Hartz IV: Weihnachten wird es immer eng
Sonntag, 14.12.2014
Kinder und Familien, die von staatlichen Unterstützungsleistungen leben, spüren gerade in der Advents- und Weihnachtszeit, wie sehr ihre Armut sie ausschließt. In den Regelsätzen von Hartz IV ist das Fest schlicht nicht vorgesehen.
Konnten Bedürftige in den Jahren vor den Hartz-Reformen beim Sozialamt noch Extrazahlungen zum Beispiel für Winterbekleidung oder Heizkostenbeihilfe beantragen, müssen sie heute ihren gesamten Bedarf aus den sogenannten Regelsätzen bestreiten. Die sehen für Alleinerziehende monatlich 391 Euro vor, für Paare/Bedarfsgemeinschaften gibt es 353 Euro, für Kinder bis sechs Jahre sind es 229 Euro pro Monat und für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren 296 Euro. Bei ihnen sind in diesem Betrag zum Beispiel 40 Euro pro Monat für Bekleidung und Schuhe enthalten, sieben Euro für Gesundheitspflege und 31 Cent für Bildung. Für Nahrungsmittel und Getränke werden 134,16 Euro veranschlagt – umgerechnet also 4,46 Euro pro Tag.
Kirchen und Wohlfahrtsverbände kritisieren seit langem, dass die Regelsätze so knapp kalkuliert sind, dass sie schon unter normalen Umständen keine ausreichende Versorgung und umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sicherstellen. Es sei den Betroffenen deshalb auch nicht möglich, von den ohnehin schmalen monatlichen Budgets Geld für größere Anschaffungen zurückzulegen, wie es der Gesetzgeber fordert. Zwar sollen die Hartz IV-Sätze ab dem 1. Januar 2015 je nach Personengruppe um fünf bis acht Euro steigen. Das sei aber noch immer zu wenig, kritisiert z.B. der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband und fordert einen Satz von mindestens 447 Euro.
Und so stellt besonders die Winterzeit arme Familien vor große Probleme: zu den dann oft anfallenden Ausgaben für warme Kleidung und Schuhe, aus denen die Kinder herausgewachsen sind, kommen Beträge für Bastelaktionen in Schule oder Kindergarten und die Verlockungen der Weihnachtsmärkte und Geschenkprospekte, die viele Wünsche wecken. Aber weder für Weihnachtsgeschenke noch für Kerzen sehen die aktuellen Hartz IV-Sätze einen entsprechenden Betrag vor. Selbst die Pauschale für einen Adventskranz oder Weihnachtsbaum wurde 2011 mit dem Betrag für Schnittblumen aus dem Regelsatz gestrichen.
Wer eine bedürftige Familie privat unterstützen möchte, muss aufpassen, dass sich die Hilfe nicht ins Gegenteil verkehrt. Denn laut Gesetzestext dürfen Geschenke "die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nicht gerechtfertigt wären". Arbeitslosen- und Sozialberater empfehlen deshalb, von Geldüberweisungen ganz abzusehen und keine Geschenke über 10 Euro zu machen, weil streng genommen der Gegenwert größerer Sachgeschenke an das Amt zurückgezahlt werden müsste.
Im Jahresdurchschnitt 2014 waren rund 4,45 Millionen Menschen auf Hartz IV angewiesen. Insgesamt leben in Deutschland aktuell (Stand Okt. 2014) 1,9 Millionen Kinder unter 18 Jahren in Familien mit Hartz IV Bezug.