Eine Messe für Franz Stock in Paris
Sonntag, 07.07.2019
Eine Messe für einen Priester aus dem Sauerland im Invalidendom in Paris? Sie gab es erstmals am 3. Juli 1949 – kurz nach dem Krieg. Eine besondere Auszeichnung für Franz Stock. Genau 70 Jahre später gab es jetzt erneut eine Messe ...
INFO: Zu einer Erinnerungsfeier an die erste offizielle Würdigung von Franz Stock am 3. Juli 1949 luden am vergangenen Mittwoch die französischen „Amis de Franz Stock“. Die Messe zum Gedenken an den katholischen Priester aus dem Erzbistum Paderborn in der Pariser Cathédrale Saint-Louis-des-Invalides feierte am 3. Juli 2019, dem Fest des Apostels Thomas, Mgr. Dubost, Bischof em. des französischen Militärbistums, mit zwei Geistlichen aus Deutschland, Pfr. Stephan Jung, dem Vorsitzenden des Franz-Stock-Komitees, und Pfr. i.R. Wilfried Göddeke. Dazu kamen der ‚Recteur de la cathédrale des Chartres’ und der Pfarrer von Saint-Jaques du Heut-Pas. Neben einem Vertreter der deutschen Botschaft nahmen von französischer Seite Mitglieder der „Anciens Combattants“, der Bürgermeister von Chartres und die Vereinigung Deutsch-Französischer Gesellschaften für Europa teil, von Deutschland kamen Mitglieder des Franz-Stock-Komitees, der Regierungspräsident der Bezirksregierung Arnsberg und der Bürgermeister der Stadt Arnsberg.
Franz-Stock: Am 21. September 1904 in Neheim als erstes von neun Kindern einer Arbeiterfamilie geboren, schloss sich Franz Stock in seiner Schulzeit dem Bund Neudeutschland und später der Quickbornbewegung an. 1926 nahm er das Studium der Theologie in Paderborn auf. Zu Ostern 1928 ging er für drei Semester nach Paris und studierte am Institut Catholique – als erster deutscher Theologiestudent in Frankreich seit dem Mittelalter. Am 12. März 1932 wurde Franz Stock durch den Paderborner Erzbischof Dr. Caspar Klein zum Priester geweiht und trat 1934 in Paris seine Stelle als Rektor der deutschen Gemeinde an, wo er auch politische Flüchtlinge aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei unterstützte. Kurz vor Ausbruch des Krieges musste er Paris verlassen, übernahm Vertreterstellen in Dortmund-Bodelschwingh und in der Nähe von Magdeburg. 1940 erneut zum Seelsorger der Deutschen in Paris ernannt, begann er mit seiner Tätigkeit in den Pariser Wehrmachtsgefängnissen Fresnes, La Santé und Cherche Midi, wo er die Häftlinge in den Gefängnissen betreute und über 2.000 Erschießungen beiwohnen musste. Die Franzosen gaben Franz Stock die Bezeichnung „L'Aumônier de l'enfer“ („Der Seelsorger der Hölle“) und „L'Archange en enfer“ („Der Erzengel in der Hölle“).
1945, nach dem Kriegsende, nahm Stock eine neue Aufgabe an: Die Gründung eines Priesterseminars im Kriegsgefangenenlager Dépôt 501 bei Chartres, das er bis 1947 als Regens leitete. Es ging unter der Bezeichnung „Stacheldrahtseminar“ in die Geschichte ein. Insgesamt 949 Dozenten, Priester, Brüder und Seminaristen aus Deutschland und Österreich waren im Verlauf der zwei Jahre dort. Am 24. Februar 1948 starb Abbé Franz Stock plötzlich, völlig entkräftet und noch keine 44 Jahre alt, in Paris.
