Der 1. Osterspaziergang: Wo liegt Emmaus?
Montag, 02.04.2018
Der Ostermontag gilt traditionell als Reisetag. Viele nutzen den arbeitsfreien Feiertag für einen Besuch bei Freunden oder Bekannten. Andere zieht es hinaus in die Natur, zum ausgiebigen Osterspaziergang. Der hat seine Wurzeln in der Bibel.
Der Evangeliumstext, der am Ostermontag in vielen Gottesdiensten verlesen wird, steht im Lukasevangelium, 24. Kapitel, in den Versen 13 bis 35. Erzählt wird darin die Geschichte zweier Jünger, die sich drei Tage nach Jesu Kreuzigung von Jerusalem aus auf den Weg in das benachbarte Örtchen Emmaus machen. Beide sind niedergeschlagen und hoffnungslos, denn Jesus – ihr Meister – wurde hingerichtet und sein Leichnam offenbar gestohlen, denn das Grab, das sie besucht hatten, war leer gewesen. Über all das unterhalten sich die beiden Jünger, als sich ihnen unterwegs ein unbekannter Wanderer anschließt. Erst bei einer Rast - als er am Abend das Brot mit ihnen teilt – erkennen die Jünger, dass es sich bei dem Fremden um Jesus handelt. Denn er teilt das Brot genau so, wie er es bei ihrem letzten Abendmahl vor der Kreuzigung getan hatte. Nach der Begegnung verschwindet Jesus, und die beiden Jünger eilen noch am selben Abend nach Jerusalem zurück, um ihren Gefährten zu berichten.
Die Emmaus-Geschichte gilt als biblischer Beleg für die Auferstehung Jesu von den Toten, die Ostern gefeiert wird. Auf die Frage, wo das damalige Emmaus geographisch zu verorten ist, gibt es unterschiedliche Antworten. Das ist nicht verwunderlich, denn der Name "Emmaus" bedeutet so viel wie "heiße Quelle" und war zu damaligen Zeiten ein relativ häufiger Ortsname oder Namenszusatz. Ein Indiz für die Lage des biblischen Ortes findet sich im Lukasevangelium. Demnach soll Emmaus 60 Stadien von Jerusalem entfernt gewesen sein, was nach heutigen Maßen etwa 11,5 km entspricht. Eine solche Entfernung (Hin- und Rückweg) könnten die beiden Jünger tatsächlich an einem Tag bewältigt haben.
Zu den Orten, die für sich reklamieren das biblische Emmaus zu sein, gehört seit vielen Hundert Jahren die in der Spätantike wiedergegründete Stadt Nikopolis – das heutige Amwas. Entsprechende Hinweise stammen aus dem 5. Jahrhundert und geben an, dass mit Kleopas einer der beiden Jünger aus Emmaus stammte und sein Haus später in eine Basilika umgewandelt worden sei. Allerdings liegt Amwas gut 32 Kilometer von Jerusalem entfernt. Das widerspricht nicht nur den in der Bibel genannten 60 Stadien (11,5 km), es scheint auch kaum möglich, dass die beiden Jünger aus der Geschichte diese Strecke von Jerusalem und wieder zurück an einem Nachmittag bzw. Abend geschafft haben könnten.
Es gibt zwei weitere Orte, die mit Emmaus in Verbindung gebracht werden, nämlich Abu Gosh und El Qubeibeh. In einem Wikipedia-Artikel dazu heißt es: "In Abu Gosch wurde eine Kreuzfahrerkirche errichtet, die an den Gang nach Emmaus erinnern soll. Abu Gosch befindet sich tatsächlich in einer Distanz zu Jerusalem, die dem Bericht im Lukasevangelium entspricht, jedoch hieß der Ort in neutestamentlicher Zeit nicht Emmaus und es fehlen ebenso wie im Fall von El Qubeibeh weitere Anhaltspunkte, die die mittelalterlichen Ortstraditionen stützen könnten."
Der Historiker und Lektor der anglikanischen Kirche, Carsten Peter Thiede brachte Anfang des 21. Jahrhunderts noch einen vierten Ort ins Spiel. Zusammen mit anderen Forscher der Theologischen Hochschule Basel war Thiede von 2001 bis 2004 an Ausgrabungen westlich von Jerusalem beteiligt – und wurde fündig: "Thiede identifiziert Moza mit dem von Flavius Josephus in seinem Geschichtswerk »Der Jüdische Krieg« erwähnten Ort namens Ammassa oder Ammaous („Emmaus“), was sich aus dem in Bibel und Talmud belegten hebräischen Namen Ham-moza herleiten könnte. Der Ort, an dem unter Kaiser Vespasian eine römische Veteranenkolonie entstand, soll Josephus zufolge 30 Stadien von Jerusalem entfernt liegen. (…) Der lateinische Name der Kolonie (»Colonia«) hat sich offenbar im Namen des 1948 geräumten arabischen Dorfes Qelonija erhalten, das sich bis dahin an der Stelle des heutigen Moza befand. Zwar ist der Ort nur knapp 7 km (also in etwa 30 Stadien) von Jerusalem entfernt, doch könnte Lukas den Basler Forschern zufolge mit seiner Entfernungsangabe von 60 Stadien den Hin- und Rückweg summiert haben." (Quelle: Wikipedia)