Erntedank: Essen ist mehr als "nur" Nahrung
Sonntag, 05.10.2014
Ein Stück Schokolade macht nicht unbedingt satt, dafür aber glücklich. Vielleicht rührt daher das Sprichwort "Essen hält Leib und Seele zusammen". Lebensmittel sollen schmecken und satt machen, aber das sind bei weitem nicht die einzigen Funktionen.
"Essen ist ein Bekenntnis", sagt zum Beispiel der Bonner Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Gunther Hirschfelder: "Mit dem Essen kann ich eine Ideologie und einen persönlichen Lebensstil nach außen zeigen." Egal ob Fast-Food-Junkie, Gourmet oder Öko-Fans: Der Markt für Lebensmittel bedient heute alle möglichen sozialen oder politischen "Geschmäcker", vom Hamburger bis zum politisch-korrekten Bio-Ei.
Der Satz "Sag mir was Du isst, und ich sag Dir, wer Du bist" stimmt aber auch noch auf ganz anderen Gebieten, so Gunther Hirschfelder: "Es gibt einen riesigen Markt weltweit für Essen, das bestimmten, religiösen Vorschriften gehorcht - das koschere Essen im Bereich der jüdischen Religion, (…) und vor allem in der islamischen Welt einen zunehmenden Markt von Halal, also erlaubtem Essen von entsprechend geschächteten Tieren."
Neben Lifestyle-Produkt, Glaubenssache oder politischem Statement wird Essen künftig auch immer stärker ein Mittel zur Lebensverlängerung – nicht nur, weil sich immer mehr Menschen bewusster und damit gesünder ernähren, meint der Kulturforscher: "Essen wird sozusagen auch Medikament. In Zukunft werden (...) viele industrielle Nahrungsmittelprodukte zu uns kommen, die so auf Grenzlinie zwischen Medikament und Ernährung sind."
So, wie sich Essgewohnheiten im Laufe der Zeit wandeln, verändern sich auch die Funktionen des Essens. Einige sind allerdings so archaisch, dass sie bis heute unverändert wirken. Essen soll satt machen und Energie liefern. Wenn es dann auch noch schmeckt – umso besser. Eines sollte man aus Sicht von Prof. Dr. Gunther Hirschfelder nicht unterschätzen: "Essen ist an erster Stelle ein sozialer Akt. Essen stiftet Identität. Essen in Gemeinschaft bringt erst soziale Gruppen und Kommunikation und Vertrauen hervor. Und Essen und die soziale Seite sind eigentlich viel wichtiger als die Stoffliche beim Essen. Wir sind ja keine Tiere oder Maschinen."