Ein Vorgeschmack auf´s Himmelreich
Sonntag, 24.12.2023
Über Jahrhunderte wurden Geschenke und später auch Süßigkeiten traditionell nur am Nikolaustag verteilt. Der Reformator Martin Luther, der gegen die katholische Heiligenverehrung kämpfte, schaffte das Schenken zu Nikolaus ab. Das hatte Folgen.
Luther verlegte das Schenken vom Nikolaustag auf Weihnachten und brauchte dazu einen neuen Gabenbringer. Eine Figur aus dem Elsass inspirierte ihn, und fortan war es nicht mehr der Nikolaus, der die Geschenke brachte, sondern das Christkind. In dem Lied „Lasst uns froh und munter sein“ aus dem 19. Jahrhundert wird noch eine weitere Tradition beschrieben: „Dann stell ich den Teller auf, Nik'laus legt gewiß was drauf. Lustig, lustig, traleralera! Bald ist Nikolaus Abend da …“. Der hier beschriebene „bunte Teller“ mit Gebäck und Süßigkeiten gehört zwar heute noch zum Nikolaustag, ist aber auch Teil der neueren Weihnachtstradition geworden.
Der Weihnachtsteller wird heute in der Regel aus Pappe gefertigt, seltener auch aus Blech. In jedem Fall ist er mit weihnachtlichen Motiven bedruckt. Das war allerdings nicht immer so, wie Judith und Rita Breuer in ihrem Buch „Von wegen Heilige Nacht. Weihnachten in der politischen Propaganda“ zeigen. So wollten z.B. die Nationalsozialisten ab 1933 die christliche Prägung des Weihnachtsfestes allmählich zurückdrängen und durch das „Fest der Volksgemeinschaft unter’m Lichterbaum“ ersetzen: die »Deutsche Weihnacht« als Siegesfeier der „nationalen Wiedergeburt“. Anstelle Jesu Christi sollte Adolf Hitler die Rolle des Messias und Welterlösers einnehmen. Die Wintersonnenwende und angebliche germanische Mystik sowie Lichtrituale sollten dem christlichen Weihnachtsfest den Rang ablaufen.
Auch später – nach dem 2. Weltkrieg – waren im Gebiet der früheren DDR christliche Symbole zu Weihnachten unerwünscht. Engel, Jesuskind, die Heilige Familie, ja sogar Glocken als Motive für den Weihnachtsteller waren verpönt – um nicht zu sagen: verboten. Und so behalfen sich die Designer mit Weihnachtsbäumen, Schneemännern und spielenden Kindern. Buchautorin Rita Breuer besitzt eine Sammlung mit einigen Hundert Weihnachtstellern, darunter auch Exemplare aus der DDR. Sie sind mit der Mondlandung oder Jubiläen von Jugendgruppen bedruckt. Den Gabenteller füllten im damaligen Arbeiter- und Bauernstaat auch nicht der Nikolaus oder das Christkind, sondern Väterchen Frost oder das Schneemädchen.
Ein gut gefüllter „Bunter Teller“ zum Weihnachtsfest gehört als Zeichen der Üppigkeit und Fülle auch zum Neujahrsbrauchtum. Das wiederum hat mit einem Spruch des mittelalterlichen Kirchenlehrers Augustinus zu tun, der schrieb: "Aller Anfang geht mit." Heißt: Der Beginn einer Sache sollte auch über ihren weiteren Fortgang bestimmen. Bezogen auf den Jahreswechsel bedeutet der Bunte Teller: „So gut soll es uns auch im nächsten Jahr gehen. So voll soll unser Teller auch in Zukunft sein.“ Wer es sich also in den letzten Tagen des alten Jahres mit Süßem gut gehen ließ, den erwartete ein reich beschenktes neues Jahr. Und die Süßigkeiten sind als Vorgeschmack auf das Himmelreich zu deuten.