Internationaler Karlspreis

von Christof Beckmann

Donnerstag, 09.05.2024

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Vor 75 Jahren entstand die Idee und längst ist er einer der angesehensten Preise: Der Internationale Karlspreis zu Aachen geht an den Vorsitzenden der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, und an die jüdischen Gemeinschaften Europas.

INFO: Der diesjährige Internationale Karlspreis zu Aachen geht an den Vorsitzenden der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, und an die jüdischen Gemeinschaften Europas. Mit dem Karlspreis solle Goldschmidts Wirken „für den Frieden, die Selbstbestimmung der Völker und die europäischen Werte, für Toleranz, Pluralismus und Verständigung“, erklärte das Direktorium der Gesellschaft für die Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen. Zudem hob die Jury Goldschmidts Einsatz für den interreligiösen Dialog zwischen Juden und Christen sowie zwischen Juden und Muslimen hervor. Mit der Auszeichnung solle ein Zeichen gesetzt werden, „dass jüdisches Leben selbstverständlich zu Europa gehört und in Europa kein Platz für Antisemitismus sein darf“, hieß es.

Der Preisträger: Pinchas Goldschmidt kam am 21. Juli 1963 als Sohn einer eingesessenen Rabbbiner-Familie in Zürich zur Welt. Er studierte in Israel und den USA, machte 1985 an der amerikanischen Johns-Hopkins-Universität in Baltimore den Master in Naturwissenschaften und wurde 1987 in Israel als Rabbiner ordiniert. Mit seiner Familie zog er 1989 in die damalige Sowjetunion, übernahm 1993 das Amt als Oberrabbiner von Moskau, baute ein Rabbinatgericht auf und war an der Gründung weiterer Strukturen und Organisationen für jüdisches Leben beteiligt. Nach einem Aufenthalt in Israel wurde ihm 2005 die Wiedereinreise nach Russland verweigert. Erst nach internationalen Protesten konnte Goldschmidt drei Monate später in seine Gemeinde zurückkehrten. Kurz nach dem von ihm heftig kritisierten Kriegsbeginn in der Ukraine verließ er nach fast 30 Jahren mit seiner Ehefrau die russische Hauptstadt und ging im März 2022 nach Jerusalem, um seine Gemeinde zu schützen. Seit Juli desselben Jahres ist er auch nicht mehr Oberrabbiner von Moskau.
Pinchas Goldschmidt ist seit 2011 Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER). Seitdem die Konferenz europäischer Rabbiner im September 2023 ihren Hauptsitz in London nach München verlegte, ist er auch selbst dort ansässig. Goldschmidt, der sieben Sprachen spricht, hat mit seiner Ehefrau Dara sieben Kinder.
Buchhinweis: Rabbiner Pinchas Goldschmidt, An die Gemeinschaft und an die Welt. Gedanken zu drängenden Fragen der Zeit. Aus dem Englischen von Henriette Schroeder, bearbeitet von Sarah Pohl, Proginal: „Communitati et Orbi. To the Community and the World“, 2017, © der deutschen Ausgabe 2018, Hentrich & Hentrich Verlag Berlin 2018, ISBN 978-3-95565-266-1. Zum Download.

Der Internationale Karlspreis: Die Idee wurde vor 75 Jahren, am 19. Dezember 1949, aus der Aachener Bürgerschaft heraus geboren. Der Initiator, Dr. Kurt Pfeiffer, hat Idee und Zielsetzung der Auszeichnung in der so genannten Proklamation von 1949 wie folgt formuliert: „Der Karlspreis wirkt in die Zukunft, er birgt gleichsam eine Verpflichtung in sich, aber eine Verpflichtung von höchstem ethischem Gehalt. Er zielt auf freiwilligen Zusammenschluss der europäischen Völker, um in neu gewonnener Stärke die höchsten irdischen Güter – Freiheit, Menschlichkeit und Frieden – zu verteidigen, den unterdrückten und Not leidenden Völkern wirksam zu helfen und die Zukunft der Kinder und Enkel zu sichern.“
Der 1950 erstmals vergebene Internationale Karlspreis zu Aachen ist eine der wichtigsten europäischen Auszeichnungen. Er ist der älteste und bekannteste Preis, mit dem Persönlichkeiten oder Institutionen ausgezeichnet werden, die sich um Europa und die europäische Einigung verdient gemacht haben. Der undotierte Preis besteht neben einer Urkunde aus einer Medaille, die auf der Vorderseite das älteste Aachener Stadtsiegel aus dem 12. Jahrhundert mit dem thronenden Karl dem Großen und auf der Rückseite eine Inschrift für den jeweiligen Preisträger zeigt. Zu den früheren Trägern gehören Robert Schuman, Konrad Adenauer, Francois Mitterand, der spanische König Juan Carlos I., Helmut Kohl, Vaclav Havel, Bill Clinton, Angela Merkel, Donald Tusk, Martin Schulz oder Andrea Riccardi. Letzte Preisträger waren Timothy Garton Ash 2017, Emmanuel Macron 2018, António Guterres 2019 und Klaus Iohannis 2020/21. 2004 erhielt Papst Johannes Paul II. einen Außerordentlichen Karlspreis, Papst Franziskus wurde 2016 geehrt. Im vergangenen Jahr erhielten der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und das ukrainische Volk den Karlspreis. Mehr: www.karlspreis.de.

