Deutschlands größte Glocke wird 100
Sonntag, 07.05.2023
Die größte Glocke Deutschlands feiert in diesem Jahr Geburtstag. Der „Decke Pitter“ im Kölner Dom wird 100 Jahre alt. Zum Jubiläum finden u.a. ein Europäischer Glockentag, Konzerte, ein Glockenspaziergang und ein Glockenguss auf der Domplatte statt.
INFO: Mit seinem tiefen, wummernden Sound übertrifft er alle und alles: 3,20 Meter hoch, 3,22 breit und 24 Tonnen schwer - ein wahrer Koloss, die größte und bekannteste Glocke im Domgeläute. Bis heute ist sie die tontiefste freischwingende Glocke der Welt und wird von den Kölnern liebevoll 'Der decke Pitter' genannt. Vor 100 Jahren wurde sie im thüringischen Apolda gegossen und im Folgejahr geweiht. Zum Erklingen kam sie wegen technischer Schwierigkeiten erstmals jedoch erst am 28. Oktober 1925. Zu hören ist die St. Petersglocke – der „Dicker Pitter“ - nur bei besonderen Anlässen im Jahr. Musikalisch ist die Glocke, ganz im Gegensatz zur Kaiserglocke, ein Meisterwerk. Ihr tiefes 'C' legt den Grund für den feierlichen C-Dur-Akkord, innerhalb dessen die Melodie 'g-a-h' der drei alten Domglocken schwingt. Nach oben wird der Akkord durch die Ursulaglocke (1862, 'c 1'), die Kapitelsglocke (1911, 'e 1') und die Aveglocke (1911, 'g 1') ergänzt. Kenner behaupten, kein anderes Geläute könne sich mit dem des Kölner Domes messen. Mehrmals mussten Klöppel und Aufhängung geändert werden, zuletzt im Oktober 2018.
Als aus der Kölner Bürgerschaft 1921/22 der Guss angeregt wurde, gab es nur eine Firma, die sich an der europaweiten Ausschreibung beteiligte: Die Firma Ulrich in Apolda wurde vom Metropolitankapitel beauftragt und am 5. Mai 1923 konnte der Guss mit enormen technischen Schwierigkeiten ausgeführt werden. Der Schmuck mit zahlreichen Inschriften, figürlichen Darstellungen und Wappen zeigt nach der Erfahrung des 1. Weltkrieges u.a. den Spruch: „St. Peter bin ich genannt, schütze das deutsche Land. Geboren aus deutschem Leid ruf ich zur Einigkeit.“
Am 30. November 1924 weihte Erzbischof Kardinal Joseph Schulte vor dem Hauptportal des Domes die Glocke auf den Namen der Dompatrons, des heiligen Petrus. Um seine Ansprache der riesigen Menschenmenge verständlich zu machen, wurden erstmals Lautsprecher eingesetzt. Da die 3,20 Meter hohe und 3,22 Meter breite Glocke nicht durch die nur 1,84 Meter breiten Türen passte, musste der Mittelpfeiler des Hauptportals mit der Statue der Maria ausgebaut werden. Der Transport in den Glockenstuhl in 53 Meter Höhe dauerte mehrere Wochen. An Heiligabend sollte sie zum erstem Mal läuten. Als nach langem Vorschwingen endlich die ersten drei Schläge ertönten, riss das Seil der Läutemaschine, und die Glocke blieb stumm. Erst nach monatelangen Arbeiten an Klöppel und Aufhängung gelang am 10. Oktober 1925 ein erstes feierliches Geläute mit allen Domglocken. Das Vollgeläut startet immer mit einem fünfminütigen Sologeläut der Petersglocke. Dann setzen alle anderen Glocken ihrer Größe nach von groß nach klein ein. Nach etwa 20 Minuten haben auch alle weiteren Glocken ihren Vollklang entwickelt. Dann wird die Petersglocke ausgeschaltet. Am Ostersonntag jedoch, dem höchsten Fest der Kirche, läutet sie durch. Das Vollgeläut endet nach etwa 30 Minuten. Video vom Probeläuten des „Dicke Pitters“ im Kölner Dom nach der neuen Aufhängung des Klöppels im Oktober 2018.
Dompropst Msgr. Guido Assmann freut sich über die große Beliebtheit der Petersglocke des Kölner Doms: „Wenn das Prunkstück unter den elf Glocken des Domes läutet, hält die ganze Stadt inne. Das war zuletzt wieder in beeindruckender Weise zu erleben, als das wuchtige, tiefe C des ‚Decken Pitters‘ zum Gedenken an den verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. zu hören war: Die Menschen bleiben stehen, der Alltag bricht auf, der Dom hat das Wort.“ Kölns Dom- und Stadtdechant Msgr. Robert Kleine erinnert an wichtige historische Momente, zu denen die Petersglocke geläutet hat: „Die Glocke hat den Kölnern das Ende des Zweiten Weltkriegs verkündet, sie schlug beim Begräbnis Konrad Adenauers und am Tag der Wiedervereinigung Deutschlands. Ihre eigentliche Bestimmung aber ist es, die Domgottesdienste an den höchsten christlichen Feiertagen einzuläuten. Das bewegt mich jedes Mal aufs Neue. Und so freue ich mich, dass ein Europäischer Glockentag – nachdem ein solcher 1985 in Frankfurt am Main, 1997 in Erfurt und 2004 in Karlsruhe ausgerichtet worden ist – in diesem Jahr zum Geburtstag der Petersglocke in Köln stattfindet.“
4. Europäischer Glockentag in Köln: Zum Anlass des Jubiläums wird vom 4. bis zum 7. Mai 2023 ein Europäischer Glockentag in Köln ausgerichtet – und das Domgeläut erhält eine zwölfte Glocke. In den Vierungsturm des Domes kehrt eine Glocke zurück, die 1621 gegossen wurde, dort bereits im 19. Jahrhundert hing und später an der Außenseite des Südquerhaushochdachs unter anderem als Alarmglocke diente: die sogenannte Klaraglocke, die vermutlich aus dem Kölner Klarissenkloster stammt. Sie verstärkt mit ihrem Durchmesser von rund 48 Zentimetern und ihrem Gewicht von rund 70 Kilogramm die Petersglocke künftig als mit Abstand kleinste Schwester unter den Glocken des Kölner Domes.
