Rund um die Uhr ein offenes Ohr
Sonntag, 13.04.2025
2016 feierte die Telefonseelsorge in Deutschland ihr 60jähriges Bestehen. Ihre Seelsorgeangebote via Internet sind da noch vergleichsweise jung.
Die Telefonseelsorge verzeichnet pro Jahr gut 1,2 Millionen Anrufe. Um die alle bewältigen zu können, arbeiten hier allein 7.700 Ehrenamtliche und das an über 100 Standorten bundesweit. Einer davon ist Wuppertal. Er feiert in diesem Jahr 60. Geburtstag.
„Wir hier in Wuppertal wollen Menschen rund um die Uhr an allen Tagen des Jahres ein offenes Ohr anbieten - eine Telefonnummer, wo sie anrufen können und wo sie gehört werden und sich dadurch auch gesehen fühlen können“, sagt Jula Heckel-Korsten, die Leiterin der Wuppertaler Telefonseelsorge.
Wer hier anruft, ist in der Regel zwischen 40 und 70 Jahre alt. Die Jüngeren nutzen im Krisenfall eher die Seelsorge per Chat oder e-Mail. Für alle Kontakte gilt: die Gespräche sind anonym, denn die Themen haben es manchmal in sich, so Jula Heckel-Korsten: „Das sind schambesetzte Themen, die mit Zweifeln am eigenen Selbstwert zu tun haben und am eigenen Selbstbild, das sind Krisen, in die die Menschen geraten wie Arbeitsplatzverlust oder Tod eines lieben Mitmenschen, es sind aber auch die ganz normalen Alltagssorgen.“
Um mit diesen Anforderungen und Themen gut umgehen zu können, werden die ehrenamtlichen Telefonseelsorger laut Heckel-Korsten intensiv geschult: „Also in 120 Stunden minimum - das sind unsere Standards bundesweit - lernen die Menschen, sich selbst zu reflektieren, es gibt Kommunikationswissen über Gesprächsführung und ganz viel Übung in Rollenspielen und in der Gruppe, wo man einander Resonanz gibt - also wir üben ganz viel.“ Mehr über die Arbeit erfährt man im Podcast „Unter der Oberfläche“ der Westdeutschen Zeitung. Dort zu Gast sind die Leiterin der Wuppertaler Telefonseelsorge, Jula Heckel-Korsten, und eine ehrenamtliche Mitarbeiterin.
Die Telefonseelsorge – auch die am Standort Wuppertal - ist immer auf der Suche nach neuen Kräften, die sich zu ehrenamtlichen Telefonseelsorger*innen ausbilden lassen wollen. Wer Interesse hat, kann sich per E-Mail an info@telefonseelsorge-wuppertal.de wenden oder an das Evangelische Verwaltungsamt Wuppertal unter 0202 / 97 440 0. Interessenten aus anderen Städten oder Regionen finden unter https://www.telefonseelsorge.de/standorte/ eine alphabetisch geordnete Liste mit allen Standorten und den entsprechenden Kontaktmöglichkeiten.
Ihren Ursprung hat die Telefonseelsorge in Großbritannien. 1953 veröffentlichte der Anglikanerpater Chad Varah in London eine Telefonnummer, unter der man ihn bei Selbstmordabsichten anrufen sollte. Er hatte als erster die Gelegenheit, die Arbeit kontinuierlich fortzuführen, gründete später die nationale Organisation "The Samaritans" und schließlich auch einen ersten internationalen Verband. 1956 entstand die erste Telefonseelsorge in Deutschland.
Der Berliner Arzt und Pfarrer Klaus Thomas veröffentlichte am 5. Oktober 1956 eine private Telefonnummer für die "Ärztliche Lebensmüdenbetreuung"; das Wort Telefonseelsorge war noch nicht geboren. Ein Jahr später entstanden die Telefonseelsorge-Stellen in Kassel und Frankfurt.a.M., 1959 folgten Hamburg und Köln, 1960 Kiel und Stuttgart. In den folgenden Jahren zog sich ein Netz von Neugründungen über die ganze Bundesrepublik. Den Standort Wuppertal gibt es seit 1965.
Heute ist die Telefonseelsorge bundesweit an über 100 Standorten vertreten. Die rund 200 hauptamtlich und 7.7000 ehrenamtlich Mitarbeitenden sind ansprechbar für Krisensituationen jeglicher Art - sei es Trauer, Einsamkeit, Gewalterfahrung, Sucht oder Partnerschaftskonflikte. Mehr Infos und die Möglichkeit von Seelsorge per Internet und e-mail bietet http://www.telefonseelsorge.de/ Hier finden Sie auch eine Adressenliste aller Stellen, falls Sie sich für eine Mitarbeit interessieren.
Die Telefonseelsorge – getragen von evangelischer und katholischer Kirche – ist rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr kostenlos erreichbar unter den Nummern 0800-1110111 oder 0800-1110222. Anrufen kann jeder, der ein Problem hat – Religionszugehörigkeit spielt keine Rolle. Auf Wunsch kann das Gespräch völlig anonym laufen, es ist und bleibt in jedem Fall vertraulich und gebührenfrei. Auch auf der Telefonrechnung taucht ein Anruf bei der Telefonseelsorge nicht auf.