Ostermontag: Glaubenssache
Montag, 01.04.2024
Schon der Unglaube der Apostel ist überliefert: Die Jünger waren schließlich handfeste Leute und überhaupt nicht anfällig für irgendwelche spiritistischen Höhenflüge, meint Prof. Markus Tiwald...
INFO: „Die Tatsache, dass die Jünger tatsächlich solche Hasenfüße gewesen sind und überhaupt nicht anfällig für irgendwelche spiritistischen Höhenflüge, diese Erdigkeit von galiläischen Fischern, Handwerkern und Bauern, die kann uns heute natürlich freuen, weil sie eigentlich dafür ein Zeichen ist, dass diese Leute mit Sicherheit keiner Massensuggestion erlegen sind und sich den Tod Jesu und ihr eigenes Versagen so schöngelogen haben“ – das meint Univ.-Prof. Dr. Markus Tiwald von der Universität Wien. Und selbst den Bericht der Emmaus-Jüngern, die Jesus erkannt haben, können sie nicht glauben. Erst später begegnet er ihnen allen, auch dem sprichwörtlichen „ungläubigen Thomas“ und isst mit ihnen vor seiner Himmelfahrt. Ihnen wird klar: „Jesus wollte nie die politische Macht an sich reißen, sondern verkündet den Anbruch des Königreiches Gottes, ein Reich, das alles durchdringt. Keine jenseitige Größe, nicht Vertröstung, sondern hier und jetzt bricht das Ganze an. Und da ist politischer Sprengstoff drinnen. Nicht, weil Jesus machtpolitisch ist, aber weil seine Botschaft letztendlich auch alles durchdringen wird. Es ist eine sanfte Revolution, es ist eine Revolution der Werte und nicht eine Revolution der Waffen. Aber ein Anspruch, der doch auch auf alles abzielt und damit letztendlich auch die Zustände umkrempelt.“
Unser Gesprächspartner: Univ.-Prof. Dr. Markus Tiwald, geboren 1966 in Güssing, Burgenland / Österreich, studierte 1986-1993 Katholische Theologie in Wien und Lyon/Frankreich. Nach dem Diplom wurde er 1994 zum Priester geweiht und war Kaplan in Maria Enzersdorf bei Wien. 1995-1998 ging er für ein Lizentiatsstudium am „Studium Biblicum Franciscanum“ nach Jerusalem und wirkte ab 1997 als Universitätsassistent am Institut für Neutestamentliche Bibelwissenschaft der Universität Wien. Seiner Promotion zum Dr. theol. schloss er eine Ausbildung zum Psychotherapeuten an, übernahm eine Gastprofessur an der päpstlichen Universität Antonianum in Rom, war Kolumnist bei der Tageszeitung „Kurier“ und Autor für zahlreiche Rundfunksendungen, zugleich Privatdozent in Wien und Pfarrer in Wien-Floridsdorf.
2007 habilitierte sich Tiwald für das Fach „Neutestamentliche Bibelwissenschaft“ an der Katholisch-Theologischen Fakultät Wien, übernahm 2008 eine Vertretungsprofessur für das Fach „Biblische Theologie und ihre Didaktik / Schwerpunkt Neues Testament“ an der Universität Duisburg-Essen und wurde zum Universitätsprofessor ernannt. Dort wiederholt 2012–2018 Vertreter für evangelische und katholische Theologie im Fakultätsrat der Geisteswissenschaftlichen Fakultät, stellvertretender Institutsdirektor für Katholische Theologie/Univ. Duisburg-Essen (2010–2012 und 2014-2019) und Wahl in den Universitätssenat (2018-2019). Neben Mitgliedschaften in zahlreichen wissenschaftlichen Vereinigungen war er seit 2012 Vorstandsmitglied des Salomon Ludwig Steinheim-Instituts für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen. Zum 1.9.2019 wurde er zum Universitätsprofessor für Neutestamentliche Bibelwissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien ernannt, 2021-2023 war er Gründungsdirektor der Vienna Doctoral School of Theology and Research on Religion VDTR.
Kontakt: Institut für Bibelwissenschaft, Katholisch-Theologische Fakultät, Universität Wien, Schenkenstraße 8-10, 1010 Wien, Tel. +43-1-4277-304 01, Fax +43-1-4277-9304, E-Mail: bibelwissenschaft@univie.ac.at, Internet: https://bibelwissenschaft-ktf.univie.ac.at/ueber-uns/mitarbeiter/tiwald-markus/
Die Emmaus-Jünger: Am Ostermontag erinnern die liturgischen Texte an das Zusammentreffen der Emmaus-Jünger mit dem auferstandenen Christus. Ein kleiner Ort bei Jerusalem ist der Schauplatz dieser schicksalhaften Begegnung. Zwei Jünger treffen dort den, den sie tot geglaubt hatten. Und sie nehmen die Beine in die Hand, rasen zurück, erzählen des den ungläubigen Aposteln. Und so geht es am 2. Feiertag, dem Ostermontag, für alle Christenmenschen sozusagen nach Emmaus - wenn sie ins Grüne fahren. Aber wo liegt Emmaus, das nur ein einziges Mal in der Bibel vorkommt? Es findet sich gleich mindestens dreimal auf der Landkarte. Nach dem Lukas-Evangelium liege Emmaus 60 Stadien von Jerusalem entfernt, nach zeitgenössischer römischer Rechnung also ca. 11 Kilometer. Andere Zeugnisse, kommen auf grob gerundet 30 Kilometer. Ein Ort ist Abu Gosch an der Autobahn Tel Aviv – Jerusalem, ein weiterer „Emmaus Nikopolis“ oder Amwas an der Ost-West-Verkehrsachse nahe Latrun. Der einzige auf palästinensisch verwaltetem Gebiet ist Emmaus-Qubeibeh, das seit 700 Jahren als das biblische Emmaus gilt. Bis heute pilgern zum Franziskanerheiligtum jedes Jahr am Ostermontag Christen von Jerusalem, vor allem deutschsprachige Bewohner und Gäste des heiligen Landes auch zu Fuß. Endgültig lösen lassen wird sich die Emmausfrage nach gegenwärtigem Forschungsstand nicht.
Der Gang nach Emmaus: Die Erzählung von den Emmaus-Jüngern im 24. Kapitel des Lukasevangeliums in den Versen 13 bis 35 gilt als biblischer Beleg für die Auferstehung Jesu von den Toten. Berichtet wird darin die Geschichte zweier Jünger, die sich drei Tage nach Jesu Kreuzigung von Jerusalem auf den Weg in den benachbarten Ort Emmaus machen, aus dem der Jünger Kleopas stammte. Beide Wanderer sind niedergeschlagen und hoffnungslos: Jesus – ihr Meister – wurde hingerichtet und sein Leichnam offenbar gestohlen, denn das Grab, das sie besucht hatten, war leer. Als sie sich darüber austauschen, schließt sich ihnen unterwegs ein unbekannter Wanderer an und erklärt ihnen die Zusammenhänge. Am Abend teilt er mit ihnen das Brot und ist plötzlich verschwunden. Erst da erkennen die Jünger, dass es sich bei dem Fremden um Jesus handelte - sie erkennen ihn erst, als sie ihn nicht mehr sehen.