Himmlisches Farbenspiel mit Symbolkraft

von Dejan Vilov

Sonntag, 15.09.2024

Regenbogen über einem Fluss
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Wenn Wassertropfen in der Luft das Sonnenlicht brechen, entsteht ein Regenbogen. (Foto: Pixabay)

Wenn Wassertropfen in der Luft von Sonnenstrahlen getroffen werden, wird das Licht gebrochen und dabei in seine farbigen Bestandteile (Spektralfarben) zerlegt. So entsteht ein Regenbogen. Das bunte Farbenspiel hat aber auch symbolischen Charakter.

In der griechischen Mythologie zum Beispiel wird der Regenbogen mit der Göttin Iris in Verbindung gebracht, die als Botschafterin der Götter fungierte. Iris war eine Vermittlerin zwischen Himmel und Erde, und der Regenbogen war das Mittel, über das sie ihre Botschaften überbrachte. Als Tochter des Meeresgottes Thaumas und der Okeanide Elektra verband sie die Elemente Wasser und Luft, weshalb der Regenbogen oft als eine Brücke zwischen den Welten interpretiert wurde. Er symbolisierte göttliche Kommunikation und Harmonie zwischen den Göttern und den Sterblichen. Der Regenbogen war in der griechischen Vorstellung ein Zeichen für den göttlichen Willen und die Verbindung der sterblichen Welt mit den übernatürlichen Kräften.

In der Bibel erscheint der Regenbogen im Buch Genesis als Zeichen des Bundes Gottes mit Noah nach der Sintflut. Gott versprach, die Menschheit nie wieder durch eine Flut zu vernichten, und setzte den Regenbogen als Symbol dieses Bundes in die Wolken: „Meinen Bogen setze ich in die Wolken; der soll das Zeichen des Bundes sein zwischen mir und der Erde“ (Genesis, Kapitel 9, Vers 13). In diesem Zusammenhang steht der Regenbogen für Versöhnung, Frieden und das göttliche Versprechen der Gnade und des Schutzes. Er ist ein positives Symbol für Hoffnung und das Ende einer zerstörerischen Zeit.

Erste Regenbogen-Fahnen tauchten bereits vor 500 Jahren zur Zeit der Reformation auf, schreibt das evangelische „Sonntagsblatt“: „Im Bauernkrieg 1525 führte der Theologe Thomas Müntzer bewaffnete Bauern an. Als Zeichen ihres Bundes mit Gott und als Symbol ihres Aufstandes trugen sie eine weiße Fahne mit einem Regenbogen.“ Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann dann der Siegeszug des Regenbogens als Friedenssymbol. Dazu heißt es im Sonntagsblatt weiter: „1913 hatte der US-amerikanische Geistliche James William van Kirk anlässlich des Weltfriedenskongresses eine »World Peace Flag« (Friedensflagge) kreiert mit Regenbogenstreifen, Sternen und einem Globus. Seit 1961 verwendet die Friedensbewegung die Farben des Regenbogens auf ihren Fahnen mit dem weißen Schriftzug "Pace" für Frieden. Dabei sind die sieben Farben von Violett (oben) nach Rot angeordnet, stehen also in Bezug auf den natürlichen Regenbogen kopfüber.“

In den 1960er und 1970er Jahren wurde die Regenbogenfahne auch populär in der Anti-Atomkraft-Bewegung und bei Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg. Mit ihren bunten Farben steht sie für Einheit, Harmonie und den Wunsch nach einem friedlichen Miteinander in einer vielfältigen Welt. Das Bild des Regenbogens, das verschiedene Farben vereint, symbolisiert den Wunsch nach globalem Frieden und Verständigung, unabhängig von Rasse, Religion oder Nationalität.

Heute ist der Regenbogen wohl am stärksten mit der LGBTQ-Bewegung assoziiert. Die Regenbogenflagge, die 1978 vom Künstler Gilbert Baker entworfen wurde, ist das weltweit anerkannte Symbol für die Rechte und die Sichtbarkeit von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender-Personen und anderen queeren Menschen. Jede Farbe des Regenbogens steht in der queeren Community für verschiedene Aspekte des Lebens und der Identität: Rot symbolisiert das Leben, Orange steht für Heilung, Gelb für Sonnenlicht, Grün für Natur, Blau für Harmonie und Violett für Geist. Der Entwurf von Gilbert Baker enthielt neben diesen sechs Farbtönen noch zwei weitere: Pink stand für Sexualität und Türkis für die Kunst. Weil ein grelles Pink damals nicht industriell herstellbar war, wurde der Streifen weggelassen und ein Jahr später (1979) auch der türkisfarbene.

Der Regenbogen am Himmel besteht aus sieben Farben: Seine Außenseite und damit der größte Bogen ist Rot. Darunter folgen dann Orange, Gelb, Grün, Hellblau, Indigo und Violett. Das Phänomen und die Unterteilung in genau sieben Farben wurde vor 300 Jahren von Isaac Newton wissenschaftlich beschrieben. Bei der Regenbogenfahne der Friedensbewegung ist die Reihenfolge der Farben genau umgekehrt: Hier sind die sieben Farben von Violett (oben) nach Rot (unten) angeordnet.

Sonntag, 15.09.2024