Menschen am Rand in die Mitte holen
Sonntag, 18.02.2018
Menschen am Rande der Gesellschaft haben mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Dabei hat jede/r von ihnen eine individuelle Geschichte, die gehört und gewürdigt werden sollte. Dafür wirbt die Diakonie mit ihrer bundesweiten Kampagne "Unerhört".
Viel zu leichtfertig und gedankenlos würden Menschen heute abgehängt und ausgegrenzt, meint der Direktor der Diakonie in Deutschland, Ulrich Lilie. Er findet, "dass wir sehr schnell mit dem »Unerhört«-Label unterwegs sind und sagen: Unerhört, diese Flüchtlinge. Unerhört, diese Obdachlosen. Unerhört, diese trinkende Nachbarin – das heißt, die Leute werden schnell »gelabelt« und gleichzeitig ist das immer mit so einem Duktus der Empörung verbunden."
Gegen diese Art des Umgangs mit anderen stellt Ulrich Lilie eine biblische Geschichte: In Jericho bemerkt Jesus einen Blinden, der sich wild gebärdet und laut schreit. Als die Jünger achtlos an dem Mann vorbeigehen, werden sie von Jesus zurechtgewiesen, erzählt Lilie: "Der hört den schreien und sagt: Liebe Jünger – Geht mal zurück und holt den her! Holt den in die Mitte, und dann fragt der den und sagt: »Was willst Du was ich Dir tun soll?« Das find ich ne großartige Geschichte." Denn wer zuhöre, der empört sich nicht über andere, sondern fange an nachzudenken: Wie kann ich dem anderen helfen in seiner Situation?
Die Aktion "Unerhört" richte sich gegen Ausgrenzung und werbe für mehr soziale Teilhabe, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Diakonie vom 10. Januar 2018: "»Mit unserer neuen Kampagne geben wir Menschen eine Stimme, die sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt fühlen: den Obdachlosen, Flüchtlingen, Homosexuellen, Hartz-IV-Empfängern, Alten und vielen anderen Gruppen. Wir treten damit ein für eine offene, lebendige und vielfältige Gesellschaft«, sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie heute in Berlin. »Dabei spielen wir ganz bewusst mit der Doppeldeutigkeit des Begriffs `Unerhört!'. Er soll provozieren und den Blick auf Menschen am Rande der Gesellschaft lenken, die sich unerhört fühlen«, betont Lilie. »Unsere eindeutige Antwort heißt: Zuhören! Der Anfang aller diakonischen Arbeit ist das Zuhören, die vorbehaltlose Zuwendung.« Mit der Kampagne wolle die Diakonie aufrütteln und eine Diskussion anstoßen über soziale Teilhabe und das Miteinander in der Gesellschaft.
Der Diakonie-Präsident sieht in der ganzen Gesellschaft einen Bedarf, stärker einander zuzuhören. »Und das bedeutet ausdrücklich nicht immer nur Zustimmung, sondern auch, den Weg eines strittigen Diskurses zu gehen«, so Lilie weiter.
Die auf drei Jahre angelegte Kampagne »Unerhört!« ist eine integrierte Kommunikationskampagne, die nicht nur über Außenwerbung verbreitet wird, sondern auch über Dialogveranstaltungen, Aktionen, Social Media und im Internet. Im Rahmen der Kampagne, die mit den Plakaten »Unerhört! Diese Obdachlosen!« und »Unerhört! Diese Flüchtlinge!« startet, erzählen Unerhörte ihre Geschichte auf www.unerhört.de.
In seinem Blog schreibt Diakonie-Präsident Lilie, warum die Kampagne gerade jetzt notwendig ist: https://praesident.diakonie.de/2018/01/10/unerhoert-diese-obdachlosen/ "