Lecker in den Mai

von Johanna Risse

Sonntag, 26.04.2020

Visitandines, eine Spezialität aus Lothringen Foto: thekitchenlioness.com
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Visitandines, eine Spezialität aus Lothringen Foto: thekitchenlioness.com

1. Mai – Tag der Arbeit. Gekocht wird immer, gebacken schon mal weniger. Aber man kommt gut in diesen Monat, wenn man das richtige Rezept dafür hat – wir haben es. Damit geht es nochmal so hurtig in den Marien- und Wonnemonat ...

INFO: Unsere „Küchenlöwin“ Andrea Mohr aus Bonn kennt viele fromme Rezepte und weil alles, was sie in Küche und Ofen zaubert, so lecker ist, veröffentlichen wir immer wieder gerne Rezepte von ihr, die gut ins Kirchenjahr passen. Kontakt: N. Andrea Mohr, E-Mail: nclndrmhr@gmail.com, Internet: http://kitchenlioness.blogspot.de. Nun aber zu ihrer Beschreibung zu dem Rezept:

Der Orden von der Heimsuchung Mariens: Die Visitandines sind eine Spezialität aus der Region Lothringen, genauer aus der Stadt Nancy. Sie sind ein klassisches französisches Gebäck. Sie wurden von den Nonnen des Ordens von der Heimsuchung Mariens (Ordre de la Visitation) entwickelt, dessen Mitglieder im deutschen Sprachraum auch unter dem Namen Salesianerinnen oder Visitantinnen bekannt sind. Dieser Orden wurde im Jahr 1610 vom hl. Franz von Sales (St. Francis de Sale) und der hl. Johanna Franziska von Chantal (Jeanne-Françoise Frémyot de Chantal) gegründet. In Deutschland wurde das erste Heimsuchungskloster 1667 in Bayern gegründet. Ursprünglich als karitativ wirkender Frauenorden wurde er jedoch 1615 auf bischöflichen Entscheid zu einem kontemplativen Klausurorden umgewandelt. Benannt ist der Orden nach dem im Lukasevangelium verzeichneten Besuch Marias bei Elisabeth, der Mutter des Johannes (Lk 1, 39-56). Heute gibt es zirka 150 Klöster des Ordens auf vier Kontinenten.

Theorien zur Entstehung des Rezepts: Eine Theorie besagt, dass die Nonnen diese Küchlein während einer Hungersnot backten. Das im Teig enthaltene Eiweiß war für die Ordensfrauen eine gute Protein- und damit Kraftquelle. Eine andere Theorie besagt, dass in der klösterlichen Malerei viel Eiweiß anfiel, da die Eidotter als Bindemittel für Farben eingesetzt wurden. Welche der beiden Theorien die Schwestern des Ordens im 17. Jahrhundert zur Erfindung dieser köstlichen Mandel-Küchlein bewogen hat, ist zwar nicht eindeutig geklärt, aber das Gebäck aus Mandeln, Mehl, Zucker, Butter und Eiweiß erfreute sich schon damals großer Beliebtheit.

Das Original Rezept wird neu interpretiert: Im Original Rezept waren die Visitandines oval. Über die Jahre verlor man das süße Gebäck etwas aus den Augen. Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Rezept für die ovalen Mandelküchlein vom Pariser Pâtissier Lasne aufgenommen und in eine eckige Form, die an Goldbarren erinnern sollte, verändert und so tauchte das Gebäck um 1890 in Form von handlichen Küchlein im Laden vom Lasne auf. Die Pâtisserie war unweit der Pariser Börse gelegen, und der Erzählung nach liebten die Bankiers es, die proteinhaltige Süßigkeit im Vorbeigehen zu verzehren, da sie, von Hand gegessen, die Finger nicht schmutzig machte. Fortan wurde das zarte Mandelgebäck in Form von kleinen Goldbarren angeboten. Und so sind heute die Financiers (wie sie nun genannt wurden) oder Friands (erst in der Normandie, heutzutage auch in Australien und Neuseeland beliebt) fast identisch mit den traditionellen Visitandines. Allerdings gibt es von den Financiers oder Friands inzwischen unzählige Variationen, zum Beispiel mit Beeren, Kokosnuss oder auch Kräutern.

Heutzutage findet man durchaus Rezepte für klassische Visitandines, die noch gerne in ihrer ursprünglichen ovalen oder runden Form gebacken werden oder in Form eines ganzen Kuchens, dem Gâteau Visitandine. Hier nun das klassische Rezept für die kleinen Köstlichkeiten:

Visitandines

Zutaten
(für 12 bis 24 Stück, je nachdem welche Backform** man benutzt)
110g Nussbutter (beurre noisette) und etwas weiche Butter für die Backformen
80g Mandelmehl
145g Puderzucker, gesiebt
8g Vanillezucker
4 Eiweiß (L)
50g Weizenmehl (Type 405), gesiebt und etwas für die Backformen
eine Prise feines Salz
1 CL Rum
Puderzucker, oder Puderzucker mit Kirschwasser verrührt für eine Glasur (nach Wunsch)

*Zur Zubereitung von Nussbutter die Butter in einem kleinen Topf schmelzen und zum Köcheln bringen, bis sie eine goldbraune Farbe annimmt, dann die flüssige Butter durch ein Passiertuch geben. 

Backform
Bei Gebrauch eines Muffinblechs ergibt die Teigmenge 12 Stück, wenn man ein Mini-Muffinblech einsetzt, dann eher 24 Stück. Falls man ovale oder runde Visitandine Formen, eckige Financiers oder Friands Formen oder Madeleines Backbleche benutzt, ergibt das Rezept ebenfalls 12 Stück.

Zubereitung
Die warme, flüssige Nussbutter in einem Topf bereit halten.
In einem zweiten kleinen Topf das Mandelmehl mit dem Puderzucker und Vanillezucker mischen, dann die 4 Eiweiß dazu geben, verrühren und ganz leicht erwärmen. Von der Kochstelle nehmen und das Mehl, Salz, Nussbutter und Rum ebenfalls dazu geben und unterarbeiten bis eine homogene, glatte und relativ weiche Masse entstanden ist.
Diese entweder in einen Spritzbeutel geben, oder mit einem Eisproportionierer arbeiten und in die eingefetteten Kuchenformen geben, diese nur bis zu 3/4 füllen.
Im vorgeheizten Ofen bei 180°C für ungefähr 15 bis 20 Minuten (abhängig von der Größe der Förmchen) goldgelb backen. Auf einem Kuchenrost etwas abkühlen lassen, dann noch lauwarm aus den Formen nehmen und weiter abkühlen lassen oder noch lauwarm servieren. Nach Wunsch mit Puderzucker bestreuen oder glasieren.“

Sonntag, 26.04.2020