Corona-Impfstoff ist ungerecht verteilt
Sonntag, 07.02.2021
Der Markt für Corona-Impfstoffe ist praktisch leer gekauft. Europa, Kanada, Amerika und Australien haben sich Hunderte Millionen Impfdosen gesichert. Weite Teile Afrikas und Südamerikas haben dagegen noch gar keine Impfstoffe in Aussicht.
Auf diesen Missstand macht die Weltgesundheitsorganisation ebenso aufmerksam wie verschiedene Entwicklungs- und Hilfsorganisationen. Mareike Haase ist Referentin für „Internationale Gesundheitspolitik“ beim evangelischen Hilfswerk „Brot für die Welt“. Sie sagt: „Es ist im Moment so, dass 14% der Länder weltweit 51% der Impfstoff-Dosen aufgekauft haben, und dass tatsächlich es im Moment so aussieht, dass gerade die ärmsten Länder hier hinten anstehen müssen und nichts mehr abbekommen.“
Während in Deutschland schon kurz nach Weihnachten die ersten Impfungen verabreicht wurden, müssen Menschen in Peru oder im Senegal womöglich noch Jahre auf ihre erste Spritze warten. Das liegt nicht nur am Geld. Viele Entwicklungsorganisationen werben dafür, den Einkauf von Impfstoffen für ärmere Länder gemeinsam zu finanzieren. Und bereits im April 2020 gründeten die Weltgesundheitsorganisation zusammen mit der Europäischen Kommission und Frankreich den „Access to COVID-19 Tools (ACT) Accelerator“ zur Beschleunigung des „Zugangs zu COVID-19-Instrumenten“.
Eine der drei Säulen dieses Programm ist COVAX (Covid-19 Vaccines Global Access), eine Organisation, die einen weltweit gleichmäßigen und gerechten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen gewährleisten will. Doch dafür reichen die derzeit verfügbaren Mengen an Impfstoff schlicht nicht aus. Dazu müssten die reichen Länder von ihren eingekauften Mengen etwas abgeben. Doch damit ist nicht zu rechnen. In der Diskussion sind deshalb auch Vorschläge, den Patentschutz der bereits zugelassenen Impfstoffe auszusetzen.
„So könnte man in kürzerer Zeit mehr Impfstoffe herstellen, dadurch könnte man die Impfstoff-Dosen, die wir weltweit zur Verfügung haben, deutlich erhöhen. Wir hätten mehr, was wir verimpfen könnten in ärmeren Ländern, aber auch was wir verimpfen könnten in Deutschland“, sagt Mareike Haase vom evangelischen Hilfswerk „Brot für die Welt“: „Insofern wäre eigentlich allen damit geholfen.“ Doch die Pharmaunternehmen, die die Patente und damit quasi die „Rezepte“ für die Impfstoffe besitzen, fürchten finanzielle Verluste und weigern sich deshalb bislang, ihr geistiges Eigentum an den Impfstoffen öffentlich zugänglich zu machen.
Dabei zeigt ein Bericht des ARD-Magazins „Panorama“ vom 21. Januar 2021 eindrucksvoll, dass die Pharmafirmen wie Pfizer bei der Entwicklung der Impfstoffe nur relativ geringe Risiken auf sich genommen haben. Vielmehr haben sie auf zum Teil Jahrzehnte lange Grundlagenforschung zurückgegriffen, die mit öffentlichen Geldern finanziert wurde. Um die Weiterentwicklung der Stoffe bis zur Zulassungsreife zu fördern, investierte allein die Bundesregierung 2020 zudem noch einmal 750 Mio. Euro Steuergeld in die diversen Unternehmen und Töchter der Pharmaindustrie. Die Frage des ARD-Politmagazins ist deshalb nicht ganz unberechtigt. Sie lautet schlicht: „Wem gehört der Impfstoff?“