Karlspreis LIVE. Das Fest am Donnerstag, 09.05.2024, auf dem Katschhof, Aachen: 11.00 Uhr Öffnung der Informationsstände, 11.15 Uhr TV-Übertragung des Festaktes auf Video-Großleinwand auf dem Markt; anschließend Karlspreis LIVE auf dem Katschhof, 12.55 – 13.10 Uhr Musikalische Begrüßung, 13.10 – 14.00 Uhr: Der Vorsitzende des Karlspreisdirektoriums, Dr. Jürgen Linden, und Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen empfangen Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, weitere Karlspreisträgerinnen und -preisträger sowie Staats- und Ehrengäste auf der Bühne. 14.20 – 15.20 Uhr Epstein’s Klezmer-Tov: „Klezmer Musik vom Ursprung bis heute“ oder „Klezmer – Musik mit Herz“. Am Nachmittag: Pidancet. Dreisprachige Pop-Chansons aus der Euregio Maas-Rhein. Zum Abschluss: Tovte. Die fünf Musikerinnen und Musiker verbinden in ihrer Musik Einflüsse aus Jazz-Manouche, Ethno-Pop, Folk und Klassik und kreieren so einen einzigartigen Stil.

Der Namensgeber des Preises: Karl I., „der Große” (742-814) übernahm nach dem Tod seines Vaters Pippin des Kleinen 768 als König der Franken Titel und Regierung gemeinsam mit seinem Bruder Karlmann und nach dessen Tod 771 die Alleinherrschaft. Er bestätigte dem aus Rom geflohenen Papst Leo III. die Herrschaft über den Kirchenstaat und wurde am 25. Dezember 800 in Rom durch Papst Leo zum Kaiser gekrönt. Karl starb am 28. Januar 814 in Aachen, wo er in seiner Pfalzkapelle beigesetzt wurde. Kaiser Friedrich Barbarossas erreichte 1165 die Heiligsprechung Karls unter Billigung von Gegenpapst Paschalis III.; seit 1176 wird die Verehrung geduldet: sie ist offiziell „gestattet, nicht anerkannt”, er ist deshalb nicht im Martyrologium Romanum verzeichnet. Buchtipp: Karl der Große. Leben und Wirkung, Kunst und Architektur, hg. v. Michael Imhof, Christoph Winterer, 240 Seiten, 360 Farb- und 15 S/W-Abbildungen, Broschur, 2. Auflage als Sonderausgabe, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2013 (1. Aufl. 2005), ISBN 978-3-932526-61-9, Euro 14,95. 

Europatag: Katholische Kirche ruft zur Wahl pro-europäischer Parteien auf: Die katholischen Bischöfe der EU rufen bei der kommenden Europawahl zur Stimmabgabe für pro-europäische Parteien auf. Das vor mehr als 70 Jahren begonnene Projekt für Frieden, Freiheit und Wohlstand müsse unterstützt und weitergeführt werden, erklärten die Vertreter von 25 Bischofskonferenzen über ihre gemeinsame Kommission COMECE am 13. März 2024 in Brüssel. Dabei verwiesen sie auf aktuelle Herausforderungen wie den Ukrainekrieg, Migration, Klimawandel, die Nutzung künstlicher Intelligenz, Europas Rolle in der Welt und die EU- Erweiterung. „Um diese entscheidenden Fragen im Lichte der Grundwerte der Europäischen Union anzugehen und eine bessere Zukunft für uns und die nächsten Generationen zu schaffen, nicht nur in Europa, sondern auch in der Welt, brauchen wir mutige, kompetente und werteorientierte politische Entscheidungsträger, die ehrlich das Gemeinwohl verfolgen“, heißt es in der Erklärung. „Es liegt in unserer Verantwortung, bei den kommenden Wahlen die bestmögliche Wahl zu treffen.“ Die Bischöfe riefen dazu auf, bei den Wahlen vom 6. bis 9. Juni für Kandidaten und Parteien zu stimmen, „die das europäische Projekt eindeutig unterstützen und von denen wir vernünftigerweise annehmen, dass sie unsere Werte und unsere Idee von Europa fördern“. Dazu zählten Achtung der Menschenwürde, Solidarität, Gleichheit, Familie und die Heiligkeit des Lebens sowie Demokratie und Freiheit. Weiter nannten sie ökologisches Engagement und den Grundsatz der Subsidiarität, nach dem Eigenverantwortung bei gesellschaftlichen Aufgaben Vorrang vor Regulierungen von oben haben soll. „Wir wissen, dass die Europäische Union nicht perfekt ist und dass viele ihrer politischen und rechtlichen Vorschläge nicht mit den christlichen Werten und den Erwartungen vieler ihrer Bürger übereinstimmen, aber wir glauben, dass wir dazu aufgerufen sind, sie mit den Mitteln, die uns die Demokratie bietet, zu verbessern“, so die Bischöfe. Für die Deutsche Bischofskonferenz unterzeichnete deren COMECE-Vertreter Bischof Franz-Josef Overbeck von Essen den Aufruf.

Donnerstag, 09.05.2024