Foodsharing: Essen teilen statt wegwerfen
Sonntag, 08.03.2015
Im Dokumentarfilm "Taste the waste" aus dem Jahr 2011 stellt der Journalist Valentin Thurn fest: Die Hälfte aller weltweit produzierten Lebensmittel landet im Müll – allein in Deutschland seien das jährlich 20 Millionen Tonnen. Doch es geht auch anders.
Das zeigt u.a. die Aktion des Kölner DJs Christian Horsters, der nach eigenen Angaben jede Woche im Stadtgebiet rund 5.000 Kilo Backwaren einsammelt und sie bei der evangelischen Thomaskirche in Köln und weiteren Ausgabestellen abliefert. Jeden Dienstag lädt die Gemeinde unter dem Motto "Retten Sie Brot" von 10 bis 15 Uhr zum sogenannten "Foodsharing" ein: Ehrenamtliche verteilen dann Brötchen, Brot und Kuchen vom Vortag. Abnehmer seien alleinerziehende Mütter und Hartz IV-Bezieher, erklärt die Pfarrerin Eva Esche. Es kämen aber auch viele Gemeindeglieder, "die wir im Gottesdienst dazu eingeladen haben".
Die Resonanz zeigt nach Ansicht von Initiator Christian Horsters, dass Foodsharing nicht nur etwas für Bedürftige ist, die vielleicht aus Scham den Gang zur Lebensmittelausgabe der "Tafeln" scheuen. Auch "normale" Bürger ließen sich von der Idee ansprechen, völlig intakte Lebensmittel lieber untereinander zu verteilen, als sie in den Müll zu werfen. Allein in Köln gibt es inzwischen 14 Foodsharing-Verteilstationen.
Wie groß das Problem der Lebensmittelverschwendung ist, zeigte vor vier Jahren eine Befragung, die vom Bundesministerium für Verbraucherschutz durchgeführt wurde. Der zufolge werfen 84% der befragten Bundesbürger Lebensmittel weg, weil sie verdorben sind oder weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist. Dabei sind viele Nahrungsmittel auch nach Ablauf des Datums noch gefahrlos zu verzehren. "Wenn Farbe, Konsistenz und Geruch in Ordnung sind, kann das Produkt auf den Tisch", heißt es dazu z.B. im Apothekenmagazin "BABY und Familie". Ausnahmen seien leicht verderbliche Waren wie zum Beispiel Hackfleisch. Das soll nach Ablauf des Verbrauchsdatums auf jeden Fall entsorgt werden. Weitere Ergebnisse: Ein Viertel der Befragten entsorgt Lebensmittel, weil sie zu viel davon eingekauft haben, 19% machten zu große Packungen verantwortlich und 16% gaben an, Essen in den Müll zu geben, weil es ihnen nicht schmeckt. Statistisch gesehen landen deshalb jedes Jahr pro Familie 100 Kilo Lebensmittel im Müll.
Nicht nur in den reichen Industriestaaten wandern Nahrungsmittel in die Tonne. In armen Ländern verdirbt Nahrung meist, weil geeignete Lager und Verpackungen fehlen. Nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO geht so etwa ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion als Abfall verloren. "Der Auftakt eines schlimmen Kreislaufs: Je mehr Essen im Müll landet, desto stärker wächst die Nachfrage nach Rohstoffen. Die Preise steigen, arme Menschen können die Nahrung nicht mehr bezahlen", schreibt dazu das Verbraucherportal www.test.de