Die Kathedrale: Wiedereröffnung von Notre-Dame
Sonntag, 01.12.2024
Am kommenden Wochenende soll sie wieder eröffnet werden: Die Kathedrale Notre-Dame in Paris, 2019 ein Raub der Flammen, soll in neuer Größe erstrahlen. Ein ehrgeiziges Projekt, an deren Renovierung sich auch Deutschland beteiligt hat …
INFO: Im Zuge von Renovierungsarbeiten war am 15. April 2019 auf dem Dach der Kathedrale Notre-Dame in Paris ein Feuer ausgebrochen. Es zerstörte Dächer und Dachstuhl, Teile der Gewölbe sowie den 96 Meter hohen hölzernen Vierungsturm. Im Herzen des Brandes herrschten Temperaturen bis zu 1.000 Grad, die dem Mauerwerk extrem zusetzten. Der Einsturz konnte abgewendet werden, auch die Türme des Westwerks wurden gerettet, auch wichtige Gemälde, Kunstgegenstände und Reliquien, darunter die traditionell verehrte Dornenkrone Jesu. Die frühgotische Kathedrale Notre-Dame gehört zu den Wahrzeichen von Paris, zum Weltkulturerbe der Unesco und gilt vielen als Inbegriff von Frankreichs Kathedralen. Sie wurde zwischen 1163 und 1345 erbaut; 2013 wurde der 850. Jahrestag der Grundsteinlegung gefeiert. Victor Hugos Roman „Der Glöckner von Notre Dame“ (1831) machte das nach der Französischen Revolution verfallende Gotteshaus zum Gegenstand romantischer Verklärung. Jährlich wird Notre-Dame von 12 bis 14 Millionen Menschen besucht. Damit ist die Kathedrale beliebter als ein anderes Wahrzeichen von Paris: Den Eiffelturm besuchten 2023 gut 6,3 Millionen Menschen.
Wiedereröffnung am 7. Dezember: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte den Wiederaufbau des gotischen Gotteshauses 2019 binnen fünf Jahren angekündigt und wird am 29. November 2024 ein letztes Mal die Baustelle von Notre-Dame besuchen. Am 7. Dezember soll dann die feierliche Wiedereröffnung der weltberühmten Kathedrale im Zentrum der französischen Hauptstadt erfolgen. Der Erzbischof von Paris, Laurent Ulrich, wird nach einer kurzen Rede des Präsidenten vor der Kathedrale mit seinem Bischofsstab an die Türen von Notre-Dame klopfen, „damit die Kathedrale sich selbst öffnet und uns empfängt“, wie der für das liturgische Zeremoniell zuständige Pater Guillaume Normand laut der Zeitung „La Croix“ erläuterte. Anschließend soll die Orgel wieder erklingen, bevor der religiöse Teil der Eröffnungsfeierlichkeiten mit einem Te Deum, dem feierlichen Lob-, Dank- und Bittgesang der Kirche, endet. Im Anschluss ist gegen 21.30 Uhr eine Aufführung mit Schauspielern, Tänzern und Musikern auf dem Vorplatz der Kathedrale geplant.
Am 8. Dezember findet ab 10.30 Uhr im Rahmen des ersten Gottesdienstes nach dem Brand die Altarweihe statt. Dazu werden mehr als 150 Bischöfe aus Frankreich und anderen Ländern erwartet. Die Organisatoren rechnen zudem mit einem großen Medieninteresse. An beiden Tagen könnten jeweils 300 Journalisten von dem Ereignis vor Ort berichten. Über die Auftritte des Präsidenten im Rahmen der Feierlichkeiten hatte es zuvor wegen der Trennung von Staat und Kirche in Frankreich Debatten gegeben.
Einzelbesucher sollen ab 9. Dezember in die Kathedrale kommen können, wenn sie sich vorab online ein kostenloses Ticket reservieren. Das Buchungssystem selbst wird erst wenige Tage vor der Wiedereröffnung verfügbar sein, um möglichst vielen Menschen den Besuch zu ermöglichen. zur Verfügung stehen. Maximal zwei Tage im Voraus können dabei Slots für den jeweiligen Besuchstag gebucht werden. Außerdem wird es jeden Tag eine Warteschlange ohne Reservierung geben. In der ersten Woche wird die Kathedrale zudem über die normalen Öffnungszeiten hinaus bis 22.00 Uhr zugänglich sein. Den Vorstoß der französischen Kulturministerin Rachida Dati, ein Eintrittsgeld für jeden touristischen Besuch der Kathedrale zu erheben, lehnte Erzbischof Ulrich ab.
