Bochum: „Plauderbänke“ laden zum Gespräch

von Caroline Peter

Sonntag, 15.09.2024

Seniorinnen auf einer Parkbank
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Treffpunkt "Plauderbank": An zwölf Orten im Bochumer Stadtgebiet laden Ehrenamtliche zu zwanglosen Gesprächen ein. (Symbolfoto: Pixabay)

In den vergangenen 30 Jahren ist die Zahl der Singlehaushalte in Deutschland um 41% gestiegen: von 12,2 Mio. im Jahr 1994 auf jetzt 17 Mio. (Stand 2023). Das erhöht nicht nur den Druck auf dem Wohnungsmarkt, sondern hat auch soziale und psychische Folgen.

Oft genug ist das Singledasein nicht freiwillig gewählt. Neben Männern und Frauen, die bei der Partnersuche bisher kein Glück hatten und anderen, die sich (noch) keine feste Partnerschaft oder gar Familie leisten können (Studierende, Auszubildende), sind es vor allem auch alte Menschen, die ungewollt alleine leben. Wenn der Partner verstorben ist und die Kinder bzw. auch Enkelkinder weit weg wohnen, stehen viele Senioren auf einmal ganz alleine da. Fehlt dann auch noch ein eigenes soziales Netz – zum Beispiel in Form von Nachbarn oder Freunden – stellt sich schnell Einsamkeit ein.

Wie groß dieses Problem ist, zeigen zum Beispiel Zahlen der Telefonseelsorge. Dort verzeichnete man im Jahr 2023 über eine Million Anrufe. Der am häufigsten genannte Grund: In 20% der Fälle wollten die Menschen über ihre Einsamkeit reden. Und davon sind nicht nur alte Menschen betroffen. Verschiedene Studien haben einen Anstieg der Einsamkeit unter jungen Menschen dokumentiert - insbesondere im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Eine Umfrage des Deutschen Jugendinstituts aus dem Jahr 2021 zeigte, dass sich fast 60 % der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen seit Beginn der Pandemie einsamer fühlten als zuvor. Eine weitere Studie der Techniker Krankenkasse von 2022 bestätigte diese Tendenz und zeigte, dass die Anzahl der Jugendlichen, die sich regelmäßig einsam fühlen, im Vergleich zu vor der Pandemie deutlich gestiegen ist.

Eine am 17. Juni 2024 vorgestellte Studie der Bertelsmann-Stiftung stellt fest, dass sich das Gefühl der Vereinsamung mit dem Ende der Pandemie keineswegs verflüchtigt hat. Bei einer Onlinebefragung vom März 2024 wurden die Antworten von 2.532 jungen Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren gesammelt und ausgewertet, die in Deutschland leben. Das Ergebnis: 35 Prozent der 16- bis 30-Jährigen gibt an, sich „moderat einsam“ zu fühlen, weitere 11 Prozent fühlen sich sogar „stark einsam“. Junge Frauen sind laut der Umfrage häufiger von Einsamkeit betroffen als junge Männer. Am stärksten fühlten sich Menschen zwischen 19 und 22 Jahren von Einsamkeit belastet, hieß es.

Experten zufolge ist der Anteil derjenigen, die sich sozial und emotional einsam fühlen, 2024 zwar etwas gesunken. Die Bertelsmann-Stiftung sieht darin jedoch keinen Grund zur Entwarnung.  Einsamkeit sei bei jungen Erwachsenen insgesamt immer noch stark verbreitet ist und lege weiterhin über den Vor-Pandemie Werten. Damit sei Einsamkeit kein Problem, das nur oder überwiegend ältere Menschen betreffe.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat das Problem erkannt und Anfang August 2024 angekündigt, Initiativen und Personen, die sich gegen Einsamkeit engagieren, mit zwei Millionen Euro fördern zu wollen. Wie die Staatskanzlei in Düsseldorf dazu mitteilte, sollen mit dem Geld bis zu 2.000 Vorhaben mit einem Festbetrag von je 1.000 Euro unterstützt werden. Entsprechende Anträge können ab dem 19. August über das Online-Portal „engagementfoerderung.nrw“ gestellt werden. Gefördert werden können den Angaben zufolge Projekte, die sich direkt an betroffene Menschen richten. Aber auch Fortbildungen, Initiativen für Begegnungsorte oder Maßnahmen gegen Diskriminierung, Mobbing und für Toleranz und Integration seien förderungswürdig. Sie könnten das Miteinander stärken und dadurch zur Prävention von Einsamkeit beitragen, hieß es.

Mit gutem Beispiel voran gehen die Bochumer Seniorenbüros, die von der evangelischen Diakonie und anderen Wohlfahrtsverbänden getragen werden. Zusammen mit der Stadt haben sie in Bochum an verschiedenen Orten insgesamt 12 sogenannte „Plauderbänke“ aufgestellt. Zu festen Zeiten und meist für ein bis zwei Stunden stehen hier Ehrenamtliche für Gespräche bereit. Ein ähnlich niederschwelliges Angebot ist die „Sprechzeit“ in der Aachener Citykirche.

Sonntag, 15.09.2024