Sein Tod durfte damals in der Presse nicht bekannt gegeben werden, da er noch immer den Status eines Kriegsgefangenen hatte. So folgte seinem Sarg nur ein knappes Dutzend Menschen, auch von der Familie konnte niemand an der Beisetzung teilnehmen, da sie keine Einreiseerlaubnis erhalten hatten. Nuntius Roncalli, der spätere Papst Johannes XXIII., nahm die Einsegnung des Toten vor und sagte dabei: „Abbé Franz Stock - das ist kein Name - das ist ein Programm!“
Am 3. Juli 1949 fand die erste öffentliche Feier zum Gedenken an Abbé Franz Stock in der Cathédrale Saint-Louis-des-Invalides in Paris statt, der Bischofskirche der französischen Armee – ein außergewöhnlicher Ort für das Gedenken an den Seelsorger durch frühere Internierte und Mitglieder der französischen Widerstandsbewegung. Abbé Jean Pihan, selbst zuvor Gefangener im Gefängnis Fresnes, würdigte das „Gedächtnis eines Mannes (...), der offiziell von einer feindlichen Nation beauftragt war, bei uns seine Aufgabe ausgerechnet zu der Zeit wahrzunehmen, als diese Nation unser Land besetzt hielt und bedrückte.“ Er erklärte u.a.:
„Doch der Mann, den wir ehren, dieser deutsche Staatsbürger, war ein Priester Jesu Christi, der sein Priestertum in großartiger Weise begriffen hat. Ich habe gesagt, er war deutscher Staatsbürger. Aber zuallererst war er Bürger jenes universalen Gottesstaates, jener Internationale der Geister, die wir die Kirche Jesu Christi nennen. (...) Der Priester, dessen Gestalt heute vor uns steht, hat das vielleicht nicht wörtlich gesagt, aber er hat durch sein Leben und seinen Tod bewiesen, daß es keinen Abgrund gibt, den christliche Liebe nicht auszufüllen vermag. Sein im Dienst der Brüder bis zur Hergabe seiner letzten Kräfte aufgebrauchter Leib, der jetzt in Erwartung der Auferstehung von den Toten im Acker des Friedhofs von Thiais verwest, reicht ihm, um den größten Abgrund auszufüllen, der jemals zwei Völker voneinander geschieden hat. Und wir alle, die wir in unserer Sorge um den Frieden, um Gerechtigkeit und Brüderlichkeit gelitten haben wie er - vielleicht sogar mehr oder auch weniger als er, was soll das schon bedeuten -, wir wollen ihm heute unseren Dank so laut zurufen, daß die kommenden Jahrhunderte uns noch hören, daß man später in einem befriedeten Europa, in einer endlich geeinten Welt es noch weiß, daß am Anfang ihres Friedens das schlichte Opfer eines Franz Stock steht, der ein Deutscher, ein Freund Frankreichs und Diener des universalen Christus gewesen ist.“
Seligsprechung und Domstatue: Das im November 2009 von Erzbischof Hans-Josef Becker eröffnete Seligsprechungsverfahren ist auf Bistumsebene abgeschlossen. Im Februar 2014 nahm die Vatikanische Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse das Verfahren in Rom auf. Seit dem 17. Mai 2018 erinnert eine Statue an der Südfassade des Paderborner Doms an Abbé Franz Stock. Sie ist ein Geschenk der Innenstadtgemeinden der Stadt an die Kathedrale. Anlass war das 950-jährige Weihejubiläum des Doms. Die durch den Paderborner Bildhauer Michale Diwo geschaffene Figur ist rund ein Meter hoch, 150 Kilogramm schwer und aus Thüster Kalkstein gefertigt. In den Händen hält die Figur ein Notizbuch als Symbol für die Aufzeichnungen, die Abbe Franz Stock zu Hunderten von Hinrichtungen machte.
