Eltern am Limit: wegen Burn-Out in die Kur
Sonntag, 04.09.2016
In seiner Jahresbilanz weist das Müttergenesungswerk (MGW) auf eine erschreckende Entwicklung hin: von 49.000 Müttern, die 2015 eine Kur absolvierten, litten 87% unter Erschöpfungszuständen bis hin zum Burn-Out. Doppelt so viele, wie noch vor 15 Jahren.
In einer Pressemitteilung des MGW vom Juni 2016 heißt es dazu weiter: "Mehr als zwei Drittel der Mütter leiden unter Rückenschmerzen. Rund 60 Prozent haben Schlafstörungen. Als schlimmste Belastung geben drei Viertel der Mütter und Väter den ständigen Zeitdruck an. (…) Knapp ein Viertel der Mütter über 45 kümmert sich zudem um einen pflegebedürftigen Angehörigen." Gestützt werden diese Angaben u.a. auch durch eine Umfrage der Krankenkasse AOK vom August 2016. Von 1000 befragten Müttern und Vätern klagt fast die Hälfte über ständigen Zeitdruck. Geldnöte und die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf sorgen für zusätzlichen Stress.
Letzteres macht insbesondere den Vätern zu schaffen. Das Berufs- und Familienleben miteinander in Einklang bringen zu müssen, empfinden 60% als "große Belastung", so das Müttergenesungswerk. Zwar hätten 2015 lediglich 1.500 Männer eine Vater-Kind-Kur gemacht, doch das entspreche immerhin einer Steigerung um 24% gegenüber dem Vorjahr. Die Nachfrage von Männern nach Kuren nehme also zu, so das MGW. Hauptgrund für Gesundheitsstörungen sei auch bei ihnen die ständige Überlastung.
Die Finanzierung einer Kur gehört zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Das heißt, wenn eine entsprechende medizinische Notwendigkeit vorliegt und diese vom Arzt attestiert wird, haben Mütter und Väter in Erziehungsverantwortung alle vier Jahre einen gesetzlichen Anspruch auf eine Mütter-Kur, Mutter-Kind-Kur oder Vater-Kind-Kur. Auch wer einen Angehörigen pflegt, hat seit 2012 einen gesetzlichen Anspruch auf eine Kurmaßnahme.
Bei der Beantragung und Durchsetzung einer Kur helfen die entsprechenden Beratungsstellen des Müttergenesungswerkes und der freien Wohlfahrtsverbände (AWO, Rotes Kreuz, Diakonie, Caritas etc.). Sie leisten im ersten Schritt eine individuelle und kostenlose Beratung. Schritt zwei ist ein Besuch beim Arzt, der mittels Attest die medizinische Notwendigkeit einer präventiven oder kurativen stationären Maßnahme bestätigen muss. Danach folgt der eigentliche Antrag an die Krankenkasse. Auch dabei helfen die Kurberater wie Annette Lünnemann von der Caritas in Münster: "Auch wenn eine Kur abgelehnt wird, ist es so, dass wir beim Widerspruch behilflich sind. Die Hürden sind im Moment relativ gering, weil das Genehmigungsverfahren der Krankenkassen seit einiger Zeit gut ist."
Das war nicht immer so. Noch 2012 gab es bei den Krankenkassen Ablehnungsquoten von 35%. Gesetzesänderungen haben dazu geführt, dass aktuell nur noch rund 10% der Kuranträge abgelehnt werden. Dagegen kann jede(r) Antragsteller/in Widerspruch einlegen.
Weitere häufig gestellte Fragen rund um die Kur beantwortet eine Internetseite der Caritas.