Im Wandel: Deutsche Gemeinde in Florenz
Sonntag, 27.06.2021
Annette Herrmann-Winter arbeitet dort, wo andere Urlaub machen: Die Pfarrerin der hessischen Kirche leitet zurzeit die deutschsprachige evangelisch-lutherische Gemeinde in Florenz. Das Einzugsgebiet umfasst unter anderem auch Pisa und die Emilia Romagna.
„Es ist ein riesiges Gebiet“, sagt Annette Herrmann-Winter. „Für mich als Pfarrerin bedeutet das: viel reisen. Die Sonntage, die ich keinen Gottesdienst in Florenz habe, die bin ich entweder in Pisa oder in der Emilia Romagna.“ Florenz ist eine von insgesamt 15 Gemeinden der lutherischen Kirche in Italien, die über das ganze Land verstreut sind. Die Lutheraner sind – ebenso wie die evangelischen Valdenser – eine eigenständige Kirche, die vom italienischen Staat anerkannt ist und auch die „otto per mille“-Gelder erhalten kann - also Spenden bzw. die Steuer, die man auch auf diese Weise auf verschiedene Empfänger verteilen kann.
Annette Herrmann-Winter wird nur maximal zwei Jahre in Florenz bleiben: „Das ist jetzt quasi so ein Interimspfarramt um eine Bestandsaufnahme zu machen, was im Moment ist und wie die Zukunft für die Gemeinde in Florenz aussehen kann.“ Ihre Aufgabe ist es, einen Zukunftsprozess einzuläuten und auf dieser Grundlage dann die Ausschreibung für die nächste Stellenbesetzung vorzubereiten. Die Entsendung erfolgt in der Regel für sechs Jahre über die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in Kooperation mit der lutherischen Kirche in Italien. In besonderen Fällen kann diese Zeit einmal um drei Jahre verlängert werden.
Die deutschsprachige evangelisch-lutherische Gemeinde in Florenz entstand um 1900 herum und wurde vor allem durch viele Frauen geprägt, die bis in die 70er Jahre hinein der Liebe wegen nach Italien auswanderten und dort ein neues Leben begannen. Das ist zum Teil immer noch so: Die Gemeindemitglieder sind bis heute häufig Frauen, die Italiener geheiratet haben und dann nach Italien gingen. Daneben suchen aber auch Deutsche, die beruflich in Italien zu tun haben, den Kontakt zur Gemeinde.
„Bei uns docken auch viele Katholiken an“, sagt Pfarrerin Annette Herrmann-Winter. „Ich glaube, das Zentrum ist nicht so sehr, dass man lutherisch ist, sondern dass man deutschsprachig ist, wobei wir eigentlich bilingual sind. Zwar werde die Predigt auf Deutsch gehalten, aber ansonsten sei der Gottesdienst zweisprachig, „weil die Menschen, die sich für evangelisch sein interessieren, auch zunehmend mehr Italiener sind.“