Das Purimfest: mehr als „jüdischer Karneval“
Sonntag, 21.02.2021
Ein erhalten gebliebenes Edikt von Kaiser Konstantin aus dem Jahr 321 n.Chr. ist der schriftliche Beleg dafür, dass es seit 1.700 Jahren jüdisches Leben in Deutschland gibt. Aber das jüdische Fest, das ab 25.2. gefeiert wird, ist sehr viel älter: Purim!
Das Fest beginnt in diesem Jahr am Abend des 25. Februars und endet am Tag darauf, ebenfalls abends. Purim wird manchmal auch als „jüdischer Karneval“ bezeichnet, denn das Fest wird ausgelassen gefeiert: Man kostümiert sich, veranstaltet Umzüge, schickt Geschenkkörbe mit Lebensmitteln (Mischloach Manot) an Bekannte und Bedürftige, vor allem aber wird reichlich dem Alkohol zugesprochen. Das ist insofern untypisch für Jüdinnen und Juden, als betrunken zu sein (auf Jiddisch: „schicker“) für sie kein erstrebenswerter Zustand ist. Im Talmud – einer Art Regelkunde-Buch für die jüdischen Rabbiner - findet sich aber eine Passage, die es zur Mitzwa (Jiddisch: „Mitzwe“, Gebot) erhebt, an Purim zu trinken, bis man den „verfluchten Haman“ nicht mehr vom „gesegneten Mordechai“ unterscheiden kann. Die beiden Namen verweisen auf die Geschichte, die hinter dem ausgelassenen Fest steckt.
Die Wurzeln des Purimfestes gehen zurück bis ins 5. Jahrhundert vor Christus. Damals lebte das jüdische Volk in der persischen Diaspora. Im biblischen Buch Ester wird beschrieben, wie der persische König Xerxes I. einen Mann namens Haman als höchsten Regierungsbeamten einsetzt und dieser seine Stellung ausnutzt, um andere zu erniedrigen. Alle müssen vor ihm niederknien, doch der Jude Mordechai, der Adoptivvater von Ester, weigert sich. Aus Rache und verletzter Ehre beschließt Haman daraufhin, alle Juden im Reich ermorden zu lassen. Der Zeitpunkt für die Aktion wurde durch das Los (hebräisch: "Pur") bestimmt – daher auch der Name Purim. Ester, die Gemahlin von Xerxes und selbst Jüdin, setzt sich beim König für die Rettung ihrer Glaubensgenossen ein. Diese erhalten daraufhin vom König die Erlaubnis, sich zu verteidigen. Am Ende wird Haman zusammen mit rund 75.000 weiteren Einwohnern des Perserreiches getötet.
Die Geschichte gehört zu den ganz wenigen, in denen das jüdische Volk ohne das Eingreifen Gottes seiner Vernichtung entgeht: Die persischen Juden verteidigen sich und retten sich damit quasi selbst. Entsprechend groß ist die Symbolkraft der Erzählung. Bei der Feier des Purimfestes in der Synagoge wird deshalb stets die Estergeschichte gelesen. Und jedes Mal, wenn der Name Haman fällt, dürfen Kinder und Erwachsene laut mit den Füßen aufstampfen und mit mitgebrachten Rasseln Lärm machen, um so den Namen des Bösen zu übertönen.
Auch außerhalb der Synagoge geht es laut und fröhlich zu. An Purim verkleidet man sich, feiert ausgelassene Kostümpartys, vielfach werden in den Gemeinden auch Purimspiele aufgeführt, in denen die Geschichte Esters nacherzählt wird. Als typisches Gebäck gibt es zu Purim die sogenannten Haman-Taschen – zur Erinnerung an den Übeltäter von damals. Das kleine dreieckige Gebäck ist meist mit Mohn oder Marmelade gefüllt und der Form des Hutes nachempfunden, den Haman getragen haben soll.
Laut Internetseite des BR ist Purim "das einzige Fest der jüdischen Tradition, in dem ausdrücklich empfohlen ist, über den Durst hinaus zu trinken – bis man nicht mehr die Namen Moredchai und Haman auseinanderhalten könne. Der jüdisch-hebräische Trinkspruch dazu lautet L'Chaim - Auf das Leben, und ist in gewissem Sinne auch die Quintessenz des lebensfrohen Festes."