Des Lebens müde: Todes-Sehnsucht im Altenheim
Sonntag, 07.09.2014
Mit steigendem Lebensalter wächst auch das Suizidrisiko: In 2012 waren in Deutschland von den insgesamt knapp 10.000 Selbstmördern über 3.500 älter als 65 Jahre. Selbstmorde im Altenheim sind zwar eher selten – der Wunsch zu sterben aber nicht.
Wenn mit steigendem Alter die Gebrechen zunehmen, die eigene Selbständigkeit leidet, der geliebte Ehepartner stirbt und andere soziale Kontakte immer weniger werden, stellen sich viele ältere Menschen die Sinnfrage: "Warum noch weiterleben?" Gerade allein lebenden Senioren können körperliche Erkrankungen, Einsamkeit und Sinnverlust sehr zusetzen und letztlich auch zu Depressionen führen, die dann möglicherweise in Selbstmordgedanken münden. Diese Gefahr scheint bei im Altenheim weniger ausgeprägt zu sein – auch weil die Einrichtungen in der Regel um die genannten Zusammenhänge wissen und im Sinne der Suizidprävention aktiv dagegen steuern.
Dazu schreibt der Diplom-Psychologe Roberto Rotondo in einem Vortrag vom August 2010: "Suizidprävention bedeutet, sich um Menschen zu kümmern, sie ernst zu nehmen, sich Zeit für sie zu nehmen, sie zu beteiligen und zu verhindern, dass sie sich allein fühlen, Ängste sie überwältigen und sie im Leben und am Leben leiden. Ich bin überzeugt davon, dass alte Menschen leben wollen, wenn sie sich geliebt fühlen und sie das Gefühl haben, dass ihr Leben einen Sinn erfüllt."
Den Mitarbeitenden im Altenheim kommt deshalb große Verantwortung und Bedeutung zu: Indem sie im Alltag für Abwechslung und Gemeinschaftserlebnisse der Bewohner sorgen, sie zu Aktivitäten ermuntern und ihre Selbständigkeit fördern, kann die Sinnfrage stärker positiv besetzt und beantwortet werden. Noch wichtiger ist es, immer wieder Zeit für Begegnungen mit den Bewohnern und ein geschultes Ohr zu haben. Denn je älter die Bewohner werden, desto wahrscheinlicher wird es in den Gesprächen mit ihnen um das Thema Tod gehen. Das ist in jedem Fall immer ernst zu nehmen. Zu klären ist dann: spielen hier Suizidgedanken eine Rolle, oder spricht hier ein betagter Mensch nach einem erfüllten Dasein über seine "Lebens-Müdigkeit"?