Video-Portrait über Franz Stock: Ein im Auftrag des Franz-Stock-Komitees 2012 von Hans Peylo (MONDO-TV Production, Münster) produziertes Video-Portrait über Franz Stock gibt einen Überblick über die Lebensgeschichte Franz Stocks und sein friedensstiftendes Handeln. Das für das Internet konzipierte Video kann auch im Rahmen von Vorträgen, Unterricht und Ausstellungen eingesetzt werden. Das Video enthält auch Musiksequenzen aus dem Oratorium „VIDEO PACEM“, welches von Hartwig Diehl zum 50. Todestag von Franz Stock komponiert wurde. (1. Fassung Nov. 2012 / 2. leicht überarbeitete Fassung Juni 2013).
Franz-Stock-Komitee: Das 1964 gegründete Franz-Stock-Komitee für Deutschland e.V. im Sauerländischen Arnsberg setzt sich dafür ein, das friedens- und versöhnungsstiftende Wirken des Abbé Franz Stock bekannt zu machen. Kontakt: Franz-Stock-Komitee für Deutschland e.V. Rathausplatz 1, 59759 Arnsberg, Tel. 02932 / 9318804 oder Hauptstr. 11, 59755 Arnsberg, Tel. 02932 / 22050, E-Mail: info@franz-stock.de, Internet: www.franz-stock.org, Facebook: www.facebook.com/franzstock.org und Twitter: www.twitter.com/franzstockorg. Weitere Franz-Stock-Vereinigungen haben ihren Sitz in Paris und Chartres.
Dauerausstellung in Arnsberg-Neheim: Im historischen Neheimer Fresekenhof befindet sich die Dauerausstellung über das Leben und Wirken von Franz Stock und über die Auswirkungen auf die deutsch-französische Verständigung. 34 Tafeln zeigen Phasen seines friedenstiftenden Handelns dargestellt. Dazu bieten 10 Vitrinen vielfältige Dokumente aus seinem Leben, einschließlich Beispiele seines künstlerischen Schaffens. Besuche lassen sich gut mit einer Besichtigung des Franz-Stock-Denkmals sowie der Taufkapelle in der St. Johannes Kirche und einem Aufenthalt im Elternhaus Stock verbinden, das durch eine Stiftung 1997 zu einer Gedenk- und Begegnungsstätte hergerichtet worden ist. Nach entsprechender Vereinbarung können Ihnen Mitglieder unseres Vorstandes zur Führung und Betreuung während des Besuches zur Verfügung stehen. Der Eintritt ist frei. Geöffnet ganzjährig (nur) nach Terminabsprache. Es besteht auch die Möglichkeit Bücher und Broschüren vor Ort zu erwerben. Terminanfrage / Kontaktadresse, Flyer „Auf den Spuren von Franz Stock in Arnsberg-Neheim“.
Besucheradresse: Fresekenhof, Mendener Str. / Ecke Burgstr., 59755 Arnsberg-Neheim, für Navigationsgeräte: Fresekenplatz 6, 59755 Arnsberg.
Wanderausstellung über Franz Stock: Die informative Ausstellung „Franz Stock - Versöhnung durch Menschlichkeit“ ist derzeit vom 5. Juli bis 4. August 2019 in der Pfarrkirche St. Walburga, Stiftsplatz 1, 59872 Meschede zu sehen. Die Kirche ist täglich zwischen 9 und 18 Uhr geöffnet. Die Ausstellung besteht aus Medienwänden, auf denen Kindheit, Studium und Seelsorge Franz Stocks, die Gefängnisseelsorge in den Mont Valerien, sowie die Gefangenschaft gezeigt werden. Benutzer von Smartphones können sich über QR-Codes Filme ansehen, darüber hinaus ist der Zugriff auf eine englische beziehungsweise französische Übersetzung möglich. Ende des Jahres wird die Ausstellung auch noch im Landtag NRW zu sehen sein. Daran ist zu erkennen, welche Bedeutung Stocks Leben und Wirken bis auf den heutigen Tag hat. Weitere Informationen: https://franz-stock.org/index.php/de/aktuelles/aktuelles/40-ausstellung/1146.