500 Jahren ins schwedische Lund. Anlass war die Gründung des Lutherischen Weltbundes 1947 – und doch ist es ein mehr als außergewöhnliches Zeichen für die Ökumene ….

INFO: Am 31. Oktober 2017 jährt sich die Veröffentlichung der berühmten Ablassthesen durch Martin Luther (1483-1546) zum 500. Mal. Das Ereignis gilt als Beginn der Reformation. Zum gemeinsamen lutherisch-katholischen Gedenken der Reformation vor 500 Jahren reiste Papst Franziskus vom 31. Oktober bis 1. November nach Schweden. Die 17. Auslandsreise von Franziskus nach Schweden steht unter dem Motto „From conflict to communion“ (Vom Konflikt zur Gemeinschaft).

Die Apostolische Reise begann am Montag, 31. Oktober, nach der Landung um 11 Uhr auf dem Internationalen Flughafen Malmö mit einer offiziellen Willkommenszeremonie mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven. Gegen 14 Uhr traf Papst Franziskus zu einem Höflichkeitsbesuch bei der königlichen Familie im Königlichen Palast in Lund eine und predigte anschließend bei einem gemeinsamen ökumenischen Gebet in der lutherischen Kathedrale von Lund, dem Eröffnungsakt für das Jubiläumsjahr „500 Jahre Reformation“ und den 70. Gründungstag des Lutherischen Weltbundes. Es war das erste Mal, dass ein Papst gemeinsam mit ranghohen Vertretern des Protestantismus an die Reformation erinnert.

Der zentrale ökumenische Gedenkgottesdienst mit dem Präsidenten, dem jordanischen Bischof Munib Younan, und Generalsekretär Junge in der evangelischen Domkirche wurde live in die 28 Kilometer entfernte Malmö-Arena übertragen. Dort gab es im Anschluss eine Ökumenische Veranstaltung mit Rede des Papstes und eine abendliche Begegnung mit ökumenischen Delegationen. Erster Termin am Dienstag, 1. November, ist um 9.30 Uhr die Eucharistiefeier im Swedbank-Stadion Malmö mit Predigt des Papstes, bevor um 12.30 Uhr die offizielle Verabschiedung auf dem Internationalen Flughafen Malmö beginnt. Gegen 15.30 Uhr wird der Papst auf dem römischen Flughafen Rom-Ciampino zurückerwartet.

Lutherischer Weltbund (LWB)

Der 1947 im schwedischen Lund gegründete Lutherische Weltbund (LWB) repräsentiert rund 74 Millionen Christen aus 145 Kirchen in 98 Ländern. Als zweiter internationaler lutherischer Dachverband besteht daneben seit 1958 der Internationale Lutherische Rat (ILC), dem 35 theologisch konservativere Kirchen angehören.

Seine Zentrale hat der LWB in Genf, wo auch der Ökumenische Rat der Kirchen sitzt. Präsident ist seit 2010 der jordanische Bischof Munib Younan (66), Generalsekretär der in Chile geborene lutherische Pfarrer Martin Junge (55). Oberstes Entscheidungsgremium des LWB ist die Vollversammlung, die meist alle sechs Jahre stattfindet. Zwischen den Vollversammlungen leitet ein Rat den LWB.

Die Lutheraner sehen die Heilige Schrift als alleinige Quelle und Norm an. Der vom Reformator Martin Luther verfasste Katechismus gilt als zutreffende Auslegung des Wortes Gottes. Seit der Vollversammlung 1990 im brasilianischen Curitiba definiert sich der LWB als Gemeinschaft von Kirchen, die sich zum dreieinigen Gott bekennen, die in der Verkündigung des Wortes Gottes übereinstimmen und in Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft verbunden sind.

Seit 1967 besteht ein theologischer Dialog zwischen römisch-katholischer Kirche und LWB. 2013 verabschiedete die «Internationale Lutherisch/Römisch-katholische Kommission für die Einheit» ein Dokument mit dem Titel „Vom Konflikt zur Gemeinschaft - Gemeinsames lutherisch-katholisches Reformationsgedenken im Jahr 2017“.

 

500 Jahre Reformation: 2017 erinnern die Christen an den 500. Jahrestag der Reformation. Der legendäre Thesenanschlag durch Martin Luther (1483-1546) am 31. Oktober 1517 gilt als Auftakt für den weltgeschichtlich bedeutsamen Prozess, an dessen Ende die westliche Kirchenspaltung stand. Das bevorstehende Gedenkjahr soll nach dem Willen aller Kirchen erstmals deutlich ökumenisch geprägt sein: Die christlichen Kirchen wollen im Gedenkjahr 2017 die Kernanliegen und Impulse der Reformation fruchtbar machen. Dazu gehörten der Bezug auf die Bibel, die Ausrichtung an der Gnade Gottes sowie das Priestertum aller Gläubigen. Auch die Kirchenspaltung und ihre „leidvollen Folgen“ sollten bedacht werden, so die ökumenische Erklärung der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), die rund 50 Millionen Christen in Deutschland repräsentiert. Unter dem Motto „Versöhnt miteinander“ entwirft das Wort Perspektiven und Zugänge auf die Feier des Reformationsjubiläums als Christusfest. „Wir müssen eingestehen, als Christen aneinander schuldig geworden zu sein.“ Man ermutige alle christlichen Gemeinden, das Gedenkjahr 2017 ökumenisch zu begehen. Der 1948 gegründeten Arbeitsgemeinschaft gehören 17 Kirchen an, sechs weitere sind Gastmitglieder, vier ökumenische Organisationen haben Beobachterstatus. Kontakt: Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, Ökumenische Centrale, Ludolfusstraße 2-4, 60487 Frankfurt, Internet: http://www.oekumene-ack.de/aktuell/

