Der lange Weg der Frauen ins evangelische Pfarramt
Sonntag, 08.03.2020
Bis vor gut 60 Jahren war auch die evangelische Kirche eine reine "Männerkirche". Inzwischen sind bundesweit 40% der Pfarrstellen mit Frauen besetzt. Doch bis dahin war es ein langer Weg. Am Weltfrauentag (8.3.) werfen wir einen Blick zurück.
Frauen im Pfarramt - das war Jahrhunderte lang unvorstellbar. Zwar erwarb bereits 1908 die erste Theologin einen akademischen Abschluss, sie hatte jedoch keine Aussicht auf eine Anstellung in der Kirche. 1927 wurde von der damals größten deutschen (evangelischen) Landeskirche - der Kirche der altpreußischen Union - ein Gesetz verabschiedet, das die Ausbildung und Anstellung von Vikarinnen in bestimmten Bereichen (Frauen, Kinder) regelte. Ab 1930 konnten sie Pfarramtshelferinnen werden.
In der Zeit des Zweiten Weltkrieges haben Frauen viele Gemeinden pfarramtlich versorgt, so dass sie nach dem Krieg Ordinationsrechte forderten. Lange wurde diskutiert, ob das möglich sei. Schließlich wurde festgestellt: es gibt keine biblischen oder theologischen Gründe, die dagegen sprechen. Das war der entscheidende Durchbruch. Erleichtert bzw. befördert wurde die Frauenordination auch durch das in der Bundesrepublik am 1. Juli 1958 in Kraft getretene "Gesetz zur Gleichbehandlung von Mann und Frau". Die Evangelisch-lutherische Kirche in Lübeck verabschiedete daraufhin zum 1. September 1958 ein Kirchengesetz, das die Errichtung einer Planstelle für die übergemeindliche Frauenarbeit ermöglichte. Sie sollte mit einer unverheirateten Theologin besetzt werden. Elisabeth Haseloff erhielt 1958 diese Planstelle; sie war außerdem für einen Gemeindebezirk von St. Matthäi in Lübeck-St. Lorenz zuständig und damit die erste Pastorin der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Sinne des Gesetzes.
Bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts gab es evangelische Landeskirchen, in denen Gemeinden und auch Pfarrer die Zusammenarbeit mit Frauen im ordinierten Amt ablehnen konnten oder die eine Frauenordination generell ablehnten. Anfangs mussten Frauen ihre Ordinationsrechte noch zurückgeben, wenn sie heirateten. Heute ordinieren alle evangelischen Landeskirchen Frauen. 1987 wurde Gisela Vogel in die Leitung der rheinischen Landeskirche gewählt und wurde so die erste Oberkirchenrätin in der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR). Ein Interview mit ihr über diese Zeit kann man unter https://www.ekir.de/www/service/vogel-18140.php nachhören.
1992 wurde mit Hannelore Häusler zum ersten Mal eine Frau zur Leiterin eines rheinischen Kirchenkreises gewählt. Sie war die erste Superintendentin in der Evangelischen Kirche im Rheinland. Ein Audio-Interview mit der heute 85jährigen findet man unter https://www.ekir.de/www/service/haeusler-18139.php
Im Jahr 1992 wurde in Hamburg mit Maria Jepsen zum ersten Mal in Deutschland und auch in der lutherischen Kirche weltweit eine Frau zur Bischöfin gewählt. In anderen Ländern und anderen Kirchen waren bereits Bischöfinnen eingeführt. Dennoch war die Auseinandersetzung heftig. Manche sahen eine Frau im Bischofsamt als Verrat am Evangelium, andere als Zeichen des Niedergangs der evangelischen Kirchen. Der "Siegeszug" der Frauen war da aber schon nicht mehr zu stoppen. Seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte er im Oktober 2009, als die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann zur Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland gewählt wurde. Sie war damit die erste Frau an der Spitze des deutschen Protestantismus.
In der katholischen Kirche sowie in den orthodoxen Kirchen sind Frauen im Priesteramt nach wie vor nicht zugelassen. Dagegen hat die katholische Basisbewegung "Maria 2.0" in jüngster Vergangenheit wiederholt demonstriert. Seit dem Start des sogenannten "Synodalen Weges" am 30. Januar 2020 in Frankfurt beschäftigen sich katholische Amtsträger und Laien in Deutschland u.a. auch mit der Frage einer stärkeren Beteiligung von Frauen am kirchlichen Leben.
Papst Franziskus hat allerdings Mitte Februar 2020 zum wiederholten Mal klargestellt, dass Frauen in der katholischen Kirche keinen Zugang zu Weiheämtern erhalten werden. Im Nachgang zur sogenannten Amazonas-Synode erklärte er in seinem Schreiben "Querida Amazonia" ("Geliebtes Amazonien"): Wer die Bedeutung und Beteiligung von Frauen in der Kirche nur mit ihrer Zulassung zur Weihe stärken wolle, greife zu kurz und »klerikalisiere« Frauen. Weiter schreibt Papst Franziskus: "Die Frauen leisten ihren Beitrag zur Kirche auf ihre eigene Weise und indem sie die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria weitergeben".