Mittelmeer-Flüchtlinge: Belastung für Seeleute
Sonntag, 24.01.2016
Im Jahr 2015 sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerkes eine Million Menschen über das Mittelmeer nach Europa geflüchtet, fast 3.800 starben dabei. Immer wieder werden Seeleute auf zivilen Handelsschiffen Zeugen der Tragödie.
Um sie kümmert sich die Deutsche Seemannsmission, ein christlicher Verein, der u.a. von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), dem Verband Deutscher Reeder und zwei Bundesministerien unterstützt wird. Weltweit unterhält die Seemannsmission Niederlassungen in 31 Hafenstädten, darunter allein 13 in Deutschland. Über 700 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter besuchen die Seeleute an Bord, bieten ihnen Gottesdienste, praktische Hilfen, Freizeitangebote und auch Seelsorge an.
Mit den Seemannsheimen in den Häfen von Genau (Italien), Piräus (Griechenland) und Alexandria (Ägypten) betreibt die Deutsche Seemannsmission drei Niederlassungen im Mittelmeerraum. Hier kam und kommt es immer wieder zu Begegnungen von zivilen Handelsschiffen mit Flüchtlingsbooten, weiß Diakon Markus Schildhauer von der Seemannsmission in Alexandria. Für die Seeleute sei das Thema sehr belastend: "Die größte Angst für die Leute ist eigentlich, mit Flüchtlingen konfrontiert zu werden, weil sie einfach nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen oder wenn sie dann mit Flüchtlingen konfrontiert worden sind, im Kopf eingebrannte Bilder haben, die sie einfach nicht mehr loswerden. Sei es, dass bei der Rettungsaktion Flüchtlinge ertrinken, sei es aber auch, dass sie vielleicht nicht zum Retten kommen können und sich dann permanent Vorwürfe machen und diese Vorwürfe einfach ihr Leben lang mitschleppen."
Obwohl die Liegezeiten in den Häfen relativ kurz sind – manchmal nur wenige Stunden – versuchen Markus Schildhauer und seine Kollegen den betroffenen Seeleuten mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Denn anders als bei den meist militärisch geführten Rettungseinsätzen im Mittelmeer gibt es auf zivilen Schiffen keine Berater oder Psychologen, die für Gespräche mit der Besatzung bereitstehen. Hier ist dann die Seemannsmission gefragt, sagt Schildhauer: "Meine Aufgabe ist dann wirklich, ihnen Trost zu geben, manchmal mit ihnen auch zu beten, wenn sie das wollen, wir haben auch schon Andachten gehalten zu diesem Thema, also es ist wirklich das ganze Spektrum eines seelsorgerischen Gesprächs aber auch eines menschlichen Gesprächs des Miteinander."