Ein stiller Feiertag, von dem sich lernen lässt
Freitag, 03.04.2015
Im nordrhein-westfälischen Gesetz über die Sonn- und Feiertage wird der Karfreitag – der Todestag Jesu – als "stiller Feiertag" definiert und durch strenge Auflagen geschützt. Die entsprechenden Verbote enden erst um 6 Uhr am Karsamstag.
Die erste Einschränkung tritt bereits am frühen Abend des Gründonnerstags in Kraft: ab 18 Uhr ist öffentlicher Tanz verboten. Mit Beginn des Karfreitags um 0 Uhr sollen zahlreiche weitere Auflagen dafür sorgen, dass der ernste Charakter des stillen Feiertages nicht gestört wird. Geschäfte und Wettbüros müssen geschlossen bleiben, Wochenmärkte, Volksfeste und gewerbliche Ausstellungen sind ebenso verboten wie öffentliche Sportveranstaltungen. Während der Hauptzeit der Gottesdienste am Karfreitag sind auch kulturelle Veranstaltungen (Konzerte, Theatervorstellungen u.ä.) untersagt. Außerhalb dieser Zeit sind sie nur zulässig, sofern sie dem Charakter des Feiertages entsprechen. Den Wortlaut des Feiertagsgesetzes NRW finden Sie hier.
Schwiegen bis in die 1960er Jahre hinein zur Todesstunde Jesu um 15 Uhr sogar die Radiosender für eine Viertelstunde, wird die gesetzlich verordnete Stille heute immer wieder kritisiert und als Eingriff in die persönliche Freiheit empfunden. Der Schutz christlicher Feiertage sei ein Privileg der Kirchen, er sei mit der Trennung von Staat und Kirche nicht zu vereinbaren und nicht mehr zeitgemäß. Dabei wird allerdings vergessen, dass der (staatliche) Volkstrauertag laut Gesetz ebenfalls ein "stiller Feiertag" ist und damit ähnlich strengen Verboten unterliegt, wie der Karfreitag und Allerheiligen.
Auflagen gibt es außerdem auch für andere weltliche Feiertage wie den 1. Mai oder den "Tag der deutschen Einheit" am 3. Oktober. Allen gesetzlichen Feiertagen gemeinsam ist das grundsätzliche Arbeitsverbot. Wer also den Schutz für kirchliche Feiertage in Frage stellt, müsste umgekehrt auch bereits sein, an diesen Tagen künftig zu arbeiten.
Der Schutz von Sonn- und Feiertagsruhe garantiert den meisten Menschen nicht nur eine willkommene Pause von der Erwerbsarbeit. Es handelt sich auch um eine kulturelle Errungenschaft. Sonn- und Feiertage geben dem Jahreslauf eine zeitliche Struktur, indem sie herausgehoben sind aus der Alltäglichkeit und allen Menschen Gelegenheit dazu geben, in sich hinein und über sich selbst hinauszuschauen. Wo stehe ich, was will ich, wer sind meine Nächsten, wie geht es denen und was ist mir wichtig im Leben? All diese Fragen gehen im Strom des Alltags und der Aufgaben nur allzu oft unter. An Sonn- und Feiertagen ist die Zeit dafür da, sie zu stellen.