Landwirte klagen über Erntediebstahl
Sonntag, 01.10.2017
Am 1. Sonntag im Oktober ist Erntedanktag. Aber viele Landwirte haben keinen Grund zu feiern. Sie klagen über steigende Ernteverluste durch Diebstahl. Kohl, Kartoffeln, Mais – nichts ist vor den Räubern sicher, die ihre Beute z.T. im Pkw abtransportieren.
Dabei ist Privateigentum schon seit biblischen Zeiten geschützt. Im siebten der Zehn Gebote heißt es unmissverständlich "Du sollst nicht stehlen". Heute formuliert das Strafgesetzbuch in § 242 ebenso eindeutig: "(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar."
Doch weder christliche Normen und Werte noch moderne Gesetze scheinen dem Treiben der Erntediebe Einhalt gebieten zu können. Den einen fehlt offenbar das Unrechtsbewusstsein, wenn sie etwa als Spaziergänger am Erdbeerfeld vorbeikommen und meinen, sich ein paar Früchte "für unterwegs" pflücken zu können. Andere wissen sehr wohl, dass sie eine kriminelle Handlung begehen, doch für sie zählt der Profit, und entsprechend groß sind hier auch die entwendeten Mengen. Zur Grillzeit – so berichtet das Onlineportal topagrar.com – "verschwinden kofferraumweise die Maiskolben, klagt Landwirt Johannes Leuchtenberg aus Neukirchen-Vluyn. Ein klarer Fall von illegalem Ernten. (…) Ähnlich die Erfahrungen von Stefan Bonsels, der seinen Betrieb in Niep hat. Bei ihm wurde der Kartoffelacker geplündert. »Rund eine Tonne Kartoffeln war einfach verschwunden«, sagt Stefan Bonsels."
Unter dem Artikel kommentiert ein Leser: "Als Kartoffelbauer kenne ich dieses Thema auch zu genüge. Wenn die Menschen wirklich aus Hunger stehlen würden, dann hätte ich ja Verständnis. Wenn es wirklich um Hunger ginge, dann könnten die Leute gerne zum Hof kommen und ich würde ihnen einen Sack Kartoffeln schenken. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade die Leute die nichts haben die ehrlichsten sind. Im letzten Jahr habe ich einen Kartoffeldieb erwischt, der mit einem nagelneuen E-Klasse-Mercedes auf »Raubzug« war."
Das Phänomen des Erntediebstahls ist nicht auf Deutschland beschränkt. Auch Landwirte in anderen europäischen Ländern klagen darüber. In Ungarn wurden schon ganze Lastwagenladungen mit Futtermais oder Luzernen gestohlen, so ein Filmbericht der Deutschen Welle.
Zu biblischen Zeiten haben die Bauern ihre Felder üblicherweise nicht komplett abgeerntet. Ein Streifen am Rand wurde stehen gelassen, damit sich die Armen aus der Gegend hier kostenlos versorgen konnten. Das ist heute in der modernen Landwirtschaft zwar anders. Hier wird mit maschineller Unterstützung gearbeitet und grundsätzlich alles abgeerntet. Aber gerade beim Einsatz von Erntemaschinen bleiben auf den Feldern oft noch viele Früchte übrig, die man aufsammeln kann.
Gegen diese "Nachlese" nach erfolgter Ernte haben die Landwirte in der Regel nichts einzuwenden, heißt es dazu auf dem Onlineportal "Der Westen": "Für sie rechnet es sich nicht, die liegen gebliebenen Kartoffeln nach der Ernte aufzusammeln. In mancher Hinsicht ist die Nachlese sogar notwendig. Denn für die Fruchtfolge ist es wichtig, dass die Knollen entweder aufgelesen werden oder im Winter kaputtfrieren, damit im nächsten Jahr etwa der Weizen gut wachsen kann." Trotzdem sollte der Landwirt vor der Nachlese um Erlaubnis gefragt werden, denn ihm gehören nicht nur die Früchte, sondern auch das Feld auf dem sie gewachsen sind. Rechtlich gesehen ist das fremder Grund und Boden, den niemand so einfach betreten darf und sollte.