Dorfromantik auf der Spielemesse Essen

von Stefan Klinkhammer

Sonntag, 08.10.2023

Spiele-Cover: Pegasus Spiele / Collage: KIP
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Spiele-Cover: Pegasus Spiele / Collage: KIP

Seit 40 Jahren gibt es sie: die weltweit größte Messe für Brettspiele, die SPIEL Essen. Am Sonntag kann noch gespielt und ausprobiert werden. Wie das „Spiel des Jahres“: „Dorfromantik“. Dabei spürt man auch den religiösen Hintergrund der beiden Erfinder.

INFO: Das Gesellschaftsspiel „Dorfromantik“ wurde im Juli von einer Kritiker-Jury als „Spiel des Jahres 2023“ ausgezeichnet. Der Oscar für Brettspiele ging damit an die die Brettspiel-Umsetzung des mehrfach ausgezeichneten gleichnamigen Videospiels. „Dorfromantik“ von Spiele-Autor Lukas Zach, erschienen im Verlag „Pegasus Spiele“, ist ein kooperatives Legespiel, bei dem die Spielenden mit Plättchen eine idyllische Landschaft geschickt zusammensetzen müssen. Dabei müssen sie gemeinsam Aufgaben bewältigen, um Punkte zu sammeln und fünf geheime Boxen freizuschalten.

Warum Menschen gerne spielen

Beim Spiel könne man einen Menschen kennenlernen, soll schon der griechische Philosoph Platon gesagt haben - und zwar in einer Stunde besser als im Gespräch in einem Jahr. Neigt jemand zu kleinen Tricksereien? Denkt er strategisch? Kann sie verlieren? Je nach Spiel kommen unterschiedliche Eigenschaften und Fähigkeiten schnell zum Tragen. Vielleicht ist das ein Grund dafür, dass Gesellschaftsspiele beliebt bleiben; in der Corona-Pandemie haben manche sie als Alternative zu ständigen Videocalls und langer Bildschirmzeit wiederentdeckt.

Spielen sei ein „Urphänomen“, sagte der Spielforscher Jens Junge kürzlich dem Magazin „Neue Stadt“. Auch Hunde und Katzen spielten, und bis in die Mikrobiologie hinein ließen sich spielerische Elemente von Vielfalt und Veränderung entdecken. Tiere spielten nur dann, wenn sie „satt und sicher“ seien - und auch Menschen nutzten das Spiel als Kontrast zur Wirklichkeit, als eine „Erfahrungswelt, die uns Erlebnisse und Emotionen ermöglicht, die über das hinausgehen, was uns normalerweise bewegt“.

Ähnlich sieht es Rätselmacher Stefan Heine. „Die Menschen wollen sich betätigen, sie wollen Herausforderungen, und sie wollen Spiel“, betont er. Es gehe um die völlige Konzentration auf eine Tätigkeit, „so dass wir alles um uns herum vergessen“.

Experte Junge sieht durchaus Unterschiede zwischen Brettspielen und Videogames. Bei Brettspielen gehe es stärker um das Mitmenschliche: „Da möchte ich den Angstschweiß des Gegenübers auf der Stirn sehen, wenn ich ihm das Leben schwermache.“ Digitale Welten fesselten eher durch erzählerische Elemente wie Geräusche oder filmische Szenerien.

Ebenso verfolgten die Fans eher klassischer Spiele ganz verschiedene Ziele: Wer sich immer wieder zum Skat oder zum Schach verabrede, dem biete das Spiel auch einen „Anlass, um Geselligkeit zu organisieren“. Die Besucherinnen und Besucher der „Spiel“-Messe freuen sich ab Donnerstag dagegen darauf, Neuheiten zu testen und mit Gleichgesinnten in Austausch zu kommen. „Andere gehen gerne ins Theater, wo auf der Bühne auch gespielt wird“, sagt Junge. Tanz sei ein Bewegungsspiel, ein Roman ein Gedankenspiel - und stets sei mit diesem spielerischen Element ein Wunsch nach Leichtigkeit und neuen Ideen verbunden.

Nicht zuletzt erleichtern Spiele das Lernen - oder ermöglichen es überhaupt erst. Kinder eignen sich Motorik und Bewegung, aber auch die Sprache übers Ausprobieren und Nachahmen an. „Tatsächlich können Babys diese Welt nur spielend begreifen“, erklärt Junge. Später kämen Verkleidungen hinzu oder Rollenspiele als Polizist, Ärztin oder Lehrerin. Auch entstehe durchs Spiel der Wunsch, die Welt zu verändern, zum Beispiel etwas zu bauen: „Das macht jedes Kind, um sich diese Welt begreifbar zu machen und in ihr klarzukommen.“ (Paula Konnersmann/KNA)

Das „Spiel des Jahres 2023“: „Dorfromantik: Das Brettspiel“ - von Lukas Zach und Michael Palm, Pegasus Spiele, für 1 bis 6 Spieler:innen, Altersangabe: ab 8, Anforderung: mittel, Dauer: 30 bis 60 Minuten, Preis: ca. 35 Euro.

Der Verein „Spiel des Jahres“ vergibt den Preis seit über 40 Jahren. Die Jury testet dabei jährlich Hunderte Neuerscheinungen des Spielemarktes. Im Vorjahr hatte das Plättchenlegespiel „Cascadia“ von Autor Randy Flynn gewonnen. https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/spiel-des-jahres-dorfromantik-100.html

Sonntag, 08.10.2023