Liturgisch eröffnet wurde der „Europäische Glockentag“ am 4. Mai mit einem ökumenischen Gottesdienst, den Stadtdechant Msgr. Robert Kleine und Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger gemeinsam im Dom feierten. Zu den vielfältigen Programmpunkten rund um den Geburtstag des „Decken Pitter“ gehören in den Folgetagen ein glockenkundliches Kolloquium und ein öffentlicher Glockenguss auf der Papstterrasse am Dom. Das DOMFORUM erzählt bis zum 7. Mai auf vier Ausstellungsstelen die (Vor-)Geschichte der Petersglocke, bis zum 6.8. ist die Ausstellung abermals im Foyer des DOMFORUMS zu sehen.
Den Höhepunkt des Glockenfests markierte ein einstündiges Glockenkonzert am 5. Mai, dem eigentlichen Geburtstag der Petersglocke, bei dem die Domglocken nach einer Partitur in unterschiedlichen Kombinationen, aber auch solistisch und zum Schluss gemeinsam erklangen. Ausführliche Informationen und das Programm zum Europäischen Glockentag vom 4.-7. Mai 2023 auf: https://www.glocken-online.de/glockentag2023/, Flyer Glockentag 2023
„Hohe Domkirche Sankt Peter und Sancta Maria“: Bereits an der Nordostecke der römischen Legionsstadt Colonia Agrippina gab es eine Vielzahl an Tempeln, Heiligtümern, Weihe- und Kultstätten. Um 300 n.Chr. baute dort der Kölner Bischof Maternus die erste christliche Kirchenanlage. Als sein späterer Nachfolger Rainald von Dassel 1164 die Gebeine der Heiligen Drei Könige von Mailand nach Köln brachte, entwickelte sich die Stadt e zu einem der großen abendländischen Wallfahrtsorte. Die für die Reliquien gebaute Kathedrale - Erzbischof Konrad von Hochstaden legte am 15. August 1248 den Grundstein - sollte das größte Bauwerk nördlich der Alpen werden. Gebaut wurde bis 1560, als der Bau aus Mangel an Kapital und Interesse der Bürger beendet wurde. Mit neuer Begeisterung nahm man 1842 den Bau wieder auf. 1863 war das Innere fertiggestellt, die beiden 1880 vollendeten Türme waren das höchste Bauwerk der Erde. Der Domschatz in den unterirdischen Gewölberäumen des 13. Jahrhunderts an der Nordseite des Domes zeigt kostbare Reliquiare, liturgische Geräte und Gewänder, Insignien der Erzbischöfe und Domgeistlichen vom 4. bis zum 20. Jahrhundert, mittelalterliche Skulpturen und fränkische Grabfunde. Die wechselvolle Geschichte der Kölner Kathedrale präsentiert sich in dieser einzigartigen Kombination von historischen Gewölberäumen mit Resten der römischen Stadtmauer, Säulen vom Vorgängerbau des Domes, moderner Architektur und der neuartigen Präsentation des Domschatzes.
Das für den 15.08.1948 angesetzte Fest zur 700-Jahr-Feier der Grundsteinlegung fand kurz nach dem Krieg weltweite Beachtung und galt für Köln als eine Art Wiederauferstehung aus den Trümmern. Der gesamte Innenraum wurde nach Behebung der Kriegsschäden 1956 wiedereröffnet. Zur 750-Jahr-Feier wurde der Dom offiziell in der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Die größte Kirche Deutschlands ist mit ihren 157,38 Metern Höhe nach der Moschee von Casablanca in Marokko mit 172 Metern und dem Ulmer Münster mit 162 Metern das dritthöchste Gotteshaus der Welt. Links: www.koelnerdom.de, www.dombau-koeln.de.
Unser Gesprächspartner: Monsignore Robert Kleine, Kölner Stadt- und Domdechant, 1967 in Neuss geboren, seit 1993 Priester, Kaplanzeit in Bad Honnef, 1997-2004 Domvikar und Schulseelsorger an der Domsingschule. 2004 zum Leiter der Abteilung Erwachsenenseelsorge im Erzbischöflichen Generalvikariat ernannt, Diözesanfrauen- und Diözesanmännerseelsorger sowie Präses des Diözesanverbandes der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd). Seit 2006 Leiter der Hauptabteilung Seelsorge im Erzbischöflichen Generalvikariat, 2012 Vorsitzender des Bildungswerks der Erzdiözese Köln und Domdechant, seit dem 1. September 2012 Kölner Stadtdechant und Vorsitzender des Caritasrates.
Kontakt: Domkloster 3, 50667 Köln, Tel. 0221 / 92 58 47-70, Fax 0221 / 92 58 47-71, E-Mail: presse@katholisches.koeln, Mo- Fr 9.30 - 13.30 Uhr.