Fairtrade Deutschland feiert 30jähriges Bestehen
Sonntag, 20.02.2022
36 Mitgliedsorganisationen – darunter zahlreiche aus dem Bereich der Kirche wie etwa Brot für die Welt und Misereor – tragen gemeinsam die Fairhandels-Organisation Fairtrade Deutschland. Sie wurde 1992 unter dem Namen TransFair e.V. gegründet.
„Was als kleine Initiative begann, ist heute eine beispiellose Erfolgsgeschichte“, heißt es in einer Pressemitteilung von Fairtrade Deutschland vom 18. Januar 2022 aus Anlass ihres 30jährigen Bestehens: „Über 7.800 Produkte tragen mittlerweile ein Siegel und 470 Lizenzpartner aus ganz Deutschland bieten zertifizierte Waren an – und tragen somit zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Kleinbäuerinnen und -bauern sowie Arbeiterinnen und Arbeitern im globalen Süden bei. »Fair gehandelte Produkte haben sich in den letzten Jahren durchgesetzt und sind aus den Supermärkten nicht mehr wegzudenken«, sagt Dieter Overath, Vorstandsvorsitzender von Fairtrade Deutschland. »Fairtrade ist allerdings weit mehr als ein Nachhaltigkeitssiegel: Seit drei Jahrzehnten vernetzen wir Engagierte in und über Deutschland hinaus, wirken auf politischer Ebene und setzen im Handel neue Maßstäbe«, so Overath, der die Geschäfte des Vereins seit der Gründung 1992 leitet. Neben 36 Mitgliedsorganisationen unterstützen knapp 1600 Städte und Schulen sowie 35 Universitäten die Bewegung in Deutschland.“
Das 30jähige Bestehen soll am 10. Juni 2022 mit einem großen Jubiläumsfest in Berlin gefeiert werden. Passend dazu ist eigens eine Jubiläums-Website online gegangen. Die Seite gibt einen Überblick über die geplanten Aktionen wie die „FairCon“ für junge Leute am 10. Juni und die Festveranstaltung am gleichen Tag mit Gästen aus Politik und Gesellschaft.
Die Wurzeln des fairen Handels in Deutschland reichen zurück bis ins Jahr 1970. Kirchliche Jugendverbände protestierten damals gegen ein Handelssystem, das die Länder der „Dritten Welt“ nur als Rohstofflieferanten sah, ihnen die Preise diktierte und sie ausbeutete. Von diesen Anfängen berichtet zum Beispiel Berthold Burkhardt, damals Jugendreferent im Dekanat Pforzheim, auf der Internetseite des evangelischen Hilfswerks Brot für die Welt: „1970 zogen wir in Hungermärschen durch die Städte und über die Dörfer. Vorher haben wir Sponsoren gesucht, die für jeden Kilometer einen bestimmten Betrag spendeten. Wenn man dann 20 Kilometer gelaufen war, hatte man eine hübsche Summe zusammen, die an bestimmte Hilfsprojekte gespendet wurde. Wir sammelten dabei aber nicht nur Geld, sondern wollten auch darauf aufmerksam machen, dass noch immer ein nachkoloniales Ausbeutungssystem existierte. (...) Das haben wir angeprangert.“
Diese „Hungermärsche“ waren so etwas wie die Geburtshelfer des fairen Handels. Ab September 1970 verkauften Kirchengemeinden und Aktionsgruppen fair gehandeltes Kunsthandwerk aus Asien, Afrika und Lateinamerika an. Kurze Zeit später gab es dann auch fair gehandelten Kaffee zu kaufen - das bis heute erfolgreichste Produkt. Das Sortiment wurde stetig erweitert: Schokolade, Spielzeug, Trockenfrüchte, Tee, Geschenkartikel und sogar Fußbälle. Heute – über 50 Jahre später – sind fair gehandelte Waren nicht mehr nur in Weltläden erhältlich, sondern auch in fast jedem Supermarkt.
Das Statistik-Portal Statista schreibt über den fairen Handel: „Im Jahr 2020 gaben die Konsumenten in Deutschland rund 1,9 Milliarden Euro für fair gehandelte Waren aus. Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Umsätze mit Fair Trade-Produkten im Corona-Jahr 2020 etwas zurück. Deutschland zählt dabei zu einen der wichtigsten Absatzmärkte fair gehandelter Produkte. Weltweit summierte sich der Umsatz mit Fairtrade-Produkten im Jahr 2018 auf rund 9,8 Milliarden Euro.“
Von dem Trend profitiert auch das von den Kirchen vor gut 40 Jahren mitbegründete Fair-Handelsunternehmen GEPA mit Sitz in Wuppertal. Eigenen Angaben zufolge ist die GEPA ("Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt") europaweit das größte Unternehmen, das direkt mit Kleinproduzenten zusammenarbeitet und dabei großen Wert auf die Einhaltung internationaler Standards des fairen Handels legt. Hierzu zählt u.a. die Überprüfung der Lieferkette.
Der faire Handel zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass mit den Bauern und Handwerksbetrieben in Entwicklungsländern langfristige Lieferverträge abgeschlossen werden (z.B. für Kaffee- und Kakaobohnen, aber auch für Blumen, Reis, Weine, handgenähte Fußbälle u.v.m.), so dass der Erlös für die Produzenten nicht den kurzfristigen Schwankungen der Weltmarktpreise unterliegt. Auch ist die Bezahlung generell höher, es wird auf umweltschonende Produktionsmethoden geachtet und die Produzenten werden strukturell unterstützt – z.B. bei der Anschaffung von Maschinen. So werden aus billigen Zulieferern gleichberechtigte Handelspartner, die sich Dank fairer Preise eine dauerhafte Existenzgrundlage aufbauen können. Zu erkennen sind fair gehandelte Produkte, die es mittlerweile auch in Supermärkten zu kaufen gibt, u.a. an dem Siegel von Transfair Deutschland.