Kirche bleibt Baustelle: Die Gesamtkosten beliefen sich laut Elysee auf rund 700 Millionen Euro. Gleichwohl seien rund um die Kathedrale weitere Arbeiten geplant, auch das Außengelände soll neu gestaltet werden. Nach Ansicht der Architektin und ehemaligen Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner wird die frühgotische Bischofskirche aber wohl über die Wiedereröffnung hinaus eine Baustelle bleiben, auch wenn der bei dem Brand zerstörte Vierungsturm wieder stehen werde. Der für den Wiederaufbau von Notre-Dame zuständige Architekt Philippe Villeneuve wünsche sich nicht ohne Grund die Einrichtung einer Dombauhütte an der Pariser Kathedrale - sie seien für die fortlaufenden Instandhaltungsarbeiten bei großen gotischen Gotteshäusern unverzichtbar.
Hilfe aus Deutschland: Als die Kathedrale Notre Dame lichterloh brannte, war dies nicht nur für Frankreich eine enorme Tragödie. Auch in Deutschland war das Entsetzen groß. Der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Barbara Schock Werner boten umgehend Hilfe an und Frankreich legte einen Teil des Wiederaufbaus in deutsche Hände. In der Glasrestaurierungswerkstatt der Kölner Dombauhütte wurden vier schwer in Mitleidenschaft gezogene Fenster aus dem Langhausobergaden der Pariser Kathedrale restauriert. Die Arbeiten umfassten die schonende Oberflächenreinigung der Scheiben, das Kleben von Sprüngen im Glas, das Löten von Brüchen im Bleinetz und die Erneuerung der Randbleie. Der Wiedereinbau der Fenster erfolgte vor Ort durch die Kölner Dombauhütte mit Unterstützung von französischer Seite. Bei den vier Fenstern handelt es sich um Kunstwerke des französischen Glasmalers, Grafikers und Kupferstechers Jacques Le Chevallier von 1965. Sie zeigen abstrakte Formen, in denen neben hellen Gläsern Blau- und Rottöne dominieren, die sich eng an die Farben mittelalterlicher Fenster anlehnen.
Die Zusammenarbeit deutscher und französischer Institutionen wurde vor allem durch das Engagement des damaligen deutsch-französischen Kulturbevollmächtigten Armin Laschet möglich gemacht: Bereits am Tag nach der Brandkatastrophe rief der NRW-Ministerpräsident gemeinsam mit der Deutschen UNESCO-Kommission die Spendenaktion „NRW für Notre-Dame“ ins Leben. Dabei kamen rund eine halbe Million Euro von Menschen aus Nordrhein-Westfalen und ganz Deutschland zusammen. Dieser Betrag geht an die für die Erhaltung und Restaurierung der Kathedrale Notre-Dame de Paris zuständige öffentliche Einrichtung, die die Arbeiten vergibt, um sie für die Restaurierung der Kathedrale zu verwenden.
Ein neues Buch dokumentiert den deutschen Beitrag zur Wiederherstellung: Unter dem Titel „Zurück im Herzen Europas. Notre-Dame de Paris und die deutsch-französische Freundschaft“ versammelt der Bildband u.a. Texte von Präsident Macron, der Schriftstellerin Agnes C. Poirier und der wissenschaftlichen Leiterin der Glaswerkstatt der Kölner Dombauhütte, Katrin Wittstadt. Versehen ist das Buch mit zahlreichen Fotos - darunter unveröffentlichte Einblicke in die Restaurationsarbeiten in Köln. Herausgeber sind Professorin Dr. Barbara Schock-Werner und der ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Schock-Werner war von 1999 bis 2012 Dombaumeisterin in Köln und wurde 2019 zur Beauftragten der Kulturstaatsministerin für die Koordinierung der Hilfsangebote aus Deutschland für den Wiederaufbau der Kathedrale Notre-Dame ernannt. Laschet, Abgeordneter der CDU im Deutschen Bundestag, war von 2019 bis 2021 Bevollmächtigter der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Deutsch-Französischen Vertrags. Er gehört außerdem dem Vorstand der Deutsch-Französisch Parlamentarischen Versammlung an. Präsident Emmanuel Macron berief ihn 2022 zum Kommandeur der Französischen Ehrenlegion.
Das Buch: Armin Laschet, Barbara Schock-Werner (Herausgeber), „Zurück im Herzen Europas. Notre-Dame de Paris und die deutsch-französische Freundschaft“, Greven Verlag, Köln 2024, 22,00 Euro, ISBN 978-3-7743-0976-0.