Besuch auf dem Friedhof der Namenlosen
Sonntag, 20.08.2023
70 Kilometer vom Festland entfernt in der Nordsee liegt Deutschlands einzige Hochseeinsel: Helgoland. Das Wetter ist oft rau, die See tückisch und Unglücke nicht selten. Daran erinnern zahlreiche Kreuze und Gedenksteine auf dem „Friedhof der Namenlosen“.
Ein Gedenkstein ist zum Beispiel der Besatzung der "Adolph Bermpol" gewidmet. Der Seenotrettungskreuzer gerät am 23. Februar 1967 bei dem Versuch, während des Orkans "Xanthia" einen niederländischen Fischkutter zu retten, selbst in Seenot. Zwar gelingt es der Besatzung noch, die Fischer an Bord zu nehmen. Aber in dem heftigen Sturm sinkt der Kreuzer schließlich mitsamt der kompletten Besatzung. Insgesamt verlieren sieben Seeleute ihr Leben.
Eine andere Gedenkplatte erinnert an die Seeschlacht von 1864 zwischen Dänemark und Preußen/Österreich, die die Helgoländer Bevölkerung damals in der rauen Nordsee beobachten konnte. Auch drei einfache Holzkreuze, auf denen jeweils nur ein Datum eingraviert ist, findet man auf dem „Friedhof der Namenlosen“. Hier sind drei Unbekannte bestattet, die 1958 bzw. 1961 tot an den Helgoländer Strand getrieben wurden.
Auf der Website des Reisemagazins „Schwarzaufweiss“ heißt es über den Friedhof: „Früher war es üblich, Unbekannte dort zu bestatten, wo sie angetrieben wurden. Die Klippen in der Nordsee rund um Helgoland waren für viele Segel- und Dampfschiffe die Endstation, sodass man immer wieder leblose Körper an den Stränden entdeckte. Vor dem Zweiten Weltkrieg, als sich der Friedhof noch an einer anderen Stelle befand, standen dort mehr als 20 Kreuze. Heute wird hier niemand mehr begraben, denn angespülte Tote bleiben kaum noch namenlos. Ihre Identitäten lassen sich meist ermitteln. (…) Aber es gibt auch Gedenkplatten für Menschen, die in der Nordsee ihr Leben ließen und identifiziert werden konnten oder nie gefunden wurden.“
Der „Friedhof der Namenlosen“ befindet sich nicht direkt auf Helgoland, sondern auf der sogenannten „Düne“ - so heißt die in der Silvesternacht 1720/21 bei einem Orkan von der Hauptinsel abgetrennte flache Strandinsel. Das Reisemagazin „Schwarzaufweiss“ schreibt über diese kleine Schwester Helgolands: „Hier gibt es einen Flug- und Campingplatz, ein bunt gestrichenes Bungalowdorf und das Dünenrestaurant. Auf dem feinsandigen, tideunabhängigen Südstrand glänzen ein rotweißer Leuchtturm und rote, gelbe, grüne und blaue Strandkörbe in der Sonne. Seehunde und Kegelrobben, (…) räkeln sich an der Spitze des Nordstrands. Von November bis Ende Januar wird die »Düne« zu ihrer Kinderstube. Hinter rosaroten Heckenrosen und struppigen Sanddornsträuchern, an denen orange Früchte leuchten, erstreckt sich auf wenigen Quadratmetern (…) der »Friedhof der Namenlosen«. Er wurde mehrfach umgebettet. Seit etlichen Jahren hat er seinen Platz unterhalb des Aussichtspunkts »Jonnys Hill« zwischen Bungalowdorf und Dünenrestaurant.“
Helgoland hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Besiedelt ist die Insel ungefähr seit dem Jahr 800 n.Chr. Schriftliche Dokumente berichten von christlichen Missionierungsversuchen unter den friesischen Stämmen, die die Insel damals bewohnten. Auf der Internetseite des Norddeutschen Rundfunks (NDR) findet sich ein interessanter Überblick über die Helgoländer Historie. Dort heißt es u.a.: „Etwa ab 1400 gehört Helgoland zu wechselnden schleswig-holsteinischen Grafschaften oder Herzogtümern. Es folgen Dänen, Briten und Deutsche. Durch die Bombardierungen im und nach dem Zweiten Weltkrieg wird Helgoland fast vollständig zerstört. In den 1950er-Jahren bauen die Insulaner die Insel wieder zum Urlaubsziel aus.“
Besonders erwähnenswert sind noch zwei Ereignisse: Das „Lied der Deutschen“ – heute der Text der deutschen Nationalhymne - wurde auf Helgoland verfasst. Der Legende nach soll Heinrich Hoffmann von Fallersleben am 26. August 1841 auf einer Helgoländer Klippe gesessen und dort das Deutschlandlied geschrieben haben. Joseph Haydn komponierte die Musik dazu. Ein bekannter Sohn der Insel ist der erfolgreiche Kinder- und Jugendbuchautor James Krüss. Er wurde am 31. Mai 1926 auf Helgoland geboren und verbrachte hier seine Kindheit und Jugend.
Hier findet man eine Chronik der Insel Helgoland und zahlreiche Fotos.