Klimaaktivist und Jesuitenpater Jörg Alt
Sonntag, 21.05.2023
Klima - Kleber – Kirche: Was kann die Theologie zur Bewahrung der Schöpfung beitragen? Unter diesem Titel lädt der AStA der Theologischen Fakultät Paderborn ein. Einer der Referenten: Priester und Klimaaktivist Pater Jörg Alt vom Orden der Jesuiten...
INFO: Unter dem Titel „Klima - Kleber - Kirche - Was kann die Theologie zur Bewahrung der Schöpfung beitragen?“ lädt der AStA der Theologischen Fakultät (ThF) am Dienstag, 23.05.2023, zum „Dies Academicus“ ein. Im Mittelpunkt stehen im ThF-Hauptgebäude (Kamp 6, 33098 Paderborn) das aktuelle Thema des Klimawandels, der Klimaproteste und die damit verbundenen Konsequenzen und Kontroversen. Beginnen wird der Dies Academicus mit der Heiligen Messe um 09.00 Uhr in der Universitäts- und Marktkirche. Nach einem Impulsvortrag von Pater Alt SJ sind vier Workshops unter der Leitung verschiedener theologischer Teildisziplinen angesetzt. Abschließen wird der Tag bis 16.00 Uhr mit einer Podiumsdiskussion. Internet: https://www.thf-paderborn.de/veranstaltungen/dies-academicus-2/, Veranstalter: https://www.thf-paderborn.de/fakultaet/asta/
Urteil gegen Jesuit Alt in München: Mit umstrittenen Anschlägen auf Kunstwerke und Straßenblockaden machen seit Monaten Aktivisten der Klimabewegung „Aufstand der letzten Generation“ auf die Erderwärmung aufmerksam. Ihr Anliegen: Eine radikale Klimawende. Ihr Vorwurf: Die Regierung ignoriere die Wissenschaft und die verheerenden Folgen der Klimaerwärmung. Mitten unter den Aktivisten: Der Nürnberger Pater Jörg Alt (61) vom Orden der Jesuiten.
Wegen Beteiligung an einer Straßenblockade am 28. Oktober 2022 wurde vor dem Amtsgericht München ein Prozess gegen ihn und zwei Mitstreiter aufgenommen. Die Angeklagten hatten mit der Gruppe Scientist Rebellion am 28. Oktober 2022 neben dem Münchner Justizpalast eine Fahrbahn blockiert und sich nach jeweils zehnminütigen Kurzvorlesungen auf der Straße niedergelassen. Der Ordensmann sich dabei auch mit einer Hand auf die Straße geklebt. Mit der Aktion wollten sie nach eigenem Bekunden Politik und Gesellschaft zu entschiedenerem Handeln gegen die Erderhitzung bewegen. Durch die Blockade wurde der Autoverkehr für etwa 90 Minuten beeinträchtigt. Die Polizei musste etliche Fahrzeuge durch weitere Sperrungen rund um den Stachus umleiten. Nach dem ersten Verhandlungstag wurde der Prozess unterbrochen, die Verteidiger beantragten, zwei Sachverständige für Klima- und Protestforschung als Gutachter aussagen zu lassen. Pater Alt berief sich auf Notstand: Alle anderen Protestformen hätten nicht gefruchtet, sagte er. Das Zeitfenster zur Verhinderung schlimmer Folgen der Klimaerwärmung schließe sich und Mitbrüder seines Ordens aus dem globalen Süden, wo die Folgen viel gravierender seien, hätten ihn zu dieser Form zivilen Ungehorsams ermuntert. Dabei sei er anfangs skeptisch gewesen, ob eine Straßenblockade in Deutschland dafür ein geeignetes Mittel sei. „Die Staatsregierung nötigt uns zum Protest“, so der Jesuit: „Würde die Regierung ihren Job machen, bräuchte es unsere Aktionen nicht.“ Doch in Bayern seien bisher mehr Klimaaktivisten verhaftet als Windräder errichtet worden. Seine Empörung äußerte der Priester darüber, dass in diesem Zusammenhang Wissenschaftler in Bayern in Präventivhaft genommen worden seien. Die dafür bemühte Rechtsgrundlage, das Polizeiaufgabengesetz, sei erlassen worden, schlimmste Straftaten zu verhindern. Aktionen zivilen Ungehorsams zählten nicht dazu. Mit ihm vor Gericht standen eine promovierte Ökotrophologin und ein Student der Geoökologie aus Bayreuth. Die Angeklagten unterstrichen in ihren Einlassungen, dass die Bundesregierung anhaltend gegen ihre selbst eingegangenen Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 verstoße. Der Prozessauftakt wurde von einer Mahnwache von Scientist Rebellion vor dem Gerichtsgebäude begleitet, an der sich auch Pater Alt bis kurz vor Verhandlungsbeginn beteiligte.
Bei der zweiten Verhandlung am Dienstag, 16. Mai 2023, fällte das Amtsgericht München sein Urteil: Pater Alt und zwei weitere Klimaaktivisten wurden wegen Beteiligung an einer Straßenblockade verurteilt. Alt, der als Ordensmann über kein eigenes Einkommen verfügt, muss eine Geldstrafe von zehn Tagessätzen a 1 Euro zahlen, bei den beiden Mitangeklagten fiel die Summe jeweils etwas höher aus. Die Richterin sah den Tatbestand der Nötigung erfüllt, wich aber beim Strafmaß vom Plädoyer der Staatsanwaltschaft deutlich nach unten ab. Die Angeklagten nähmen sich zweifellos eines der drängendsten Probleme der Gegenwart an, so die Richterin. Einen rechtfertigenden Notstand habe sie nicht erkennen können. Bei der Abwägung habe sie das Demokratiegebot höher als das ebenfalls im Grundgesetz verankerte Klimaschutzgebot gewichtet. Die Richterin hob ausdrücklich auf den von den Angeklagten vorgebrachten Zeitdruck bei Klimaschutzmaßnahmen ab. Es könne durchaus sein, dass die Politik erst aufwache, wenn es zu spät sei. Deshalb könne man nicht von vornherein solchen Protestformen eine Rechtfertigung absprechen. Es sei noch nicht geklärt, bis zu welcher Dauer sie als noch nicht rechtswidrig gewertet werden könnten.
Die Angeklagten hatten in ihren Schlussworten darauf verwiesen, dass die Bundesregierung anhaltend ihren selbst eingegangenen Verpflichtungen zum Klimaschutz nicht nachkomme. Außerdem werde sich das Zeitfenster in wenigen Jahren schließen, und dann sei eine Krise planetaren Ausmaßes nicht mehr umzukehren. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert und erklärte im Anschluss, sie prüfe die Einlegung von Rechtsmitteln. Der Jesuit sagte, er freue sich über die Urteilsbegründung, da sei „viel Brauchbares“ dabei gewesen. (Aktenzeichen 815 Cs 113 Js 205419/22)
Aktuelles Buch: Ganz frisch erschienen ist das Buch „Die letzte Generation – das sind wir alle. Wenn die Welt in Flammen steht, hilft es nicht, den Feueralarm auszustellen“, das von Lina Eichler, Henning Jeschke und Jörg Alt herausgegeben wurde. Neben aktuellen Erkenntnissen zum Stand der drohender Klima-Katastrophe bietet es u.a. Lösungsansätze wie ihr durch eigenen Konsumbegegnet werden kann. (192 S., ISBN/EAN: 9783963402630, Preis 17-18 Euro)