Blaues Kreuz: Trotz Corona abstinent bleiben
Sonntag, 24.01.2021
In Deutschland trinken 1,6 Millionen Menschen zuviel Alkohol. Weitere 1,8 Millionen sind sogar alkoholabhängig, und 74.000 sterben daran jedes Jahr. Das sind erschreckende Zahlen, und in Zeiten von Corona könnten sie sogar noch steigen.
Wer gefrustet im Lockdown sitzt, der greift vielleicht öfter und schneller zur Flasche, sagt Frank Liebert vom evangelischen Suchthilfe-Verein „Blaues Kreuz“: „Dass da Menschen, die jetzt im Homeoffice tätig sind oder in Kurzarbeit sicherlich auch unter ner gewissen Form der weggefallenen sozialen Kontrolle leiden, aber auch durch Vereinsamung Trost suchen und die Gelegenheit für sich nutzen und früher Alkohol trinken, als sie es sonst getan haben, die Feierabend-Biere dann schon in die Nachmittagsstunden rutschen.“
Ob und wie stark die Corona-Pandemie das Suchtverhalten tatsächlich beeinflusst, wird sich erst in der Zukunft zeigen. Derzeit erlebt das Blaue Kreuz noch keine erhöhten Anfragen, was aber wiederum daran liegen kann, dass die sonst üblichen regelmäßigen Treffen der Selbsthilfegruppen aufgrund der Corona-Auflagen derzeit nicht stattfinden können. Kontaktaufnahme und Beratung sind deshalb nur per Telefon möglich.
Frank Liebert weiß aus eigener Erfahrung, wie schnell man in die Abhängigkeit rutschen kann. Jetzt versucht er anderen Menschen, aus ihrer Suchtspirale herauszuhelfen. Liebert ist einer von drei Ansprechpartnern einer Selbsthilfegruppe des „Blauen Kreuz“ in Bochum-Werne. Die evangelische Suchthilfe „Blaues Kreuz“ wird in Deutschland durch zwei Verbände vertreten: Blaues Kreuz in Deutschland e.V. (BKD), der am 8. August 1892 als „Deutscher Hauptverein des Blauen Kreuzes“ in Barmen (heute: Wuppertal) gegründet wurde, sowie das Blaue Kreuz in der evangelischen Kirche (BKE). Das BKD ist in 16 Landesverbänden organisiert. Mehr als 20.000 Teilnehmer treffen sich in 1.050 Selbsthilfegruppen. Zum Konzept des Blauen Kreuzes gehört die Abstinenz von Alkoholabhängigen zusammen mit deren Angehörigen. (Quelle: Wikipedia)
Zu den Pionieren, die das Blaue Kreuz in ganz Deutschland und der Schweiz bekannt gemacht haben, gehört der preußische Offizier Curt von Knobelsdorff. Er wurde am 31. Januar 1839 in Berlin geboren, war mehrfacher Kriegsteilnehmer (u.a. im deutsch-französischen Krieg von 1870/71) und besuchte ab 1877 regelmäßig Veranstaltungen des Blauen Kreuzes, das im selben Jahr von Louis-Lucien Rochat im schweizerischen Genf gegründet worden war.
Die Besuche von Knobelsdorffs beim Blauen Kreuz hatten zunächst keine Auswirkungen auf seinen Lebenswandel. Er trank weiter Alkohol, legte zwischenzeitlich mal eine fast zweijährige Pause ein, wurde dann aber 1882 nach Königsberg strafversetzt. Dies führte 1883 zum Rückfall in unkontrolliertes Trinken, dem vier Jahre später der totale Zusammenbruch folgte. Von Knobelsdorff bat 1887 um Aufnahme in den Verein „Blaues Kreuz“ und begann eine achtmonatige Missionarsausbildung an der Schule der Pilgermission St. Chrischona bei Basel.
Über seinen weiteren Weg heißt es im Online-Lexikon Wikidepia: „Im August 1888 wird vom Knobelsdorff schließlich eingesegnet und zum Dienst beim Blauen Kreuz nach Berlin gesandt. Im ersten Vierteljahr gelingt die Gründung von drei Gruppen, die aber gleichwohl angefeindet wurden. Enthaltsamkeit galt allgemein als Übertreibung. Curt von Knobelsdorff wurde in den Folgejahren zum wichtigsten Botschafter des Blauen Kreuzes, der nahezu im gesamten Deutschen Reich, in die Schweiz und nach Nordamerika »Agitationsreisen« unternahm. Er arbeitete eng mit der Evangelischen Allianz zusammen.“ Von Knobelsdorff starb am 24. Januar 1904 im Alter von 63 Jahren in Berlin.