Homeschooling deckt soziale Schieflage auf
Sonntag, 28.06.2020
Nach den Corona bedingten Schulschließungen Mitte März 2020 fand der Unterricht über Wochen nur noch digital statt. Hausaufgaben wurden elektronisch verschickt und zu Hause am PC bearbeitet. Genau das stellte Zehntausende Schüler vor riesige Probleme.
Betroffen waren insbesondere Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien. Dort fehlt es oftmals an geeigneten Endgeräten wie Computer, Drucker, Tablet oder Smartphone, damit die Schüler den Kontakt zu ihren Lehrern bzw. Schulen halten können. Internet- und WLAN-Verbindungen mit schmaler Bandbreite oder fehlende Freiminuten verschlimmern das Problem zusätzlich, was unter dem Strich dazu führt, dass die Kinder regelrecht abgehängt werden.
„Homeschooling setzt voraus, dass ich die technischen Möglichkeiten habe, die Schulaufgaben überhaupt zu bekommen“, sagt Andrea Hillebrand vom Diakonischen Werk Bonn und Region. „Das Smartphone ist die Minimallösung, um hier mithalten zu können.“ Doch längst nicht jedes Kind verfüge über ein eigenes Gerät. Wie gut die technische Ausstattung einer Familie ist, werde hauptsächlich durch das verfügbare Haushaltseinkommen entschieden, so Hillebrand. Oder anders ausgedrückt: Wo das Geld knapp ist, fehlen moderne Kommunikationsmittel, und darunter leidet in Pandemiezeiten die Bildungsgerechtigkeit.
Das Thema „digitaler Unterricht“ zeigt für Andrea Hillebrand ganz deutlich, „dass ein Teil unserer Gesellschaft, dass vor allem Kinder in unserer Gesellschaft systematisch abgehängt werden.“ Die Diakonie-Mitarbeiterin begrüßt deshalb auch einen Beschluss des Landessozialgerichts Essen vom 22.5.2020. Dort heißt es: Solange es wegen Corona keinen Präsenzunterricht gibt, haben Kinder aus Hartz-4-Familien grundsätzlich Anspruch auf eine Sonderzahlung, um einen internetfähigen Computer anschaffen zu können.
Bereits Ende April 2020 hatte die Bundesregierung 500 Millionen Euro für den Unterricht am heimischen Computer zur Verfügung gestellt. Bedürftige Schüler sollen dadurch einen Zuschuss von 150 Euro für die Anschaffung von entsprechenden Geräten erhalten. Die Diakonie Bonn und Region bietet Familien entsprechende Unterstützung an, sagt Andrea Hillebrand: „Als Wohlfahrtsverband der Kirche setzen wir uns aktiv dafür ein, dass die Menschen ihren Anspruch geltend machen können. Wir unterstützen sie dabei, wirklich Mittel zu beantragen. Im Zweifel begleiten wir sie aber auch dabei, den Rechtsweg einzuschlagen.“
Dank einer großzügigen Spende habe die Bonner Diakonie den Betroffenen aber auch ganz konkret helfen können, so Hillebrand weiter; „Wir haben von einem Großhändler aus Königswinter 1.500 Smartphones zur Verfügung gestellt bekommen, die wir verteilen an Kinder und Jugendliche, die im Moment abgehängt sind und die darauf ganz dringend angewiesen sind.“