Präses der EKD: Kirche muss digitaler werden
Sonntag, 30.04.2023
„Wir müssen raus aus unserer Bubble“ – Schon kurz nach Ihrer Wahl zur Präses der EKD-Synode im Mai 2021 machte Anna-Nicole Heinrich (Foto) klar, wo für sie eine Zukunftsaufgabe der evangelischen Kirche liegt: in der Stärkung der digitalen Kommunikation.
Mit 27 Jahren ist Anna-Nicole Heinrich aus Nittenau die bislang jüngste Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Das „Kirchenparlament“ wählte sie am 8. Mai 2021 zur Vorsitzenden und machte sie damit zur Nachfolgerin der Ex-FDP-Politikerin Irmgard Schwaetzer (79). Schon allein aufgrund ihres Alters ist die Studentin in der digitalen Welt zu Hause. Sie ist auf Facebook aktiv, hat einen Account bei Instagram und ist eine der Initiatoren des Kirchen-Hackathons #glaubengemeinsam, der 2020 zum ersten Mal stattfand und im März 2021 eine Fortsetzung fand.
Im Rahmen einer Neuauflage ihrer #Präsestour hat Anna-Nicole Heinrich im März 2023 ein neues YouTube-Format mit dem Titel "POV: Aus Annas Sicht" gestartet. Es ist eine filmische Gesprächstour, „bei der sie sich mit Menschen austauscht, die bisher eher wenig Kontakt zu Kirche oder Gemeinden hatten“, heißt es dazu auf evangelisch de. „In mehreren Folgen trifft Anna-Nicole spannende Persönlichkeiten und spricht mit ihnen über Erfahrungen, die sie in ihrem Leben geprägt haben.“
Digitalisierung ist DAS Hauptthema von Anna-Nicole Heinrich. Auf diesem Feld sieht sie die bisher größten Versäumnisse ihrer evangelischen Kirche, gleichzeitig aber auch die größten Chancen: „Wir haben ein riesiges Kommunikationsleck! Wir erreichen nicht alle unsere Mitglieder. Öffentliche Kommunikation im digitalen Raum hat man erst in den letzten Jahren so wirklich entdeckt, da brauchen wir einen echten Push, auch zu handeln und zu sagen: Okay, hier müssen Schwerpunkte gesetzt werden, weil wir müssen irgendwie mit Menschen in Kontakt kommen, mit denen wir sonst nicht in Kontakt kommen.“
Dass Anna-Nicole Heinrich einmal eines der höchsten und wichtigsten Ämter in der Evangelischen Kirche bekleiden würde, war der heutigen Studentin nicht in die Wiege gelegt. Sie stammt aus einem nicht-christlichen Elternhaus. Erst über den Religionsunterricht in der Schule kam Anna-Nicole Heinrich in Kontakt zum christlichen Glauben und ließ sich gemeinsam mit ihrer Mutter taufen. Später ließ sie sich auch konfirmieren und engagierte sich in der evangelischen Jugendarbeit. Inzwischen hat sie verschiedene Ämter in der Kirche übernommen: Sie ist Mitglied der Synode der bayerischen Landeskirche, stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Jugend in Deutschland und wurde ins Zukunftsteam der EKD berufen, das die »Zwölf Leitsätze zur Zukunft einer aufgeschlossenen Kirche« formulierte. Seit Mai 2021 ist sie nun Präses der EKD-Synode.
Damit steht sie in einer Reihe mit so bekannten Persönlichkeiten wie Gustav Heinemann oder Kathrin Göring-Eckardt, die diesen Posten ebenfalls bekleidet haben. Darauf angesprochen sagt Anna-Nicole Heinrich: „Ein bisschen Ehrfurcht hab´ ich schon vor dem Amt, aber ich fühl mich sehr getragen von aller Unterstützung, deswegen freut´s mich natürlich, jetzt in so einer Reihe von Namen stehen zu dürfen.“ Bei ihrer Wahl zur Präses erhielt sie 75 von 126 Stimmen.