Erntedank in Zeiten von Krieg und Krise
Sonntag, 02.10.2022
Am ersten Sonntag im Oktober erinnern die christlichen Kirchen in Deutschland mit dem Erntedankfest daran, dass der Mensch und die ihn umgebende Natur das Ergebnis von Gottes Schöpfung sind. Die Altäre werden mit Früchten aus Feld und Garten dekoriert.
Auch die Menge und Güte menschlicher Arbeit – zum Beispiel in der Landwirtschaft - wird als ein Zeichen des Segens Gottes verstanden, weil trotz aller menschlichen Bemühungen zu säen, zu pflügen u.v.m. der Ertrag der Ernte doch unverfügbar ist. Zum Dank werden in den Kirchen deshalb die Altäre reich geschmückt mit Obst, Getreide, Gemüse, Brot und Wein. Teile der Jahresernte werden also symbolisch vor Gott gebracht. So soll deutlich werden, dass wir den Ertrag unserer Arbeit und unseres Lebens zu großen Teilen nicht uns selbst zuschreiben können. Im Letzten ist und bleibt Gott der Geber von allem, was wir zur Verfügung haben.
Dieses Gefühl der Abhängigkeit von einer höheren Macht findet sich in vielen Religionen und Völkern. Deshalb ist nicht verwunderlich, dass Erntefeste schon in der Antike gefeiert wurden. Das Judentum z.B. feierte schon früh das Wochenfest an Pfingsten und das Laubhüttenfest im Herbst. Auch in vorchristlich-römischen Bräuchen sind Erntefeste belegt. In der christlichen Kirche werden sie seit dem 3. Jahrhundert gefeiert.
Gerne wird in den Erntedank-Gottesdiensten Bezug genommen auf den Schöpfungsauftrag Gottes an die Menschen, wie er schon auf den ersten Seiten der Bibel im 1. Buch Mose (Genesis), Kapitel 1, Vers 28 -31 festgehalten ist: „Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht. Und Gott sprach: Sehet da, ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen, auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, die Samen bringen, zu eurer Speise. Aber allen Tieren auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm, das auf Erden lebt, habe ich alles grüne Kraut zur Nahrung gegeben. Und es geschah so. Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag.“
Aus christlicher Sicht ist der Auftrag an die Menschen, sich die Erde „untertan“ zu machen und über alle Tiere zu „herrschen“ nicht als göttlicher Freifahrtschein misszuverstehen, nach dem alles, was Menschen möglich ist, automatisch auch erlaubt ist. Vielmehr gilt es zu begreifen, dass der Mensch selbst Teil der Schöpfung ist und mit seinem Tun an Gottes guter Schöpfung mitwirkt. Die Achtung vor eben dieser der Schöpfung verlangt aber „von allen Menschen den respektvollen Umgang mit der Natur und ihren Gaben. Sie ist eine zentrale Voraussetzung für die anhaltende Fruchtbarkeit und Gesundheit des Bodens und des Viehs, der Grundstein für all das, was heute als nachhaltiges Wirtschaften bezeichnet wird“ – so formulierten es zum Beispiel die evangelischen Kirchen und katholischen Bistümer in Westfalen und Lippe 2005. Nach christlichem Verständnis sind deshalb z.B. gezielte verändernde Eingriffe in das Erbgut von Pflanzen, Tieren und Menschen aber auch der verantwortungslose Umgang mit Lebensmitteln mit dem Respekt vor Gottes Schöpfung nicht vereinbar.