Purimfest: Dortmunder Jecken feiern in Israel mit
Sonntag, 04.02.2018
Der deutsche Karneval ist laut und lustig, Kostüme gehören dazu und reichlich Alkohol. Nicht viel anders geht es zu, wenn die Juden ihr Purimfest feiern. Jecken aus Dortmund und Israelis aus Netanya feiern deshalb schon seit Jahren gemeinsam.
Zwischen der Ruhrgebietsmetropole und dem Ort an der israelischen Mittelmeerküste besteht schon seit 1981 eine Städtepartnerschaft. Neben einem intensiven Jugendaustauschprogramm und anderen deutsch-jüdischen Begegnungen gibt es auch langjährige Kontakte unter den Jecken beider Länder. Seit rund 20 Jahren fahren 40 bis 50 Karnevalisten aus Dortmund jedes Jahr nach Netanya, um dort gemeinsam eine Art deutsch-jüdischen Karneval zu feiern. Denn Musik und Gesang, Kostüme und geistige Getränke gehören zum deutschen Karneval wie auch zum jüdischen Purimfest. Was an den tollen Tagen jeweils gefeiert wird, ist allerdings verschieden.
Im Christentum beginnt mit dem Aschermittwoch eine 40tägige Fastenzeit, die erst am Ostersonntag endet. Bevor diese entbehrungsreiche Zeit beginnt, ist es Tradition, noch einmal ausgiebig zu feiern, zu essen und zu trinken. Denn viele Getränke und Speisen waren früher während der Fastenzeit tabu – unter anderem auch Fleisch. Zum Aschermittwoch hieß es deshalb "carne vale!" (lateinisch für "Fleisch, lebe wohl!"). Die bevorstehende Fastenzeit und der damit verbundene Fleischverzicht haben den "tollen Tagen" ihren Namen gegeben: Karneval bzw. Fastnacht.
Die Wurzeln des jüdischen Purimfestes gehen zurück bis ins 5. Jahrhundert vor Christus. Damals lebte das jüdische Volk in der persischen Diaspora. Im biblischen Buch Ester wird beschrieben, wie der persische König Xerxes I. einen Mann namens Haman als höchsten Regierungsbeamten einsetzt und dieser seine Stellung ausnutzt, um andere zu erniedrigen. Alle müssen vor ihm niederknien, doch der Jude Mordechai, der Adoptivvater von Ester, weigert sich. Aus Rache und verletzter Ehre beschließt Haman daraufhin, alle Juden im Reich ermorden zu lassen. Der Zeitpunkt für die Aktion wurde durch das Los (hebräisch: "Pur") bestimmt – daher auch der Name Purim. Ester, die Gemahlin von Xerxes und selbst Jüdin, setzt sich beim König für die Rettung ihrer Glaubensgenossen ein. Diese erhalten daraufhin vom König die Erlaubnis, sich zu verteidigen. Am Ende wird Haman zusammen mit rund 75.000 weiteren Einwohnern des Perserreiches getötet.
Die Geschichte gehört zu den ganz wenigen, in denen das jüdische Volk ohne das Eingreifen Gottes seiner Vernichtung entgeht – die persischen Juden verteidigen sich und retten sich damit quasi selbst. Entsprechend groß ist die Symbolkraft der Erzählung. Bei der Feier des Purimfestes in der Synagoge wird deshalb stets die Estergeschichte gelesen. Und jedes Mal, wenn der Name Haman fällt, dürfen Kinder und Erwachsene laut mit den Füßen aufstampfen und mit mitgebrachten Rasseln Lärm machen, um so den Namen des Bösen zu übertönen.
Auch außerhalb der Synagoge geht es laut und fröhlich zu. An Purim verkleidet man sich, feiert ausgelassene Kostümpartys, vielfach werden in den Gemeinden auch Purimspiele aufgeführt, in denen die Geschichte Esters nacherzählt wird. Als typisches Gebäck gibt es zu Purim die sogenannten Haman-Taschen – zur Erinnerung an den Übeltäter von damals. Das kleine dreieckige Gebäck ist meist mit Mohn oder Marmelade gefüllt und der Form des Hutes nachempfunden, den Haman getragen haben soll.
Laut Internetseite des BR ist Purim "das einzige Fest der jüdischen Tradition, in dem ausdrücklich empfohlen ist, über den Durst hinaus zu trinken – bis man nicht mehr die Namen Moredchai und Haman auseinanderhalten könne. Der jüdisch-hebräische Trinkspruch dazu lautet L'Chaim - Auf das Leben, und ist in gewissem Sinne auch die Quintessenz des lebensfrohen Festes."