Erster Militär-Rabbiner seit über 100 Jahren
Sonntag, 08.08.2021
Die rund 100 evangelischen und knapp 90 katholischen Militärseelsorger bekommen Verstärkung: Zsolt Balla (Foto) ist der erste jüdische Militärseelsorger in der Bundeswehr und gleichzeitig der erste Militärrabbiner in Deutschland seit über 100 Jahren.
Der 42jährige gebürtige Ungar wurde am 21. Juni 2021 in der Leipziger Synagoge in sein neues Amt eingeführt. Die Feierstunde, an der unter anderem auch Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, und der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer teilnahmen, wurde vom Mitteldeutschen Rundfunk MDR live übertragen. Das Video ist hier verfügbar.
Gegenüber dem MDR sagte Zsolt Balla: „Wir haben immer noch diese historischen Reflexe, dass es für eine jüdische Person komisch ist, in der deutschen Bundeswehr zu dienen. Aber wir können sehen, dass sich die Welt geändert hat. Unser Ziel ist, dass es normal für einen jüdischen Soldaten ist, in der Bundeswehr zu dienen.“ Der Deutsche Bundestag hatte im Mai 2021 einem Vertrag mit dem Zentralrat der Juden zugestimmt und damit den Weg frei gemacht für eine Wiederbelebung der jüdischen Militärseelsorge in Deutschland. Der Präsident des Zentralrates, Dr. Josef Schuster, sagte dazu gegenüber dem MDR: „Es geht auch darum, mit jüdischen Militärseelsorgern Menschen in der Bundeswehr zu haben, die im sogenannten lebenskundlichen Unterricht ganz authentisch über Judentum und jüdisches Leben berichten können.“
Zsolt Balla wuchs in einem atheistischen Elternhaus auf, sein Vater war Offizier in der ungarischen Armee. Erst vor dem Ingenieursstudium entdeckte er seine jüdischen Wurzeln und schrieb sich am orthodoxen Rabbinerseminar in Berlin ein. Seit zwölf Jahren ist Balla Gemeinderabbiner in Leipzig und seit 2019 zudem Landesrabbiner von Sachsen. Seiner Gemeinde wird der 42-Jährige erhalten bleiben. Balla bleibt außerdem Vorsitzender der Orthodoxen Rabbinerkonferenz. Mehr Infos hier.
Evangelische und katholische Militärseelsorger gibt es in der Bundeswehr bereits seit 1957. Derzeit sind rund 100 evangelische und noch einmal knapp 90 katholische Geistliche bei der Truppe im Einsatz. Von Seiten der Bundeswehr heißt es über die Zusammenarbeit mit den Kirchen: „Gemäß Soldatengesetz hat der Soldat einen Anspruch auf Seelsorge und ungestörte Religionsausübung. Die Evangelische und die Katholische Kirche leisten durch die vertraglich vereinbarte Militärseelsorge einen unverzichtbaren Beitrag zur seelsorglichen Betreuung von Soldatinnen und Soldaten und deren Angehörigen. (…) Die Militärseelsorge bietet ihre Dienste an, im täglichen Dienst, aber auch in Übung und Einsatz, egal ob an Land oder auf See, in Deutschland oder an ausländischen Standorten. Sie ist dabei Ort der Begegnung, des Gesprächs, der Hilfe und inneren Einkehr. Die Evangelische und die Katholische Militärseelsorge stellen hierzu ein umfangreiches Angebot bereit. Die Militärseelsorge arbeitet dabei interdisziplinär mit den Familienbetreuungszentren, dem Sozialdienst, dem Sanitätsdienst und dem psychologischen Dienst der Bundeswehr zusammen.“