Dossier des Bonifatiuswerkes der deutschen Katholiken zur Apostolischen Reise von Papst Franziskus unter: http://www.bonifatiuswerk.de/topmenue/presse/pressematerial/2016/papst-in-schweden/

 

Das gemeinsame Reformationsgedenken 2017

An den Feierlichkeiten in Lund nimmt von deutscher Seite auch der Vorsitzende der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Dr. Gerhard Feige (Magdeburg), teil. Der DBK-Vorsitzende Kardinal Reinhard Marx predigt am 30. Oktober 2016 in der Evangelischen Christuskirche in Rom und nimmt am nächsten Tag an der offiziellen Auftaktveranstaltung der EKD in Berlin teil, bei der Kardinal Karl Lehmann die Martin-Luther-Medaille verliehen wird.

Nach einem Briefwechsel zwischen dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm und Kardinal Marx wird 2017 als ein gemeinsames Christusfest begangen. Noch vor der Eröffnung des Reformationsjahres pilgerten je neun Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD vom 16.-22. Oktober 2016 ins Heilige Land zu den Ursprungsorten des christlichen Glaubens, um sich auf den Spuren Jesu trotz aller Trennungen ihrer Verbundenheit zu erinnern. Eine weitere gemeinsame Glaubensquelle, die Heilige Schrift, steht im Vordergrund einer Bibeltagung am 9. Februar 2017 in Stuttgart. Höhepunkt der gemeinsamen Verabredungen soll ein Versöhnungsgottesdienst am 11. März 2017 in der Michaeliskirche in Hildesheim sein. Das am 16. September 2016 vorgestellte Gemeinsame Wort zum Jahr 2017 „Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen“ beschreibt der Text theologische Schlüsselbegriffe und Erinnerungsorte, die das kollektive Gedächtnis bis heute prägen, um gleichzeitig auf die Fortschritte der ökumenischen Bewegung zu schauen, die offenen Fragen in den Blick zu nehmen und Wege in die Zukunft aufzuzeigen. Die gemeinsamen Herausforderungen, die sich den Christen in der Gesellschaft stellen, sollen in einer ökumenischen Tagung in Verantwortung des Deutschen Evangelischen Kirchentags, des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, der EKD und der Deutschen Bischofskonferenz gegen Ende des Reformationsjahres am 16. September 2017 in Bochum bedacht werden.

LINKS:

Statement von Kardinal Reinhard Marx bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Gemeinsamen Wortes „Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen“

Statement von Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Gemeinsamen Wortes „Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen“

Übersicht über ökumenische Initiativen im Vorfeld und im Jahr 2017

 

Katholische Kirche in Schweden

Das Bistum Stockholm ist das einzige römisch-katholische Bistum in Schweden und erstreckt sich über das gesamte Staatsgebiet. In 44 Pfarreien leben etwa 115.000 Katholiken unter rund 9,8 Millionen Einwohnern, die von 164 Priestern, 164 Ordensschwestern und etwa einem Dutzend Diakone pastoral betreut werden. Seit 1998 ist als erster Schwede der Karmelit Anders Arborelius OCD Bischof von Stockholm. Mehr als 80 Prozent der Katholiken leben im Großraum Stockholm, Göteborg und Südschweden. Die katholische Kirche in dem skandinavischen Land ist eine Einwandererkirche: 80 Nationalitäten, Gottesdienste in 26 Sprachen, neun verschiedene Riten: mehr als 100.000 Kirchenmitglieder in Schweden besitzen einen Migrationshintergrund. Mit den Flüchtlingswellen der vergangenen Jahre suchten zunehmend orientalische Christen in Schweden Asyl, aus Syrien, dem Irak oder auch aus Eritrea.

Vorläufer des heutigen Bistums war das am 23. September 1783 aus dem aus Schweden, Norwegen und Finnland bestehende Apostolischen Vikariats des Nordens ausgegründete Apostolische Vikariat Schweden. Das Vikariat wurde am 29. Jun 1953 mit der Bulle Profecit valde durch Papst Pius XII. zum Bistum erhoben, zwei Jahre nachdem in Schweden das Gesetz zur Religionsfreiheit 1951 verabschiedet worden war. Erzbistum Stockholm im Internet: http://www.katolskakyrkan.se/en. Die Pfarrei Sankt Eugenia ist einer der beiden Standorte der Jesuiten in Schweden; in der Pfarrei wohnen und arbeiten sechs Jesuiten, Leiter der Pfarrei ist P. Dominik Terstriep SJ. Kontakt: Katholische Kirchengemeinde Sankta Eugenia in Stockholm, Kungsträdgårdsgatan 12 Stockholm, Tel. +46 8 6795771, E-Mail: exp@sanktaeugenia.se, Internet: www.sanktaeugenia.se.

Dienstag, 01.11.2016