Schwierig: Umgang mit Verschwörungstheorien

von Melanie Britz

Sonntag, 26.07.2020

Astronaut auf dem Mond
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Hartnäckig hält sich die Verschwörungstheorie, dass die Mondlandung von Apollo 11 am 20. Juli 1969 ein Fake war und nur in einem Filmstudio stattgefunden habe. (Foto: Pixabay)

Die Mondlandung 1969 hat niemals stattgefunden. Die Anschläge vom 11. September 2001 hat die US-Regierung selbst inszeniert. Geheime Mächte arbeiten an einer neuen Weltordnung. Verschwörungstheorien wie diese sind nicht tot zu kriegen.

In den meisten Fällen zielen sie darauf ab, als gesichert angesehene Fakten in Frage zu stellen, vereinfachende alternative Erklärungen anzubieten und vermeintliche Beweise dafür zu liefern, dass alles "ganz anders" war. Dabei gerieren sich die Verschwörungstheoretiker als diejenigen, die über geheimes Wissen verfügen und "die Wahrheit" kennen. Wer sie ignoriert oder ablehnt, wird als dumm oder "von den Machteliten gesteuert" abgestempelt.

Tatsächlich richten sich viele Verschwörungstheorien gegen einflussreiche Führungspersönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. So wird Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeworfen, sie arbeite an einem "Bevölkerungsaustausch", durch den "die Deutschen" ersetzt werden sollen. Bill Gates will angeblich mit einer weltweiten Impfkampagne allen Menschen einen Computerchip einpflanzen, um sie so kontrollieren zu können. Bekannt sind auch Verschwörungstheorien, die den wissenschaftlich erwiesenen Klimawandel leugnen oder hinter den Kondensstreifen fliegender Düsenflugzeuge sogenannte "Chemtrails" vermuten – gezielt versprühte Chemikalien, um die Menschheit unfruchtbar zu machen.

Auch nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie entwickelten sich schnell Verschwörungstheorien, die z.B. hinter den Lockdown-Maßnahmen der Politik den Versuch sahen, freiheitliche Grundrechte einzuschränken. Andere bezweifelten offen, dass das Virus tatsächlich ansteckend und gefährlich sei. In mehreren deutschen Großstädten kam es zu sogenannten "Hygiene-Demos", bei denen sich radikale Impfgegner, Reichsbürger, Identitäre und andere rechtsextreme Strömungen unter die Demonstranten mischten, um für ihre jeweilige Weltsicht zu werben.

Forscher der Westfälischen Wilhelmsuniversität (WWU) in Münster haben kürzlich verschiedene Arbeiten über den Zusammenhang von Pandemien und Verschwörungstheorien veröffentlicht. IN einer Pressemitteilung des Exzellenzclusters »Religion und Politik« der WWU Münster vom 20. Juli 2020 heißt es dazu unter anderem: "Verschwörungstheoretiker, die nicht an die Pandemie glauben: Das gab es vor genau 300 Jahren Historikern zufolge schon einmal. »Als 1720 in Marseille die Pest ausbrach, ergriff England umfassende Quarantänemaßnahmen und provozierte damit hitzige Debatten mit verschwörungstheoretischen Zügen. Der noch wenig bekannte historische Fall zeigt verblüffende Parallelen zum heutigen Deutschland«, schreibt der Historiker PD Dr. André Krischer vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der WWU. »Wo heute auf ‚Corona-Demos‘ gegen eine ‚Neue Weltordnung‘ unter Führung von Bill Gates gewettert wird, kursierten damals Gerüchte über dunkle Machenschaften der Regierung. Es hieß, sie werde Freiheiten beschneiden, Militär im Land einsetzen und Familien voneinander trennen«. Kritiker hielten jede Prävention für unnötig. »Manch einer meinte gar, die Seuche könne den Briten überhaupt nichts anhaben.« Dass Seuchenprävention Verschwörungstheoretiker auf den Plan ruft, wiederholt sich laut Krischer in der Geschichte: »Paranoide Angst vor dem Errichten einer Diktatur, Sorge vor wirtschaftlichem Einbruch und ein Naturwissenschaftler im Zentrum der Kritik – die englische Debatte aus dem 18. Jahrhundert ähnelt auch in dieser Hinsicht unserer Gegenwart«."

Interessante Befunde liefern auch der Psychologe Prof. Andreas Kastenmüller und der Literaturwissenschaftler Dr. Niels Penke von der Universität Siegen. Unter https://eppendorfer.de  Antworten auf die Frage, wie mit Verschwörungstheorien und ihren Anhängern umzugehen ist. Diese seien schwer von anderen Meinungen zu überzeugen. Sie suchten selektiv nach Informationen, die zu ihrer Meinung passen, so  Prof. Andreas Kastenmüller. Einfach ignorieren sei allerdings nicht die beste Variante: "Wenn ich nichts sage, wird das als stillschweigendes Einverständnis angesehen".

Ein umfangreiches "SPEZIAL" zum Thema Verschwörungstheorien bietet die Bundeszentrale für politische Bildung unter https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/medienpaedagogik/272702/materialien

Sonntag, 26.07.2020