Kino-Auftritt für Notfallseelsorgerin
Sonntag, 04.03.2018
In Deutschland gibt es nach Schätzungen des Bundesverbandes rund 25.000 Notfallseelsorger/innen. Eine von Ihnen hat nun den Sprung ins Kino geschafft: In "Aus dem Nichts" von Fatih Akin spielt die Notfallseelsorgerin Margarethe Kohl sich selbst.
In der kurzen Szene mit Hauptdarstellerin Diane Kruger tut sie das, was auch im echten Leben zu ihren Aufgaben gehört: Als Notfallseelsorgerin muss sie eine Todesnachricht überbringen. Von ihr erfährt Katja (gespielt von Diane Kruger), dass ihr deutsch-kurdischer Ehemann Nuri und ihr Sohn Rocco bei einem Bombenanschlag ums Leben gekommen sind. Sie bricht sie zusammen und beginnt zu schreien. Diese Schreie empfand Margarethe Kohl während der Dreharbeiten als nicht authentisch und wies einen Kameramann darauf hin.
Der reagierte prompt, erzählt die Notfallseelsorgerin: "Es war dann tatsächlich so, dass der das weitertrug zu Fatih Akin und die sich besprachen und da hat sie wirklich anders geschrien. Das ist denk ich ihre Leistung und das war ihre Arbeit, damit es wirklich authentisch kommt, dieses unendliche Entsetzen, was da passiert ist. Und dieses Nicht-Wahrhaben-Wollen, das in dem Entsetzen auch drin ist."
Wie Menschen in solchen Schocksituationen reagieren, weiß Not Margarethe Kohl aus langjähriger Erfahrung. Seit fast 14 Jahren ist sie in Hamburg und Umgebung als Notfallseelsorgerin im Einsatz. Ihre Arbeit hat sie gegenüber dem Hamburger Abendblatt einmal so beschrieben: "Wir sind da, wenn das Leben aus den Fugen gerät. Gefühlen Raum geben und Abschied gestalten, das sind unsere Aufgaben."
Diese Beschreibung trifft auf alle rund 25.000 Notfallseelsorger/innen zu, die jährlich zu etwa 11.000 Einsätzen gerufen werden. Die große Zahl der Mitarbeitenden ist nötig, um 365 Tage im Jahr und rund um die Uhr eine Rufbereitschaft sicherstellen zu können. Deshalb sind hier nicht nur hauptamtliche Kräfte im Einsatz, es gibt auch ehrenamtliche Notfallseelsorger/innen. Damit diese für ihren schwierigen Dienst (u.a. Einsatz bei plötzlichem Kindstod, Suizid und Tod bei Verkehrsunfällen oder im häuslichen Bereich) gut gerüstet sind, absolvieren sie eine mindestens 100 Unterrichtseinheiten umfassende Ausbildung, die meist an Wochenenden stattfindet und bis zu einem Jahr dauern kann. Hinzu kommen Praktika bei der Polizei, dem Rettungsdienst sowie in der Notfallseelsorge selbst.
Weil Notfallseelsorge ein sehr persönliches Geschehen ist und ungemein wichtig, um z.B. bei den Betroffenen Spätfolgen zu verhindern, sind die Erwartungen auch an ehrenamtliche Kräfte sehr hoch. Bewerber/innen müssen Mitglied einer Kirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) sein, die Konzeption der ökumenischen Notfallseelsorge mit tragen und bereit sein, sich auch persönlich mit Extremsituationen auseinander zu setzen. Für die Ausbildung wird in der Regel ein Mindestalter von 25 Jahren, eine entsprechende persönliche Reife sowie psychische und physische Stabilität und Belastbarkeit vorausgesetzt. Mehr Informationen finden Sie unter http://www.notfallseelsorge.de/Materialien/Ausbildungsrichtlinien.pdf
Die Ausbildung zum ehrenamtlichen Notfallseelsorger ist kostenlos. Erfolgreiche Absolventen erhalten eine kostenfreie Einsatz-Erstausrüstung (Rucksack, Einsatzweste), werden in ihrem Dienst durch professionelle Supervision begleitet und können weitere Fortbildungsangebote wahrnehmen. Um einer (persönlichen) Überforderung im Einsatz vorzubeugen, ist die Notfallseelsorge so organisiert und strukturiert, dass immer jemand im Hintergrunddienst ansprechbar ist, mit dem man sich telefonisch beraten kann und der bei Bedarf auch Verstärkung zum Einsatzort schickt.