Reformation: Veränderung gestern und heute
Sonntag, 30.10.2022
Am 31. Oktober 1517 soll der Augustinermönch und Doktor der Theologie, Martin Luther, 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche geschlagen haben, in denen er u.a. den damals üblichen Ablasshandel der katholischen Kirche kritisierte.
Die verkaufte damals Sündenvergebung und "einen Platz im Himmel" gegen Geld, um damit z.B. päpstliche Bauwerke in Rom zu finanzieren. Mit seinen Thesen legt sich Luther mit den mächtigsten Herrschern der damaligen Welt an - Kaiser Karl V und Papst Leo X. Trotz Exkommunikation und Verfolgung bleibt er seinem Glauben treu: Sündenvergebung kann man nicht mit Geld erkaufen, man kann sie auch nicht durch gute Taten verdienen, und man braucht zur Sündenvergebung auch keine Kirche oder Priester als vermittelnde Institutionen. Denn Gott allein vergibt Sünden. Der Mensch wird vor Gott gerecht - so Luther - allein aus Glaube, allein aus Gnade ("sola fide, sola gratia").
Indem er in nur elf Wochen das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche übersetzt, prägt Luther ab 1522 nicht nur maßgeblich die Entwicklung der deutschen Sprache und damit die kulturelle Entwicklung der "deutschen Völker" hin zu einem deutschen Volk, sondern macht die Bibel und ihre Glaubenssätze zum ersten Mal der breiten Masse des Volkes zugänglich, die bis dahin auf die Interpretation der römisch-katholischen Kirche angewiesen war. Obwohl Luther die Kirche nur reformieren, aber zu keinem Zeitpunkt spalten wollte, hat seine Suche nach Wahrheit und seine Standhaftigkeit genau das bewirkt: Das Zeitalter der Reformation ist die Geburtsstunde der evangelischen Kirche und wird dort bis heute mit einem Feiertag begangen (Reformationstag am 31.Oktober).
Nach Einschätzung des leitenden Geistlichen der Evangelischen Kirche im Rheinland, Präses Nikolaus Schneider, markieren Luthers Aufbegehren und der Reformationstag den Beginn einer neuen Zeit: "Er hat in der Tat die Welt verändert, weil die Gewissensbindung des einzelnen Menschen gegenüber den Ansprüchen einer Kirche oder eines Staates den Sieg davongetragen hat. Das heißt, der einzelne mit seinem Gewissen wird nicht in die Norm eines kirchlichen Glaubens eingebunden oder dorthin geradezu verbannt. Das hat Luther durchgesetzt, die Bedeutung des einzelnen Menschen. Es wurde ferner neu gelernt, dass in einem Staat mehrere Kulturen und unterschiedliche Formen des Glaubens leben können. Auch das war ja heftig umstritten. Deshalb ist es ja auch erklärlich, dass staatliche Gewalt gegen Luther angewendet wurde und es danach auch zu Kriegen kam. Das Dritte ist: Die Reformation hat die Bibel selber als das entscheidende Wahrheitskriterium für den Glauben wieder neu stark gemacht. Sie hat deutlich gemacht, dass auch die Kirche und die Lehre der Kirche sich vor der Heiligen Schrift zu verantworten haben, und durch die Heilige Schrift korrigiert werden konnten. Denn das ist ja ungebrochen der Anspruch unserer römisch-katholischen Schwesterkirche, dass die kirchliche Tradition, dass die kirchlichen Lehrsätze über den Glauben ewige Wahrheiten sind. Und von daher im Grunde oberhalb der Heiligen Schrift stehen. Zwar aus ihr entwickelt werden, aber oberhalb der Heiligen Schrift stehen, durch sie so nicht mehr korrigiert werden können. Das war in der Tat eine ganz gewaltige Veränderung der damaligen Zeit, wo die gültigen Autoritäten auf den Prüfstand kamen, wo Autoritäten sich jetzt zu rechtfertigen haben – das Verständnis, kirchliche oder staatliche Autorität ist automatisch von Gott gegeben und deshalb darf die Bevölkerung dies nicht hinterfragen sondern muss es akzeptieren – eben das ist entscheidend gebrochen worden und von daher ist das sozusagen der Beginn der Neuzeit".
Mehr Infos über Luthers Leben und Wirken unter http://www.luther.de , Informationen zum Reformationstag und eine Datenbank mit hunderten von Gottesdienstangeboten zu diesem Tag gibt es unter www.reformationstag.de